Von Susanne Sodan
Es knallt laut und hell bei jedem Schlag, jedem Kick. „Links, rechts, rechts“, ruft Dan Schmid. Immer neue Kombinationen gibt er vor. Bruno Kabus schlägt zu, schnell, gezielt, mit Kraft dahinter. Schmid hält die Pratzen, feste Schaumstoffkissen, tiefer. Kabus tritt dagegen. Die Halle ist kahl, weiß getüncht. Boxsäcke hängen an der rechten Wand, an der linken liegen Medizinbälle und Gewichte. Blaue Matten bedecken den Boden. In der Mitte stehen die beiden Thaiboxer, trainieren für ihren nächsten Kampf. Viel Zeit bleibt nicht mehr. Schon am Ostersonntag werden die beiden in den Ring steigen – zur Nieskyer Fightnight.
Schon seit Monaten bereiten sie sich auf das Spektakel vor – in mehrfacher Hinsicht. Zum einen gehören sie mit dem Verein Ironsports zu den Organisatoren. „Wir haben Thaiboxer aus Polen, Tschechien, Holland und Deutschland eingeladen“, erzählt Kabus. „Gerade die Holländer sind in dem Sport eine sehr starke Nation.“ 24 Kämpfer haben zugesagt. Je nach Erfahrung, Alter, Gewicht und Geschlecht – es werden auch Frauen antreten – entscheidet sich, wer gegen wen in den Ring steigt.
Zwei Monate Intensivtraining
Dan Schmid und Bruno Kabus gehören zu den Lokalmatadoren. Vier- bis sechsmal stehen sie pro Woche auf der Matte. „Außerdem gehe ich noch Laufen und mache Krafttraining. Wir fahren auch zu anderen Clubs und absolvieren dort Testkämpfe. Wenn es dann zur ,Fightnight’ ernst wird, fühle ich mich trotzdem immer, als hätte ich keine Minute lang trainiert“, erzählt Kabus. Jeder Kampf dauert dreimal drei Minuten, immer mit einer Pause von einer Minute. „Das muss man erst mal durchhalten. Das Wichtigste ist die Fitness. Hat man die nicht, braucht man mit Technik gar nicht erst anfangen.“
„Fightnight“ – da hat man auch schnell die Bilder aus dem Film „Fight Club“ im Kopf. Viel Blut, unzählige Veilchen und gebrochene Nasen, böse aufgeschlagene Augenbrauen. „Das Schlimmste, was ich mir bisher zugezogen habe, war mal ein gebrochenes Nasenbein. Zur ,Fightnight’ hatten wir bisher aber noch gar keine ernsthafteren Verletzungen“, erzählt Bruno Kabus. „Noch vor der Fitness kommt bei uns die Fairness.“ Dennoch, bei der „Fightnight“ sind immer Sanitäter und Ärzte dabei. Und dass Thaiboxen ein harter Sport ist, lässt sich nicht leugnen. Wie passt das mit dem Gebot der Fairness zusammen? „Es gibt ganz klare Regeln, was erlaubt ist und was nicht. Wir stellen Leute in den Ring, die ähnliche Voraussetzungen haben. Und wie der Kampf auch läuft – bei uns werden alle Sportler angefeuert, nicht nur die eigenen“, sagt Kabus. Auch das Klischee des Boxers, der zwar gut zuschlagen aber schlecht denken kann, bedient er nicht. Gerade hat er sein Studium im Bereich Elektrotechnik abgeschlossen. Note: 1,5.
Thaiboxen, oder auch Muay Thai ist in Thailand Nationalsport, ein Kampfsport, bei dem Faust, Ellenbogen, Knie und Fuß eingesetzt werden dürfen. In Deutschland ist Thaiboxen erst im Kommen. Kabus lernte den Sport während seines Studiums in Dresden kennen und gründete in der Oberlausitz den Verein Ironsports, dem mittlerweile rund 120 Mitglieder angehören. Nicht alle sind wegen des Thaiboxens da. Viele nutzen auch nur das benachbarte kleine Fitnessstudio. Muay Thai aber wird angenommen: Alleine in der Gruppe ab sechs Jahren trainieren 20 Kinder. Was zur Vereinsgründung vor sieben Jahren fehlte, war eine Räumlichkeit zum Trainieren. Die Boxer richteten über die Jahre hinweg ein runtergekommenes Firmengebäude vor – in Eigenregie. Und sie sind noch immer nicht fertig: Es riecht nicht nach Schweiß in der Halle, sondern nach Lackfarbe. Seit einer reichlichen Woche bauen die Vereinsmitglieder im vorderen Teil ihrer Halle ein großes Metallgerüst auf. Mit seinen Quer- und Längssparren, Reck und Barren sieht es aus wie für Turner gemacht. Tatsächlich aber ist es für die Boxer. Für ihre Kraft- und Ausdauerübungen werden sie manchmal eben zu Turnern.
Die „Fightnight“ wird nicht in der kleinen Vereinshalle stattfinden, sondern in der größeren Sporthalle auf der Bahnhofstraße. Sahen sich das erste Mal 2011 rund 300 Gäste die Kämpfe an, waren es im vergangenen Jahr etwa 1 100. Die Kampfnacht ist zum Großereignis geworden. Und so soll es auch aussehen. „Am Sonntag werden mindestens 25 Mann von uns beschäftigt sein, bis zum Abend alles vorzubereiten“, so Kabus. „Da verbauen wir das Material von drei Lkw-Ladungen – für den Ring, die Bestuhlung, die Bars und Scheinwerfer. Die ganze Halle wird außerdem mit Teppichen ausgelegt.“ Wenn die Scheinwerfer dann strahlen und Bruno Kabus in den Ring steigt, sind alle Strategien, alle Kombinationen vergessen. „Dann strömt nur noch das Adrenalin.“
„Fighnight“: 20. April, Bahnhofstraße 2, Einlass ab 18 Uhr, Beginn 19.30 Uhr. Restkarten an der Abendkasse.