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Kulturtour nach Nossen lohnt

Auf dieser Route geht’s auf und ab. Feldwege sind manchmal eine gute Alternative zum ausgewiesenen Radweg.

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© André Braun

Von Rasmus Wittrin

Frohen Mutes geht es wieder aufs Rad, angespornt durch die guten Erfahrungen der ersten Strecken. Diesmal starte ich in Roßwein und um nicht denselben Fehler wie beim Start in Döbeln zu machen, suche ich sofort nach den grün-weißen Fahrradwegweisern, anstatt einfach draufloszufahren. Am Muldenufer werde ich schnell fündig, und die Fahrt beginnt. Ich verlasse Roßwein in Richtung Nossen. Die meiste Zeit über ist der Radweg nicht von der Straße getrennt, sodass immer wieder Autos vorbeibrausen. Glücklicherweise ist die Straße aber nicht sonderlich stark befahren.

Die heutige Strecke soll mich zuerst zum Kloster Altzella führen, wo ich eine längere Pause machen will. Dann geht es über Bodenbach, Gleisberg und Neuseifersdorf zurück zum Startpunkt. Insgesamt werden es etwa 20 Kilometer sein.

Nach einer Weile, kurz vor zwei Gebäuden, die links und rechts recht einsam am Straßenrand stehen, halte ich an. Hier kann man sich die „Historische Wehranlage“ anschauen, auf einem hölzernen Wegweiser wird darauf aufmerksam gemacht. Ich steige ab und schiebe das Fahrrad auf einem Trampelpfad rechts von der Straße weg Richtung Mulde. Nach wenigen Augenblicken geben die Bäume und Sträucher schließlich den Blick auf das alte Wehr frei. Obwohl es so trocken ist, fließt das Wasser mit Schwung die Anlage hinunter.

Kloster fürs Seelenheil

Was tun, wenn man sich um sein Seelenheil sorgt? Weniger ausfällig gegenüber dem nervenden Nachbarn sein? Mehr spenden? Mal einen Gottesdienst besuchen? Otto der Reiche, wettinischer Markgraf von Meißen im zwölften Jahrhundert, wusste darauf seine eigene Antwort: Er stiftete ein Kloster, in dem die Mönche bis in alle Zeiten für sein Seelenheil beten sollten.

Eine Vorstellung, die heute etwas abwegig erscheint. Und doch, so Juliane Schikade, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit im Schloss Nossen und im Kloster Altzella, war das zu Ottos Zeiten gar nicht so abwegig. „Im Laufe der Jahre ließen sich nicht nur Mitglieder der Wettiner in Altzella begraben, auch andere Adlige suchten sich ihre letzte Ruhestätte dort.“ Bei solch einem Wunsch durfte Geld keine Rolle spielen. Denn wer sich in Klöstern wie Altzella begraben lassen wollte, musste kräftig zahlen. Im Gegenzug beteten die Mönche nach dem Tod der Adligen für deren Seelenheil.

Der einzige Grund für die Klosterstiftung war das allerdings nicht, erzählt Schikade: „Natürlich spielten auch andere Interessen eine Rolle. Otto wollte das Land kultivieren, missionieren und so seine Position im Herrschaftsbereich festigen. Früher war das ganze Gebiet hier bewaldet, erst die Mönche machten es nutzbar.“

Heute, über 800 Jahre nach der Gründung, stehen geistliche und politische Themen im Klosteralltag eher im Hintergrund. 1540 wurde der Zisterzienser-Orden von Altzella im Zuge der Reformation aufgelöst und seitdem nicht mehr als Ort religiösen Lebens genutzt.

Stattdessen wurde zum Beispiel Landwirtschaft betrieben. Bis in die 1950er-Jahre hinein wurde ein ehemaliges Klostergebäude als Kuhstall genutzt. Seit dem 20. Jahrhundert gab es Versuche, Teile der Klosteranlage wieder nutzbar zu machen. Doch eine groß angelegte Sanierung erfolgte erst nach der Wende. 1993 ging das Gelände an den Freistaat Sachsen, der die verbliebenen Gebäude so gut es ging sanieren ließ und das gesamte Areal Besuchern zugänglich machte.

Mittlerweile ist Altzella ein beliebtes Ausflugsziel. Sogar eine Klosterherberge für Übernachtungsgäste wurde eingerichtet. Schikade: „Altzella eignet sich gut als Ausgangspunkt für längere Fahrradtouren und Wanderungen.“ Vermietet werden Zimmer sowohl an Einzelpersonen und Familien, als auch an Gruppen.

Das Klostergelände hat auch Tagesbesuchern viel zu bieten: Es gibt ein Restaurant und Café, im Klosterpark kann man sich entspannen – wenn es heiß ist, bietet sich besonders eine Abkühlung im ehemaligen Weinkeller an, in den die Hitze noch nicht vorgedrungen ist. An Informationen rund um die vielfältige Klostergeschichte mangelt es erst recht nicht.

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Nach einer kurzen Erfrischung für die Füße – zum Ganzkörper-Baden lädt das braun-grüne Wasser dann eher doch nicht ein¨– fahre ich weiter. Mit kräftigen Pedaltritten geht es an der Mulde entlang bis zur nächsten Kreuzung. Dort folge ich den Fahrradwegweisern Richtung Altzella. Ich überquere zwei Brücken und biege dann links in einen Waldweg ab. Dort bin ich die Autos erst mal los. In der beruhigenden Atmosphäre des Waldes verfliegt die Zeit besonders schnell und nach einer kurzen Abfahrt am Ende des Wald-Abschnitts komme ich unverhofft früh im Kloster Altzella an.

Für alle, die diese Strecke bisher noch nicht gefahren sind: Der Klostereingang liegt nicht direkt am Fahrradweg und ist auch nicht ausgeschildert. Um ihn zu erreichen, muss man an der Kreuzung nach dem Wald geradeaus weiterfahren und nicht den Wegweisern folgen. Nach ein paar Sekunden sieht man dann den großen Torbogen der Klostermauer.

Im Kloster angekommen ruhe ich mich erst einmal aus, informiere mich über die interessante Geschichte des ehemaligen Zisterzienser-Ordens und mache einen Spaziergang durch den atmosphärischen Klostergarten. Besonders empfehlenswert ist der ehemalige Weinkeller: Zwar kann man dort nicht heimlich ein altes Fass anstechen, dafür aber der drückenden Hitze an der Oberfläche entfliehen.

Gestärkt durch die lange Pause entschließe ich mich dazu, einen Abstecher nach Nossen zu machen. Das Stadtzentrum ist nur etwa drei Kilometer entfernt und von Altzella aus bequem auf einem Radweg erreichbar.

In der Stadt angekommen, folge ich den Straßenschildern zum Zentrum. Besonders in der Hitze – es sind an die 30 Grad –  ist der Anstieg zum Stadtzentrum, wo ich mir das Schloss und den Marktplatz angucken will, schweißtreibend. Aber für alle, die nach Altzella noch nicht genug Kultur für einen Tag hatten und rechtzeitig losgefahren sind, ist es dennoch lohnenswert. Im Kloster kann man sich ein Kombi-Ticket für Altzella und das Schloss Nossen kaufen (6 Euro für Erwachsene, 5 Euro ermäßigt). Damit lässt sich aus der Fahrradtour eine kleine Kulturreise machen.

Als ich Nossen wieder verlassen will, stehe ich vor einer Entscheidung: Entweder ich fahre über Rhäsa nach Bodenbach, dem nächsten Zwischenziel, oder ich fahre zurück nach Altzella und suche dort eine geeignetere Route. Ich entscheide mich für Altzella, um nicht die stark befahrene B 175 nutzen zu müssen. Nach späterer Recherche stellte sich das jedoch als unnötig heraus: Ich hätte stattdessen einfach bis zur Freiberger Mulde zurückfahren und nach der Brücke nach rechts auf den Grunaer Weg abbiegen können. So wäre ich bis Rhäsa gekommen, ohne viel Bundesstraße zu fahren. Von Rhäsa aus wäre es über den Bodenbacher Weg bis Bodenbach gegangen.

Ich aber fahre nach Altzella, wo ich dann gleich den nächsten Fehler mache: Ich finde den Weg nach Bodenbach nicht. Deshalb fahre ich eine Weile auf derselben Strecke zurück, auf der ich gekommen bin, durch den Wald und danach über die zwei Brücken. Von dort aus folge ich dem Fahrradwegweiser Richtung Gleisberg. Wieder geht es steil bergauf, eine schweißtreibende– und unnötige – Angelegenheit.

Richtig wäre es, von Altzella aus dem Fahrradweg Richtung Nossen zu folgen, bis man die Mulde überquert hat. Nach der Brücke geht es allerdings nach links, man verlässt also den offiziellen Radweg und fährt auf einem Waldweg am Mühlgraben, der zur Mulde gehört, entlang. Kurz nachdem der Mühlgraben wieder in die Mulde fließt, geht es die erste Abzweigung rechts rein. Nach einer Weile kommt man auf einen anderen Feldweg, wo man links abbiegt und Bodenbach durchquert. Weiter fährt man auf dem Feldweg geradeaus, bis es auf der nächsten Teerstraße nochmals links nach Gleisberg geht. Das alles ist zwar kein ausgeschilderter Radweg, aber größtenteils geht es über Feldwege. Und die wenigen Straßen sind nur leicht befahren.

In Gleisberg angekommen, geht es nach der Ortskirche rechts in die Wetterwitzer Straße – vorausgesetzt, man hat noch die Muße für einen weiteren Anstieg. Wer schneller nach Hause will, fährt die Hauptstraße bis zur Mulde runter. An der Kreuzung geht es an der Mulde entlang zurück, wie man gekommen ist.

Wer jedoch eine noch längere Abfahrt will, muss noch mal kräftig strampeln. So auch ich. Ich bleibe auf der Wetterwitzer Straße, bis kurz nach den letzten Häusern von Gleisberg ein Feldweg nach links abzweigt. Auf den fahre ich und vorbei an drei Windrädern und mehreren Maschinen, die Getreide ernten, geht es weiter bergauf. Kurz vor Neuseifersdorf habe ich einen schönen Ausblick auf das Umland, den einzigen der Strecke. Doch ich will weiter, die Abfahrt wartet ja.

In Neuseifersdorf biege ich nach links ab und bleibe bis zum Schluss der Strecke auf dieser Straße. Bis nach Seifersdorf geht es noch mal abwechselnd hoch und runter, aber ab dann kann man sich rollen lassen. Es geht teilweise steil bergab, am besten lässt man die Finger nicht von den Bremsen. Während des Aufstiegs hatte ich mir manchmal gedacht, ob es das wirklich wert ist, aber als ich schnell wie der Wind nach Roßwein einfahre, bin ich mir sicher: Ja, das war es!

Kulturerlebis auf dem Fahrrad

Hauptattraktion der etwa 20 Kilometer langen Route ist natürlich der Klosterpark Altzella. Wer noch mehr braucht, kann einen Abstecher zum Schloss Nossen machen. Beide Einrichtungen zusammen sind sicherlich auch für Kulturverrückte genug. Es fehlt also nicht an Beschäftigung abseits der Route, die noch dazu Spaß macht und sehr interessant ist. Die Strecke selbst fängt ruhig an, ohne größere Anstiege oder Abfahrten. Erst wenn es nach Gleisberg und Neuseifersdorf raufgeht, muss man strampeln. Die Abfahrt runter nach Roßwein ist fast die einzige der Route, dafür aber schnell und lang.

Die 20 Kilometer sind rein vom Radfahren her schnell geschafft. Für alle, die etwas länger in die Pedale treten möchten, ist daher die Route über Nossen die bessere Wahl – unabhängig davon, ob man sich das Schloss und die Altstadt angucken möchte oder nicht.