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Landwirte unter Druck

Die Reserven werden im zweiten trockenen Sommer knapp. Wird das die Regel und welche Konzepte gibt es dagegen?

Von Annett Heyse
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Landwirt Hubertus Schroth aus Großopitz muss bereits jetzt die Futterreserve für den Winter verwenden, um die Jungtiere sattzubekommen.  Fotos: Andreas Weihs
Landwirt Hubertus Schroth aus Großopitz muss bereits jetzt die Futterreserve für den Winter verwenden, um die Jungtiere sattzubekommen. Fotos: Andreas Weihs © Andreas Weihs

Die Kühe kauen gemütlich. Es raschelt und knistert, wenn sie den Kopf ins Heu stecken und sich noch eine Fuhre gönnen. Als Nutztiere ahnen sie nichts von den Sorgen, die sich ihr Chef macht.

„Die Wetterkapriolen wirken sich extrem aus“, sagt Hubertus Schroth, Landwirt in Großopitz bei Tharandt. In der zweiten Augustwoche habe er bereits angefangen, den Jungrindern das für den Winter zurückgelegte Futter anzubieten. Normalerweise geht er erst im November an diese Vorräte heran.

Wie Schroth ergeht es vielen Landwirten. Sie stehen im zweiten trockenen Sommer hintereinander extrem unter Druck und müssen starke Gewinneinbußen hinnehmen. Es geht nicht um das große Geld, das verdienen kleine Landwirtschaftsbetriebe ohnehin kaum. Es geht darum, am Monatsende die Löhne bezahlen und als Inhaber selbst noch etwas verdienen zu können. Es geht auch um finanzielle Rücklagen, die ein Betrieb normalerweise bildet, um in Technik und Anlagen zu investieren. Und es geht darum, dass die Bauern Futter zukaufen müssen. Welches infolge des knappen Angebots immer teurer wird.

„Die Trockenheit hat ihre Spuren hinterlassen“, sagt auch Hartmut Bachmann. Er betreibt einen Betrieb für Mastrinder im Freitaler Ortsteil Somsdorf. Es ist ebenfalls ein Zwei-Mann-Unternehmen, mit etwas über 200 Hektar Land. Darauf baut Hartmut Bachmann das Futter für die Tiere sowie Getreide an. Was er nicht selbst für seinen Betrieb verbraucht, bietet er auf dem freien Markt zum Verkauf an. Allerdings gibt es nicht mehr allzu viel zu verkaufen. Landwirte wie Bachmann und Schroth müssen ihre Ernte teilweise im eigenen Betrieb verfüttern – und büßen somit zusätzliche Einnahmen ein.

Im Sommer 2018 vertrocknete das Laub der Pesterwitzer Weinstöcke. Guts-Chef Lars Folde will sich von Wetterkapriolen unabhängiger machen und plant den Bau von Zisternen.
Im Sommer 2018 vertrocknete das Laub der Pesterwitzer Weinstöcke. Guts-Chef Lars Folde will sich von Wetterkapriolen unabhängiger machen und plant den Bau von Zisternen. © Andreas Weihs

Dabei sah es nach einem feuchten Winter und einem sehr trockenen April im Mai richtig gut aus. Es regnete, die Tage waren kühl. Die Landwirte hofften und waren optimistisch. Bis die Juni-Hitze kam. „Schon im vergangenen Jahr haben wir die Reserven aufgebraucht. Nun können wir keine Vorräte mehr aufbauen“, sagt Bachmann.

Auch den Tierbestand zu reduzieren, hilft nicht viel. Als viele Landwirte im vergangenen Jahr aufgrund der Futtermittelknappheit ihre Tiere zur Notschlachtung brachten, war plötzlich zu viel Fleisch auf dem Markt. Prompt fielen die Preise.

Den Obstbauern geht es nur bedingt besser. „2018 war extrem. Viele Pflanzen sind vertrocknet, die Früchte waren klein, die Ausbeute gering“, berichtet Lars Folde. Mit seiner Familie betreibt er das Gut Pesterwitz, lebt von Obst und Weinanbau. Der Wein war es auch, der vom Hitzesommer 2018 am meisten profitierte – zumindest die alten Stöcke.

Dieses Jahr läuft es auch im Obstbau etwas besser. Die Erdbeer- und Kirschernte fiel gut aus. Selbst beim Getreide konnten die Pesterwitzer halbwegs normale Erträge erzielen. „Unsere Lehmböden halten das Wasser auf, das hilft“, begründet Folde. Doch nun fehlt auch hier der Niederschlag.

Kürzlich war Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) in Freital. Es ging um neue Bewirtschaftungsmethoden und Konzepte, um in Zukunft bestehen zu können.
Kürzlich war Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) in Freital. Es ging um neue Bewirtschaftungsmethoden und Konzepte, um in Zukunft bestehen zu können. © Andreas Weihs

Was Landwirte wie Hubertus Schroth, der mit seinem Sohn und einer Halbtagskraft einen Betrieb mit 60 Milchkühen betreibt, ebenfalls wurmt: Die Landwirte fühlen sich nicht angemessen von der Lebensmittelindustrie entlohnt. 32 Cent bekommt er für einen Liter. Vor zehn Jahren lag der Milchpreis bei 25 Cent. Klingt nach einem großen Sprung, ist es aber nicht. „Die Kosten sind doch ebenfalls gestiegen“, argumentiert er. Landtechnik, Mindestlohn, Rohstoffe, Versicherungen, Steuern – dies alles habe sich teils erheblich verteuert. Und werde angesichts der Hitzekrise auch nicht billiger. „Wir müssen mittlerweile an die finanziellen Reserven gehen“, sagt Schroth.

Und was ist, wenn die nächsten Sommer auch so heiß und trocken werden, wenn sich der Wettertrend so fortsetzt? Schroth zuckt mit den Schultern. Auch der Somsdorfer Bachmann hat keine richtige Idee. „Ich konzentriere mich darauf, die Kosten zu decken. Noch mehr Tiere in den Stall stellen, hilft auch nicht immer.“ Es herrscht eine gewisse Ratlosigkeit und die Hoffnung, dass es bestimmt im nächsten Jahr einen ganz normalen Sommer gibt.

Darauf will man sich im Gut Pesterwitz nicht verlassen. „Wir werden Geld in die Hand nehmen“, kündigt Lars Folde an. Die Idee ist, das auf den Gebäudedächern und dem Hof anfallende Regenwasser in Zisternen zu leiten und zu speichern. Damit sollen in trockenen Witterungsphasen die Weinstöcke, Obstbäume und Beerensträucher gewässert werden.

Zum Teil machen das die Pesterwitzer jetzt schon: Ein Teil des Weinberges unterhalb der Straße Am Hang verfügt über ein Bewässerungssystem. Über Schlauchleitungen tröpfelt das Wasser an die Füße der Rebstöcke. Das hat im vergangenen Sommer geholfen, durch die Hitze zu kommen. Andere Weinstöcke, vor allem neu gepflanzte, hatten es dagegen schwer oder gingen ein. Lars Folde möchte da nicht länger hilflos zusehen, weiß aber auch, dass er als Obstbauer im Vorteil ist: „Getreidefelder lassen sich nicht so leicht wässern.“