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Lebenslange Wohngemeinschaft

Vor 40 Jahren wurden in Arnsdorf drei Zwölfeckhäuser gebaut. Zur Jubiläumsfeier kam sogar der Architekt.

Von Rainer Könen
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Wohnen in einer 40 Jahre alten Idylle, so bezeichnen viele Mieter auch die in Arnsdorf stehenden Zwölfeckhäuser.
Wohnen in einer 40 Jahre alten Idylle, so bezeichnen viele Mieter auch die in Arnsdorf stehenden Zwölfeckhäuser. © Archivfoto: Thorsten Eckert

Arnsdorf. Ein Autogramm hat er sich nicht geben lassen. „Also, daran habe ich gar nicht gedacht“, meint Rolf Herzig. Aber dafür hat er Manfred Zumpe Kartoffelsalat und eine Bratwurst spendiert. „Weil er doch unser Ehrengast war“, so der 57-Jährige. Und weil der Architekt an diesem Tag noch zur Jubiläumsfeier nach Arnsdorf, in die Friedrich-Wolf-Straße, gekommen war. Dorthin, wo seine zu Vorwendezeiten von ihm konzipierten Zwölfeckhäuser stehen.

Drei dieser ungewöhnlich aussehenden Häuser wurden vor 40 Jahren gebaut, waren schon damals „echte Hingucker“, so Rolf Herzig, der seit 22 Jahren in einem der drei Häuser wohnt. Diese in industrieller Monolithbauweise gebauten Fünfgeschosser seien, so Herzig, in Deutschland, wenn nicht gar in ganz Europa, einzigartig. Auch in Radeberg und Ottendorf-Okrilla stehen noch einige dieser in experimenteller Bauweise gefertigten Wohnhäuser.

Ute Förster gehört zu den Mietern, die seit 40 Jahren in der Friedrich-Wolf-Straße leben, in einem der mittlerweile sanierten und mit einem Aufzug versehenen Zwölfeckhäuser. Dass die Zeit nicht stehen geblieben ist, sieht sie, wenn sie die Kellerräume betritt. „Früher wurden dort Kinderwagen abgestellt, später richtete man einen Spielraum dort ein“, blickt die 65-jährige ehemalige Erzieherin zurück. Seit der Wende war es ein Abstellplatz für Fahrräder, und mittlerweile ist daraus, nun ja, ein Rollatoren-Parkplatz geworden. 55 Mietparteien leben in ihrem Haus.

Auf der 40-Jahr-Jubiläumsfeier der Arnsdorfer Zwölfeckhäuser war auch Architekt Manfred Zumpe (Bildmitte). Der Schöpfer dieser ungewöhnlichen Wohnhäuser plauderte mit den Mietern. 
Auf der 40-Jahr-Jubiläumsfeier der Arnsdorfer Zwölfeckhäuser war auch Architekt Manfred Zumpe (Bildmitte). Der Schöpfer dieser ungewöhnlichen Wohnhäuser plauderte mit den Mietern.  ©  privat

Familie Förster gehört zu den 16 Mietern, die vom ersten Tag an dort wohnen. Rückblick: Früher, und damit meint Ute Förster die Vorwendezeit, habe die Hausgemeinschaft häufiger miteinander gefeiert. Mit der Wende habe das nachgelassen. Was sich jedoch keineswegs negativ auf die Wohnatmosphäre in den Häusern ausgewirkt habe. Die Hausgemeinschaft sei etwas, worauf man sich verlassen könne, betonen Herzig und Förster. Sogar der Kranfahrer, der beim Bau der Zwölfeckhäuser mitarbeitete, wohnt noch in ihrem Wohnblock. Fragt man die beiden, warum sie so lange dort wohnen, erfährt man, dass es auch an diesem ungewöhnlichen Baustil liegt, der den Mietern viel wohnliche Individualität einräumt.

Herzig erzählt, dass bei den Organisatoren des Jubiläums keiner wusste, ob der Schöpfer dieser Häuser bei der 40-Jahr-Feier vorbeischauen würde. „Ich war schon sehr angetan von seinem Besuch“, meint Ute Förster. Der alte Herr, der emeritierte Hochschullehrer der TU Dresden ist im 89. Lebensjahr, habe sogar eine kleine Rede gehalten, sich die Wohnungen angeschaut, mit den Mietern geplaudert. Bis zum Abend sei er geblieben, so die beiden langjährigen Mieter.

An diese Jubiläumsfeier erinnert nun eine kleine, mit Fotos, Zeitungsausschnitten und alten Mietverträgen versehene Litfaßsäule, die im Flur des „Feierhaus“ steht, wie Anwohner den Wohnblock von Ute Förster und Rolf Herzig auch bezeichnen. Werden sie künftig wieder häufiger feiern? Vielleicht, so Ute Förster. Obwohl man sich doch oft, vor dem Haus, bei den Bänken, treffe. Um sich übers Leben im Zwölfeckhaus auszutauschen.