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Ludwigsdorfer Hotel erwacht zu neuem Leben

Eine Görlitzer Familie übernimmt das ehemalige „Gut Hedicke“. Doch die Theaterscheune bleibt vorerst geschlossen.

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© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Steffen Schreiber

Manchmal gehen Träume schneller in Erfüllung, als man denkt. So hätte die Görlitzerin Daniela Hein vor Kurzem wohl nicht erwartet, dass sie bald Besitzerin des berühmten „Gut Hedicke“ in Ludwigsdorf wird. Vor zwei Monaten war ihr Leben mit einem Hausbau in Görlitz und einer gut bezahlten Festanstellung noch in geregelten Bahnen. Nun steht sie vor einer eher ungewissen Zukunft. Denn der Zufall machte die gelernte Marketingberaterin und Mutter einer Tochter in kurzer Zeit zur Besitzerin eines Dreiseitenhofes inklusive Hotel, Gastronomie und einer Theaterscheune.

„Das war eine Entscheidung aus dem Bauch heraus“, erzählt die 39-Jährige. „Mein Mann betreibt eine Sanitärfirma und kam darüber mit den holländischen Besitzern des Gutes in Kontakt.“ Die hatten das Grundstück nach der Insolvenz des langjährigen Besitzers Eike Hedicke im Jahr 2006 gekauft, jedoch nur als temporäre Wohnung genutzt. „In einem Gespräch mit den Holländern über ihren Dreiseitenhof sagte mein Mann ‚Ihr lebt hier unseren Traum‘.“ Kurze Zeit später kam das verlockende Kaufangebot. „Nach einer Nacht Bedenkzeit haben wir zugeschlagen“, berichtet Daniela Hein.

Und damit wohl ein wichtiges Stück Kulturgut der Region vor dem Verfall bewahrt. Denn vor allem die zum Grundstück gehörende Theaterscheune besitzt noch heute im weiten Umkreis Kultstatus. Zwischen 1993 und 2004 betrieb der Gutsbesitzer Hedicke hier einen florierenden Publikumsmagneten mit Theater-, Tanz- und Musikabenden. Hedickes damalige Angestellte Elvira Ilgmann erinnert sich. „Wir hatten bis zu 400 Gäste bei unseren Veranstaltungen. Sogar die Dresdner Herkuleskeule spielte bei uns.“ Doch mit dem Wegfall eines Bankkredites kam das Aus. „Es war von heute auf morgen Schluss und alle 15 Mitarbeiter mussten gehen“, erzählt die gebürtige Ludwigsdorferin.

Mit dem Kauf durch das holländische Ehepaar fand die „gute Seele des Hauses“ zwar wieder eine Anstellung, das Gut selbst verweilte aber weiterhin im Dornröschenschlaf. „Das Paar hatte noch andere Immobilien und kümmerte sich wenig um das Grundstück“, sagt Elvira Ilgmann. Im Laufe der Jahre verwandelten sich Hof und Garten in einen kleinen Wald. So fand es Daniela Hein im Juli auch vor. „Man konnte die Häuser kaum noch hinter den Bäumen erkennen.“

In einem zweimonatigen Kraftakt verwandelte sich das verwucherte Gelände wieder in ein ansehnliches Areal. „Ohne die Hilfe meiner Familie und von Freunden hätten wir das nicht geschafft. Außerdem bekamen wir viel Unterstützung aus dem Dorf“, so Hein. Auch in den Häusern gab es viel zu tun. „Im Hotel und im Gastronomie-Gewölbe mussten wir erst mal durchlüften und dann renovieren.“ Mit einem Tag der offenen Tür wurde vergangenes Wochenende dann endlich das 14-Zimmer-Hotel sowie der kleine Biergarten eingeweiht.

Mit Erfolg. Denn es stellten sich gleich die ersten Besucher ein. „Ein paar Radfahrer, die auf dem Neißeradweg unterwegs waren, hielten bei uns und buchten ein Zimmer. Und für das Gastronomiegewölbe gibt es ebenfalls Vorbestellungen.“ Zwar plant Hein, deren Eltern aus dem Gastronomiegewerbe kommen, kein tägliches Essensangebot, doch Hochzeiten und andere Empfänge können auf Wunsch verköstigt werden. „Vielleicht gewinnen wir eines Tages sogar Herrn Hedicke dafür, einmal an alter Wirkungsstätte seine Kochkünste zu zeigen.“

Bis die Theaterscheune wieder zum Leben erwacht, wird dagegen noch etwas Zeit ins Land gehen. „Wir müssen erst einmal neue Brandschutzauflagen erfüllen und hier und da noch etwas den Innenraum verschönern“, sagt Hein. Trotzdem hofft sie, bis Weihnachten fertig zu sein. „Ich war selbst früher bei einer Betriebsweihnachtsfeier hier, und es war ein tolles Erlebnis.“ Sollte es bis Dezember nicht klappen, hat die lebenslustige Frau gleich eine neue Idee. „Im Hof könnte man sehr schön einen Weihnachtsmarkt veranstalten.“

Auch mit der nahe gelegenen Kunstmühle sowie mit dem Ludwigsdorfer Lebenshof plant sie zusammenzuarbeiten. „Ich sehe hier keine Konkurrenz. Im Gegenteil, wir könnten uns sehr gut ergänzen.“ Die Unterstützung des Ludwigsdorfer Ortsvorstehers Wolf Dieter Friesecke ist ihr zumindest sicher. „Ich freue mich außerordentlich darüber, was die Familie Hein hier bereits geleistet hat und in Zukunft noch leisten will. Noch erfreulicher sind natürlich die ersten Zimmerbuchungen in ihrem Hotel.“ Bevor es jedoch weitergeht mit dem Gutsausbau, steht erst einmal der Umzug von Görlitz nach Ludwigsdorf an. Ein großer Schritt, aber Daniela Hein trägt es mit einem Lächeln. „Dann werden wir jetzt eben Dörfler.“