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Luxushotel für Bad Warmbrunn

Das Kurbad will sehr anspruchsvolle Gäste locken. Jelenia Góra hat noch ganz andere Pläne mit dem Thermalwasser.

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© Uzdrowisko Cieplice

Von Irmela Hennig und Maria Marciniak

Jelenia Góra. Wasser marsch! Zbigniew Muczyñski öffnet den Wasserhahn. Das, was rausfließt, ist aber mehr als Leitungswasser. „In allen unseren Badezimmern gibt es Thermalwasser“, erzählt der Marketing-Mitarbeiter des polnischen Kurbades Cieplice (Bad Warmbrunn). Es kommt aus 2000 Metern Tiefe, aus der heißesten Quelle Polens. 90 Grad misst die Temperatur. „Es ist ein Schatz, wie Kohle oder Öl“, schätzt Zbigniew Muczyñski. Das Kurbad besitzt dafür eine Bergbaulizenz und das alleinige Recht zur Förderung. Wer auch immer in Cieplice bei Jelenia Góra (Hirschberg) ein Grundstück hat und dort nach Wasser bohren möchte, darf dies nicht.

Im Winter wird die Flaniermeile in der Altstadt teilweise mit bunten Lichtern angestrahlt. Das lockt viele Besucher an.
Im Winter wird die Flaniermeile in der Altstadt teilweise mit bunten Lichtern angestrahlt. Das lockt viele Besucher an. © Uzdrowisko Cieplice

Außer der Stadt selbst. Die überlegt derzeit, das heiße Wasser zu nutzen, um damit Wohngebiete zu heizen. Doch das sieht man skeptisch im Kurbad, das zum Lubiner Kupferkonzern KGHM gehört. Denn niemand wisse, wie sich das auf die Wasservorräte und die unterirdische Verteilung auswirke.

Und die Kurgeschichte mit Wurzeln im 13. Jahrhundert soll hier doch weitergehen. Sogar mit einem großen Bauvorhaben. In der Innenstadt wird derzeit ein neues Hotel hochgezogen. Mit diesem will die Einrichtung Kunden ansprechen, die ein besonders exklusives Niveau bei Zimmern und Ausstattung erwarten und für die Geld keine Rolle spielt. Diese Zielgruppe erreiche man mit dem guten Standard, der aber nicht Luxusklasse ist, derzeit noch nicht. 170 Gäste sollen in dem Gebäude Platz finden. Es entsteht anstelle eines Schwimmbades aus den 1980er Jahren, das nie zu Ende gebaut wurde. Die Ruine wurde inzwischen abgerissen. Bis zum zweiten Quartal 2019 soll das neue Objekt stehen. Es wäre Haus Nummer acht für die Kurgesellschaft mit dem polnischen Namen „Uzdrowisko Cieplice“.

Kur bei den Nachbarn

Kuren in Polen und Tschechien sowie in der EU überhaupt sind für deutsche Kassenpatienten grundsätzlich möglich. Voraussetzung ist immer ein genehmigter Kurantrag. Der Kurort muss als solcher anerkannt sein.

Ein Beispiel: Die AOK in Sachsen ermöglicht Kunden eine dreiwöchige ambulante Vorsorgemaßnahme im anerkannten Kurort im EU-Ausland. Sie erhalten für Unterkunft, Verpflegung, Fahrkosten und Kurtaxe einen Zuschuss in Höhe von maximal 16 Euro pro Kalendertag. Die Kosten sind nachzuweisen. Für Heilmittel (Massage usw.) erhalten Patienten eine Privatrechnung, die sie dann bei der Kasse einreichen. Die erstattet die Kosten bis zur Höhe, wie sie bei der Inanspruchnahme in Deutschland entstanden wären, abzüglich Verwaltungsgebühr und Zuzahlung.

2016 waren 80 sächsische AOK-Versicherte in Polen zur Kur, 2017 waren es 96; nach Tschechien reisten 40 (2016) und 106 ein Jahr später.

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An Bauarbeiten ist das Unternehmen gewöhnt. Vor zwei Jahren wurde beispielsweise das „dlugi dom“, das älteste Gebäude vom Bürokomplex zum Hotel mit Kuranwendungsangeboten umgestaltet, 29 Plätze sind entstanden.

Insgesamt bietet die Kurgesellschaft derzeit 615 Gästen gleichzeitig die Möglichkeit zu Übernachtung, Urlaub, Wellness und Kur. Die Kapazitäten nehmen auch Deutsche in Anspruch. Manche finanzieren dabei ihren Aufenthalt ganz privat, wie eine gewöhnliche Reise. Andere erhalten Zuschüsse von ihrer Krankenkasse. Das ist in der Europäischen Union prinzipiell möglich. Es gibt aber Bedingungen und Einschränkungen (siehe Kasten). An der Sprache muss die Reise in Schlesiens ältesten Kurort indes nicht scheitern. Nicht nur Marketingmitarbeiter Zbigniew Muczyñski spricht sehr gut Deutsch. Auch bei anderen Kollegen ist das „Guten Tag, wie geht es Ihnen“ ganz selbstverständlich.

Einige beherrschen tatsächlich fließend die Sprache der nahen Nachbarn. Andere haben zumindest die Worte und Sätze parat, die für eine Anwendung gebraucht werden. Die Deutschen machen den Großteil der jährlich rund 2000 ausländischen Gäste aus. Unter ihnen wiederum seien viele Russlanddeutsche. Ihnen sei das Kuren noch aus kommunistischer Zeit bekannt. Außerdem seien die Sprachen Polnisch und Russisch teilweise ähnlich. Die meisten der 13000 Männer und Frauen, die es sich in Cieplice gut gehen lassen, sind allerdings Polen. Für alle gibt es 70 verschiedene Anwendungen mit insgesamt 300 Plätzen, erzählt Zbigniew Muczyñski, der seit zwölf Jahren im Unternehmen arbeitet. Der Ökonom hat drei Jahre in Zittau Soziale Arbeit studiert.

Entspannung in Thermalbassins mit und ohne Lichtfarbenspiel, Moorbäder, Gymnastik, Aquafitness, verschiedene Massagen – das sind nur wenige Beispiele für Behandlungen im Kurbad. Für Menschen mit trockenen Augen, zum Beispiel durch viel Computerarbeit, wird eine Therapie mit Wasser-Sprühnebel angeboten.

Hinzu kommt Wasser aus der heißen Quelle, das es kostenlos an verschiedenen Brunnen im Ort gibt. Einer befindet sich außen an einem Turm neben einem maroden Gebäude. In jenem recht kaputten Haus wurde früher Flaschenwasser abgefüllt. Doch das lohne sich nicht mehr. Die privaten Besitzer des Baus haben vor zehn Jahren das Dach machen lassen. Seitdem sei nichts mehr passiert. Im großen und ganzen aber stimmt die Optik im Kurort. Die Flaniermeile führt am einstigen Schloss derer von Schafgottsch, langjährige Herren von Bad Warmbrunn, vorbei. Heute ist dort die Hochschule untergebracht. Es gibt nette kleine Cafés, die Kirchen, ein Theater, in dem auch Konzerte stattfinden, eine Bibliothek mit einer Auswahl deutschsprachiger Bücher. Und dann sind da die Parks – 20 Hektar gepflegtes Grün. Der Kurpark am Ortszentrum bietet eine Bühne und im Sommer viele Kulturveranstaltungen. Ein Teil hier ist im Barockstil angelegt, vor ein paar Jahren habe man mehrere Tausend Pflanzen neu gesetzt. Der Norwegische Park ist wie das angrenzende Gelände ein Naturerlebnis zum Spazieren und Wandern. Bei schönem Wetter gibt’s den Blick ins Riesengebirge obendrauf.