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Luxuswohnungen für die Görnische Gasse

Der Widerspruch könnte nicht größer sein: Von außen wirkt das Haus Görnische Gasse 19 wie viele andere Baudenkmale der Innenstadt – eine helle Fassade, ein neues Dach, farbenfrohe Fenster. Von innen aber hat man den Eindruck, dass seit dem Krieg nichts gemacht wurde.

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© hübschmann

Der Widerspruch könnte nicht größer sein: Von außen wirkt das Haus Görnische Gasse 19 wie viele andere Baudenkmale der Innenstadt – eine helle Fassade, ein neues Dach, farbenfrohe Fenster. Von innen aber hat man den Eindruck, dass seit dem Krieg nichts gemacht wurde. Die Farbe blättert in Fladen von der Decke ab. Putzbrocken liegen auf dem Boden. Im Erdgeschoss gibt es tatsächlich noch ein Plumpsklo.

„Das Haus ist in den 90er-Jahren nur von außen saniert worden. Dafür gab es wohl Fördermittel“, sagt Walter Giesinger. Der Berliner hat gemeinsam mit seinem Kompagnon Martin Schreiner das Gebäude vor fünf Jahren gekauft, um die denkmalgeschützte Immobilie zu entwickeln. Nun ist es so weit: Im seit Ewigkeiten leerstehenden Haus haben die ersten Bauarbeiten begonnen. Der Architekt mit dem österreichischen Akzent hat große Pläne: Das Haus auf der Rückseite des Sparkassen-Komplexes soll nicht nur 08/15 saniert werden, sondern künftig außergewöhnliche Wohnungen beherbergen.

In der Beletage – dem ersten Obergeschoss – soll eine Etagenwohnung mit gut 135 Quadratmetern entstehen. Den viereinhalb Zimmern wird es an nichts fehlen: Allein das Wohnzimmer wird 30 Quadratmeter haben. Eine historische Schiebetür, die in all dem Verfall noch erstaunlich gut auf und zu rollt, soll erhalten und aufgearbeitet werden. Damit ließe sich der Platz für Feierlichkeiten noch vergrößern. Ein weiterer Hingucker dürfte der erhaltene Kachelofen sein, der gar nicht weit entfernt in den Meißner Teichert-Werken gefertigt wurde. „Der bleibt natürlich erhalten, auch wenn er künftig wohl nicht mehr zu beheizen ist“, sagt Eigentümer Giesinger. Dafür wäre es auf Wunsch der Mieter denkbar, einen Kaminanschluss legen zu lassen.

Ohnehin wäre die Wohnung eher nichts für den schmalen Geldbeutel: Inseriert ist sie für eine Kaltmiete von monatlich 765 Euro. Dazu kommen voraussichtlich 300 Euro Heizkosten, sodass man warm bei fast 1 100 Euro landet. Wer kann sich so eine Mietwohnung in Meißen leisten? „Das Angebot ist auch ein Test, ob jemand in Meißen 135 Quadratmeter haben will“, sagt Walter Giesinger. Notfalls könne man aus der großen Wohnung in der Beletage auch zwei kleinere Wohnungen machen – wie es in den Etagen darunter und darüber geplant ist.

Eigentlich sollte im Speckgürtel von Dresden so etwas zu vermieten sein, sagt Walter Giesinger, der bereits zahlreiche Altbauten in der Kesselsdorfer Straße in Dresden und der Dresdner Straße in Freital umgebaut und saniert hat. „Aber momentan hängt Meißen noch etwas in der Entwicklung hinterher.“

Aus der Sicht des Berliners sei Meißen einfach noch zu schlecht verkehrsmäßig angebunden. „Von Freital aus bin ich mit der S-Bahn in acht Minuten am Hauptbahnhof.“ Ohnehin habe sich Freital in den vergangenen Jahren deutlich schneller entwickelt als Meißen. „Vor sechs, sieben Jahren hätte niemand einen Pfifferling auf Freital gegeben.“ Damals hätten dort die Mieten bei vier Euro pro Quadratmeter gelegen, heute könne man bis 6,50 Euro verlangen.

So betrachtet ist die geplante Kaltmiete in der Görnischen Gasse fast noch ein Schnäppchen: Sie liegt bei gut 5,60 Euro pro Quadratmeter – ein Wert, der mittlerweile selbst für Wohnungen im Triebischtal verlangt wird. Dafür bekommen die künftigen Mieter auch etwas geboten: Nicht nur historische Details wie Schiebetür oder Kachelofen, sondern auch noch zwei Balkone, zwei Bäder, Abstellkammer und Keller. Nur eine Tiefgarage kann man im Baudenkmal nicht einbauen. Aber für dieses leidige Altstadt-Problem gibt es Abhilfe: Den Hof teilt sich das Haus mit der Sparkasse, die dort ihre Tiefgaragen-Einfahrt hat. „Dort könnte man sicher einen Platz anmieten.“ Wer Interesse hat, sollte sich bald melden: Bis Ende November soll das Haus bezugsfähig sein – vor dem Umbau müssen die Mieter allerdings die gewünschten Grundrisse noch mit dem Eigentümer absprechen.