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Markersdorfer Firma bildet zwei Flüchtlinge aus

Zwei junge Männer aus Afghanistan lernen bei Metallbau Schubert. Das Unternehmen hofft, dass sie bleiben können.

Von Gabriela Lachnit
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Kerstin Thun und ihr Bruder Dirk Schubert, beide Geschäftsführer von Metallbau Schubert in Markersdorf, wollen ihr Fachkräfteproblem auch mit der Ausbildung von Reza Azimi (2. von links) und Abdul Rahimi (2. von rechts) lösen.
Kerstin Thun und ihr Bruder Dirk Schubert, beide Geschäftsführer von Metallbau Schubert in Markersdorf, wollen ihr Fachkräfteproblem auch mit der Ausbildung von Reza Azimi (2. von links) und Abdul Rahimi (2. von rechts) lösen. © Nikolai Schmidt

Lange haben Kerstin Thun und ihr Bruder Dirk Schubert überlegt. Die Geschäftsführer von Metallbau Schubert in Markersdorf haben sehr gründlich abgewogen, ob sie zwei junge afghanische Flüchtlinge im Betrieb ausbilden. Aus der Chancenwerkstatt, die es in Markersdorf für junge Flüchtlinge gibt, kam eine entsprechende Anfrage, denn Arbeit und Berufslebens in Deutschland sind wichtige Faktoren zur Integration. Alle wussten um die geteilten Meinungen dazu in der Firma. Es gibt Für und Wider. Wie alle Bewerber um einen Ausbildungsplatz haben auch die beiden 19-jährigen Afghanen ein mehrwöchiges Praktikum im Unternehmen absolviert, freiwillig. Reza wurde 2017 noch von Reiner Schubert eingestellt, Abdul im Vorjahr von Schuberts Tochter und Sohn, die im Januar 2018 die Geschäftsführung übernommen hatten.

Reza kam vor drei Jahren als unbegleiteter Minderjähriger mit einem höheren Schulabschluss aus Nordafghanistan. Er lernt jetzt im zweiten Lehrjahr und will Konstruktions-Mechaniker werden. Seine Deutschkenntnisse sind sehr gut. Daher fällt ihm die Ausbildung nicht schwer, sein Notendurchschnitt in der Berufsschule beträgt 1,6. Den Grundlehrgang der Ausbildung hat er bei Bombardier absolviert. Metallbau Schubert kooperiert hier mit dem Waggonbaubetrieb. Dort ist Reza einer der besten Azubis im Lehrjahr. Abdul fällt das Lernen schwerer, seine Deutschkenntnisse will er noch verbessern. Er lernt im ersten Lehrjahr und wird Fachkraft für Metalltechnik. Während seine Ausbildung zwei Jahre dauert, stehen für Reza dreieinhalb Jahre an.

Kerstin Thun und Dirk Schubert sind sehr zufrieden mit ihren beiden Lehrlingen aus Afghanistan. Sie seien schnell in die Teams sowohl in der Theorie als auch in der Praxis integriert worden. Klar gibt es noch immer Vorbehalte bei einigen Kollegen. Dass es weniger geworden sind, liegt an den beiden Lehrlingen selbst. Sie sind zuverlässig, pünktlich, fleißig, ehrlich, höflich, besonders zu Frauen, wie die Assistentin der Geschäftsführung, Kerstin Lange-Rönsch, bestätigt. Kerstin Thun betont, dass die afghanischen Lehrlinge nicht häufiger krank seien als andere Azubis. „Als Abdul eine Fußverletzung hatte, war er sehr betrübt, dass er deswegen nicht zur Arbeit kommen konnte“, erzählt Frau Thun. Sie und ihr Bruder hoffen, dass sie nach dem Lehrabschluss den beiden genau so einen Arbeitsvertrag vorlegen können, wie sie ihn allen anderen Gesellen nach bestandener Prüfungen anbieten. Sicher ist das aber nicht. Denn die Asylverfahren der beiden jungen Männer laufen noch. Erste Anträge sind bereits abgelehnt worden. Es droht also jederzeit eine Abschiebung. Die Geschäftsführung hofft, dass das nicht passiert. Denn sie braucht dringend Fachpersonal. Das bildet die Firma selbst aus. Kerstin Thun hofft sehr, dass es für die beiden jungen Leute eine Chance auf ein dauerhaftes Leben in Deutschland gibt und Metallbau Schubert künftig mit zwei gut ausgebildeten Arbeitern agieren kann. Reza strebt sogar an, Maschinenbau zu studieren, vielleicht sogar in der Form einer Kooperativen Ingenieur-Ausbildung (KIA), die die Hochschule Zittau-Görlitz anbietet. Bis es soweit ist, sind jedoch noch einige Hürden zu nehmen. Kerstin Thun zweifelt nicht daran, dass die beiden Azubis ihr Ausbildungsziel erreichen. Nur das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) könnte hier einen Strich durch die Rechnung machen, indem sie die jungen Leute abschiebt. „Wir sind sehr froh darüber, dass die beiden so viel Eigeninitiative zeigen, sich integrieren und aus ihrem Leben mit Arbeit und Bildung etwas machen wollen. Wir brauchen solche Mitarbeiter“, so Frau Thun. Reza und Abdul sind sehr dankbar für die Chance und die Unterstützung, die sie in Deutschland und bei Metallbau Schubert erhalten. Die Ausbildung gibt ihnen die Möglichkeit, sich selbst zu versorgen, sich in die Gesellschaft zu integrieren und auch etwas zurückzugeben, sagen sie.

Wie viele irrwitzige Anordnungen und Bescheide mitunter aus den zuständigen Behörden kommen, weiß die Geschäftsführerin nur zu gut aus erster Hand und hat dafür überhaupt kein Verständnis. Ein Beispiel: Für Reza, der sehr gut deutsch spricht, gibt es einen geförderten Nachhilfe-Sprachkurs. Für Abdul, der noch Unterstützung beim Deutschlernen braucht, gibt es den nicht. Kerstin Lange-Rönsch hat sich seit Wochen die Finger wund telefoniert, um für Abdul Nachhilfe zu organisieren. Vergeblich.

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