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Medizinisches Millionen-Projekt gestartet

Einer der Väter des ParkinsonNetzwerks Ostsachsen ist in Hoyerswerda aufgewachsen.

Von Mirko Kolodziej
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Dr. Martin Wolz (Zweiter von rechts) stammt aus Hoyerswerda und ist einer der Begründer des ParkinsonNetzwerks Ostsachsen.
Dr. Martin Wolz (Zweiter von rechts) stammt aus Hoyerswerda und ist einer der Begründer des ParkinsonNetzwerks Ostsachsen. © Foto: Gernot Menzel

Hoyerswerda. Vor reichlich 25 Jahren legte Martin Wolz am damaligen Konrad-Zuse-Gymnasium im Hoyerswerdaer WK I sein Abitur ab. Inzwischen ist er Mediziner. Gestern stand der Ärztliche Direktor und Neurologie-Chefarzt des Elblandklinikums Meißen vor einigen hundert Parkinson-Patienten auf der Bühne der Lausitzhalle. Er ist einer der Väter eines für das Land Sachsen recht prestigeträchtigen Projektes, das die Eingeweihten nur „Panos“ nennen.

Das ParkinsonNetzwerk Ostsachsen ist im vorigen Jahr gegründet worden. Sinn und Zweck beschrieb Dr. Martin Wolz im Herbst dem „Ärzteblatt“ so: „Niedergelassene Ärzte und Kliniken können als Akteure von Panos wesentlich dazu beitragen, Zugangshürden abzubauen, einen gleichberechtigten Zugang zu Spezialisten zu sichern sowie die Zahl derjenigen Betroffenen zu steigern, die mit einer Tiefen Hirnstimulation oder auch mit Pumpentherapien versorgt werden.“

Nur fünf Neurologen im Kreis

Das Problem: Es gibt für eine wachsende Anzahl von Parkinson-Patienten nicht nur nicht genügend Ärzte, sondern sie sind auch noch recht ungleich verteilt. Christine Domschke von der Bautzener Regionalgruppe der Deutschen Parkinson-Vereinigung sagt, im gesamten Kreis existierten gerade einmal fünf niedergelassene Neurologen, während es in Dresden ungefähr 20 seien. Was die Qualität der Versorgung angeht, rutschen viele Betroffene durch.

Die Lösung ist ein Paket aus Vernetzung, neuen technischen Hilfsmitteln und der Optimierung von Prozessen, sodass letztlich auch mehr Patienten versorgt werden können. Martin Wolz sagt, Studien aus Holland und Luxemburg zeigten, dass es immense Effektivitätssteigerungen geben könne. Für das Panos-Projekt wurde gestern in der Lausitzhalle sozusagen der Startschuss gegeben. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und Sozialministerin Petra Köpping (SPD) hatten für die beteiligten Partner Bescheide über ziemlich viel Geld dabei. Insgesamt gibt es für das Netzwerk 6,8 Millionen Euro. Davon kommen fünf Millionen aus dem Sofortprogramm des Bundes für die Verbesserung der Infrastruktur in den Kohlerevieren. Denn geht es gut, soll Panos nicht nur ein Vorbild für Sachsen sein, sondern laut Kretschmer für ganz Deutschland: „Es wäre schön, wenn es hieße: Das ist der Standard, mit dem wir in Zukunft Parkinson behandeln wollen.“

Zusammengetan hat sich Wolz‘ Elblandklinikum zunächst mit der Uniklinik Dresden, der Reha-Klinik am Tharandter Wald aus Hetzdorf bei Freiberg, der Deutschen Parkinson-Vereinigung, den Unis in Leipzig und Chemnitz, der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen sowie diversen weiteren Partnern. Doch das Netz soll dichter werden, hieß es gestern. „Noch ist es zu früh“, sagt Holger Ostermeyer, der Sprecher der Dresdener Uniklinik. Richtig losgehen solle es im Herbst. Wenn das Projekt dann stabil laufe, wolle man nach und nach weitere Verbündete integrieren, gern auch Hoyerswerdas Seenland-Klinikum.

Hoyerswerdas Neurologie schwächelt

Über das Krankenhaus berichtete Neurologin Dr. Olga Eisenmenger, die ihre Praxis im WK IX hat, seine Neurologie habe derzeit geschlossen. In der Tat hat das Klinikum in der Neurologischen Klinik Ärzte eingebüßt, aber eine neue Chefärztin ist bereits angekündigt worden. Olga Eisenmenger sagt, sie müsse nun dennoch erst einmal Patienten zusätzlich versorgen, die vom bisherigen Krankenhaus-Chefarzt Dr. Andreas Linsa betreut worden sind. Einfach ist das nicht. Nach ihren Angaben kümmert sie sich im Quartal schon um rund 1.500 Menschen, darunter etwa 200 mit primären Parkinson-Symptomen.

Unterstützung für die Hausärzte

Bei der Krankheit sterben Nervenzellen ab, die den Botenstoff Dopamin produzieren. Anfänglich und über eine relativ lange Zeit lässt sich das leicht therapieren. „Komplex, aber gut behandelbar“, heißt es in einem Imagefilm des ParkinsonNetzwerks. Und auch beim Fortschreiten der Krankheit bestehen Möglichkeiten. Die erwähnte Tiefe Hirnstimulation etwa ist die Implantation eines Hirnschrittmachers. Bei der Pumpentherapie wird mittels einer mobilen Minipumpe ein Dopamin-Ersatzstoff unter die Haut injiziert oder in den Dünndarm abgegeben. Allgemein ist regelmäßige Überwachung durch Arztbesuche unabdingbar. Panos, sagt Dr. Martin Wolz, werde dabei helfen: „Wir müssen uns mit der Realität auseinandersetzen, dass im ländlichen Raum, wo der niedergelassene Neurologe nicht da ist, der Hausarzt die Versorgung übernehmen muss.“ Aber eben künftig eng abgestimmt und dank Technik unterstützt von Fachärzten oder gar von Spezialisten.

Unbehandelt führt Parkinson unter anderem zu schweren Bewegungseinschränkungen. Gestern kamen nicht wenige Patienten in die Lausitzhalle an Gehstöcken, an Rollatoren oder gar im Rollstuhl. Der erst vor reichlich einem Jahr eingeweihte Fahrstuhl im Foyer war vor und nach der Veranstaltung im Dauerbetrieb.

Vielbeachtet
war gestern in
der Lausitzhalle
die Übergabe des Fördermittelbescheides durch
die sächsische
Sozialministerin Petra Köpping
(rechts) an eine Vertreterin der Landesärztekammer Sachsen.
Vielbeachtet war gestern in der Lausitzhalle die Übergabe des Fördermittelbescheides durch die sächsische Sozialministerin Petra Köpping (rechts) an eine Vertreterin der Landesärztekammer Sachsen. © Foto: Gernot Menzel