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Meyer und die optische Fabrik

Industriegeschichte. Hugo Meyer gründete in Görlitz die Optischen Werke und sein Todestag jährt sich am 1. März zum 100. Mal.

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Von Roland Otto

Wenngleich Hugo Meyer faktisch in einem Atemzug mit Persönlichkeiten wie Johann Christoph Lüders, Carl Körner und Richard Raupach genannt werden muss, so ist uns bis heute weit weniger über sein Leben bekannt, als bei den anderen Görlitzer Industriepionieren. Deshalb seisein 100. Todestages am 1. März zum Anlass genommen, mit einem Überblick über sein Leben den der Betriebsgeschichte zu verbinden.

Hugo Meyer wurde am 21. Mai 1863 geboren und erlernte den Beruf eines Optikers. In den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts entstanden auch in Görlitz einige optische Betriebe, die so genannte fotografische Kameras herstellten, für welche sie Objektive benötigten. Diese Tatsache bewog schließlich den Kaufmann Heinrich Schätze sowie Hugo Meyer einen Vertrag abzuschließen, der die Gründung einer Werkstatt für Präzisionsoptik und Mechanik beinhaltete.

Zunächst sieben Mitarbeiter

Man beschäftigte in der Werkstatt an der Löbauer Straße 7, wo sich jetzt das Museum der Fotografie befindet, zunächst sieben Mitarbeiter. Am 1. April 1896 erfolgte die Eintragung der Firma „Optisch-Mechanische Industrie-Anstalt Hugo Meyer & Co.“ im Gesellschaftsregister des Königlichen Amtsgerichts zu Görlitz. Zu den Abnehmern von Meyer-Objektiven gehörten solche renommierten Görlitzer Kamerahersteller wie Kügler & Co., Curt Bentzin, Ernst Krecker, Gebrüder Herbst und weitere. In jener Zeit verloren die Kameras ihre gigantischen Maße und Gewichte, wurden damit handlicher und konnten mit kürzeren Belichtungszeiten genutzt werden.

Die Zukunft der Fotografie lag nun nicht mehr ausschließlich bei den Berufslichtbildnern, wie man sie damals nannte, sondern auch Amateurfotografen gehörten verstärkt zur potentiellen Kundschaft. Da die Räumlichkeiten in der Löbauer Straße nicht mehr ausreichten, bezog man 1901 das neue Fabrikgebäude – Hinterhaus Biesnitzer Straße 22. Nachdem 1903 und 1904 beachtliche technische Fortschritte betreffs diversen Brennweiten und Reduzierung der Belichtungszeit erzielt werden konnten, verstarb Hugo Meyer am 1. März 1905 noch vor Vollendung seines 42. Lebensjahres. Die Firma blieb in der Familie, denn die Witwe Elise Meyer übernahm gemeinsam mit den Söhnen Hugo, Erich und Harry die Leitung des Betriebes. Der bereits 100 Jahre alte Görlitzer Bürger Richard Wenzel, der lange im Werk als Vorschleifer tätig war, kann sich noch heute gut an Hugo und Erich Meyer erinnern.

Einen Höhepunkt für die Stadt bildete vor 100 Jahren die Industrie- und Gewerbeausstellung vom 1. Juni bis 30. September 1905, die von etwa 1,5 Millionen Menschen besucht wurde. Wenngleich die Exponate der „Optisch-Mechanischen-Industrie-Anstalt“ neben den Waggons, Turbinen und Keramikmaschinen wie Zwerge wirkten, wurden sie mit einer Goldmedaille prämiert.

Der auch in den folgenden Jahren anhaltende Aufwärtstrend der Firma wurde durch den Ersten Weltkrieg zwischen 1914 und 1918 unterbrochen, denn in diesen schweren Jahren konnte keine kontinuierliche Forschung und Entwicklung erfolgen. Man erholte sich wieder und konnte selbst in unruhigen Zeiten ein neues großes Fabrikgebäude an der Fichtestraße errichten, das 1923, als die Inflation ihren Höhepunkt erreichte, eingeweiht wurde. Systematische Versuchsreihen und wissenschaftliche Prüfmethoden hielten bei der Meyer-Optik Einzug, so dass man folgerichtig 1936 die ersten Ingenieure einstellte. Die Firma nannte man jetzt „Optische und Feinmechanische Werke Hugo Meyer & Co.“.

Doch während des Zweiten Weltkrieges wurde auch diese Fabrik weitgehend auf Kriegsproduktion umgestellt. Ab 1. Juni 1946 erhielt die renommierte Firma offiziell den Namen VEB Optisch-Feinmechanische Werke Görlitz und stand zunächst unter treuhänderischer Verwaltung.

Exporte in 40 Staaten

In einer DDR-Betriebsgeschichte (1896-1966) betonte man nicht ohne Stolz, dass das Görlitzer Werk wieder Anschluss an die Weltspitze gefunden hat und 1956 in über 40 Staaten exportiert. Auch auf den Leipziger Messen 1964 und 1965 gab es Goldmedaillen für Teleobjektive des Görlitzer Betriebes. 1966, also 70 Jahre nach Gründung der Firma, entstand ein neues Fabrikgebäude mit einer Anlage für Oberflächenveredelung. 1968 wurde das Görlitzer Werk ein selbstständiger Betrieb des Kombinats VEB Pentacon Dresden. Bereits in den 70er Jahren zeichnete sich für die feinmechanische optische Industrie in Deutschland ein immer stärker werdender Konkurrenzdruck aus einigen asiatischen Ländern ab, wenngleich man es in der DDR offiziell nicht gern zugab. Es war auch ein Grund dafür, dass das Görlitzer Werk nach der politischen Wende am 30. Juni 1991 stillgelegt wurde. Bereits am 14. Juni 1991 war der Verkauf an fünf neu gegründete Firmen abgeschlossen.