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Mit dem Fischotter leben

Fischzüchter sprechen von „Blutrausch“ unter Fischottern. Dabei ist es gar nicht immer der Otter, der vielerorts die Teiche leert.

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Von Antje Meier

Was für ein Aufschrei bei den bayerischen Fischzüchtern: „Fischotter treiben Teichwirte an den Rand der Verzweiflung“ war eine der Schlagzeilen. Gar von „Blutrausch“ war die Rede. Roland Richter, Geschäftsführer der Teichwirtschaft Koselitz, kennt sich mit den natürlichen Fressfeinden seiner Fische aus. Die Diskussion über den Fischotter als Bösewicht hält er für übertrieben. „Klar haben wir auch Fischotter. Aber ich bin der Meinung, mit den Ottern muss man leben“, sagt er. Die Verluste seien nicht so gravierend, dass er deshalb auf die Barrikaden gehen müsste. „Außerdem ist das eine geschützte Art.“

In insgesamt 16 Teichen werden Fische herangezogen und gemästet, vor allem Karpfen, aber auch Schleien, Hechte, Zander, Welse und Graskarpfen. Jedes Jahr bringt der Fischotter auch der sächsischen Teichwirtschaft Verluste ein. So rechnet Richter bei den großen Speisefischen mit bis zu 20 Prozent Ausfall. Vor allem Zander und Hecht seien die Leibspeise des Otters. „Wenn es für den Otter günstig verfügbar ist, holt er sich natürlich aber auch mal einen kleinen Karpfen“, beschreibt der Teichwirt. „Ich kann mich nicht dagegen schützen, also lasse ich ihn gewähren.“

Zudem sei der Fischotter gar nicht das größte Problem für die Fischzucht von Roland Richter. Jährlich müsse er 50 Prozent Verlust bei den einjährigen und 30 Prozent bei den zweijährigen Fischen hinnehmen, die ihm vor allem Haubentaucher, Graureiher und Kormoran aus den Teichen holen. „Je kleiner die Fische sind, desto mehr Fressfeinde haben sie natürlich. Wenn sie eine gewisse Größe erreicht haben, werden sie für den Haubentaucher zum Beispiel uninteressant“, erzählt der Teichwirt. Aber dann gebe es immer noch Graureiher und Kormoran, die sich an Richters Fischbestand gütig tun.

Und besonders der Kormoran richte großen Schaden an, erklärt auch Gerhard Herrmann, Leiter des Tierparks Riesa. „Viele Tauchgänge des Kormorans klappen nicht. Aber dabei verletzen sie viele Fische, die dann verpilzen“, erläutert er. Dadurch würden mehr Fische verenden, als der Vogel eigentlich frisst. Richter fügt hinzu: „Im Gegensatz dazu sind die Schäden vom Fischotter nur geringfügig.“ Auch gebe es für Teiche, die nach naturschutzrechtlichen Kriterien bewirtschaftet werden, Fördermittel, erklärt Richter. „Das beinhaltet auch Fraßschäden durch geschützte Tierarten.“ Immerhin 50 Prozent seiner über 132 Hektar Fläche würden nach naturschutzrechtlichen Vorgaben bewirtschaftet.

Einem anderen Dieb im Pelzmantel ist unterdessen Roswitha Müller auf der Spur. Sie wohnt auf der Dorfstraße in Goltzscha. Drei Teiche gibt es auf ihrem Grundstück. Früher zogen darin viele Goldfische ihre Kreise. Inzwischen sind sie aber leer. Etwa 30 Goldfische seien innerhalb von zwei Nächten geholt worden, erklärt sie. „Ich habe eines Nachts ein lautes Plätschern gehört. Ich habe mir eine Taschenlampe geschnappt und bin mit klopfendem Herz raus und nachsehen gegangen“, erzählt sie aufgeregt. „Da sahen mich plötzlich große Augen aus dem Wasser an. Diese ähnelten einem Seerobbengesicht“, erinnert sich Müller. Nachdem sie ihren Mann herbeiholte, sahen sie das Tier nur noch in einen Busch flüchten. Daraufhin machte sich das Ehepaar im Internet schlau. Die Vermutung, ein Fischotter habe die Fische geholt, zerschlug sich. „Ich denke inzwischen, dass es ein Mink war. Das Gesicht passt genau.“

Tierparkleiter Gerhard Herrmann hält das für durchaus möglich. „Minks gibt es mittlerweile fast flächendeckend in Sachsen, und wir haben jetzt gerade eine Phase, wo junge Minks selbstständig werden“, erklärt er. Da käme es durchaus vor, dass sie sich auch mal in Gärten verirren. „Neulich war deshalb auch ein Mann, ebenfalls aus Goltzscha, bei mir. Der hatte Kois und dasselbe Problem“, erzählt Herrmann. „Aber Kois sind ziemlich groß. Ich denke, dass das eher ein Fischotter oder sogar ein Waschbär war“, erklärt der Tierparkleiter. Er gibt aber auch zu bedenken: „Wir hatten sehr heiße Tage. Dadurch herrscht in den Teichen Sauerstoffmangel. Die Fische schwimmen dann lethargisch an der Oberfläche, um nach Luft zu schnappen.“ Das sei dann eine leichte Beute, und zwar nicht nur für Fischotter und Mink. „Da gibt es zahlreiche Mitesser am reich gedeckten Tisch. Fische können auch leicht von Graureihern, Katzen und Füchsen geholt werden“, meint Herrmann. Das würde das massenhafte Verschwinden erklären.

Doch wie können sich Teichbesitzer vor natürlichen Fressfeinden schützen? Gerhard Herrmann rät zu zweierlei Dingen: „Es ist zwar optisch nicht schön, aber man kann Teiche mit Platten abdecken. Außerdem kann man das Grundstück so sichern, dass Tiere gar nicht erst drauf kommen. Dafür ist ein Außenzaun mit festem Fundament und ein Übersteigschutz nötig.“ Über einen Maschendrahtzaun beispielsweise würden Minks wie eine Leiter klettern.