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Mit Händen und Füßen dabei

Drei Schüler sind begeistert von der Orgel in der Niesyker Christuskirche. Kantorin Haupt unterrichtet sie und sorgt für neue Spieler in den Kirchen.

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© André Schulze

Von Steffen Gerhardt

Niesky. Es gibt ein Musikinstrument, auf dem lässt es sich zu Hause einfach nicht üben. Weil es keiner in seiner Stube oder seinem Kinderzimmer stehen hat. Die Rede ist von der Königin aller Instrumente, der Orgel. Aber damit können Anna-Maria Lehmann, Bruno Andrick und Max Grohmann gut leben. Denn sie beherrschen die Voraussetzung, um Orgel spielen zu können: das Klavier. Und das haben alle drei Schüler zu Hause stehen, Bruno nennt eine elektronische Orgel sein Eigen. Eine gute musikalische Grundlage für die drei 13-Jährigen, um bei Kantorin Theresa Haupt das Orgelspiel zu erlernen. Dazu treffen sie sich zeitlich versetzt einmal die Woche in der Christus-Kirche an der Rothenburger Straße. Schließlich bietet die Kirchenorgel nur Platz für einen, der sie bedienen kann.

Bruno hat Klavier gelernt und freut sich jetzt, an der Orgel zu sitzen. „Das macht mir mehr Spaß, weil es richtig laut ist“, sagt der Schüler aus Diehsa. Und: Die Orgel hat so eine faszinierende Klanggewalt, dass elektronische Verstärker überflüssig sind und andere Tasteninstrumente nicht mithalten können. In seiner Gymnasium-Klasse wissen es bisher nur wenige, dass er auch ein Orgelspieler ist, sagt er. Mit seinem Klavierspiel ist Bruno aber bekannt. Anna-Maria kam ebenfalls über das Klavierspielen zur Orgel. Sie wohnt in Kollm und lernt in der Oberschule Mücka. Max hat das Klavier spielen in der Familie gelernt, sagt der Niesyker, der ans Gymnasium geht.

Was alle drei vereint, ist, dass sie ihr musikalisches Talent nicht nur ihrer Orgellehrerin zeigen können, sondern es bereits vor großem Publikum taten. Max saß zur Heiligen Nacht in der Christuskirche an der Orgel. Rund 600 Leute lauschten ihm bei seinem Spiel. „Auch wenn man mit dem Rücken zu seinem Publikum sitzt, man spürt trotzdem die Aufmerksamkeit, die einem entgegengebracht wird“, sagt Max zu seinem ersten großen Konzert.

Natürlich werden zu Weihnachten die traditionellen Musikstücke gespielt, die der Kirchgänger erwartet. Das akzeptiert auch Bruno – und er hat seine Freude daran. Aber auf der Orgel lassen sich auch andere Lieder spielen, ist er überzeugt. Seine Leidenschaft sind Filmmelodien. Auf so einer Kirchenorgel klingen sie viel gewaltiger als Zuhause an seiner Elektroorgel. „Außerdem lockert so eine Melodie den Gottesdienst auf“, ist Bruno überzeugt.

Theresa Haupt ist sehr zufrieden mit ihren drei Schülern, die mit Leidenschaft dabei sind. Seit November 2016 ist sie hauptberuflich die Kantorin im kirchenmusikalischen Dienst des Kirchenkreises Schlesische Oberlausitz und für die Region Niesky zuständig. Zudem ist sie Mitarbeiterin der evangelischen Kirchgemeinde Niesky. Eine ihrer Aufgaben, sagt sie, ist der Orgelunterricht. Für drei bis vier Schüler hat sie das finanzielle Kontingent, um den Unterricht durchzuführen. Wie sie erzählt, ist die Orgel auch für sie etwas Faszinierendes.

Theresa Haupt, die aus dem Nieskyer Ortsteil See kommt, hat in Niesky die Musikschule besucht. Sie studierte nach dem Abitur in Dresden Kirchenmusik und schloss mit einem Diplom als B-Kantorin im Fach Orgel ab. „Anschließend hängte ich noch ein Semester Orgelimprovisation dran und belegte Meisterkurse in Litauen, Ungarn, Dänemark und Irland“, ergänzt sie. Das Wissen und die Fähigkeiten möchte sie an ihre Schüler weitervermitteln.

Für Anna-Maria, Bruno und Max ist vor allem das Spiel an ihr wichtig. „Hier bist du mit Händen und Füßen dabei“, betont Bruno. Nicht immer einfach, wenn in der Kirche Temperaturen von knapp über dem Gefrierpunkt sind. Diese Erfahrung hat Anna-Maria in diesem Winter gemacht. Sie übt sonst in der Kirche in ihrem Heimatort. Weil es da aber viel zu kalt ist, kommt sie regelmäßig in die geheizte Rote Kirche nach Niesky. Denn mit klammen Fingern und tropfender Nase sitzt sie nur ungern an der Orgel.

Wenn die Temperatur in der Kirche stimmt, empfindet Anna-Maria das Orgelspiel als etwas Leichtes. Trotzdem hat jedes dieser musikalischen Bauwerke seine Besonderheit. Diese konnte die 13-Jährige schon an den Orgeln nicht nur in der Christuskirche und in Kollm feststellen, sondern auch in Diehsa und See. Dort spielte sie bereits zu Gottesdiensten. Darauf ist sie stolz.