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Mokassins für den Häuptling

Andreas Mehnert stellt in Schönborn Unikate her. Jetzt kommt ein neuer Modetrend dazu.

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© Thorsten Eckert

Von Thomas Drendel

Schönborn. Die Wände sind dicht behangen mit Werkzeug: Meißel, Stanzeisen und allerlei für den Laien undefinierbare Eisenteile, dazu Kisten voller Lederstücke. So muss es auch in einer Werkstatt von vor hundert Jahren ausgesehen haben. „Das ist gut möglich. Ich arbeite alles von Hand, abgesehen von einigen Nähmaschinen. Aber die gab es damals ja auch schon“, sagt Andreas Mehnert. Chef und einziger Mitarbeiter der Firma Leder-Unikum in Schönborn. Seit Mitte der 90er Jahre stellt er hier hochwertige Einzelstücke aus Leder her: Taschen, Messerscheiden oder was sonst seine Kunden so alles wünschen.

Schuhe aus dünnem Leder gehören zu dem breiten Angebot von Jürgen Mehnert.
Schuhe aus dünnem Leder gehören zu dem breiten Angebot von Jürgen Mehnert. © Thorsten Eckert
Ungewöhnliche Werkzeuge wie diese Spaltmesser sind an den Wänden zu finden.
Ungewöhnliche Werkzeuge wie diese Spaltmesser sind an den Wänden zu finden. © Thorsten Eckert
Kunstvolle Taschen entstehen in seiner Werkstatt in Schönborn.
Kunstvolle Taschen entstehen in seiner Werkstatt in Schönborn. © Thorsten Eckert

Einen großen Teil seiner Arbeit machen auch Reparaturen aus. „So kommen Motorradfans zu mir, die ihre Lederkombis in Ordnung bringen lassen wollen. Ein Neukauf kommt für sie nicht infrage, denn an den Jacken und Hosen hängen ja auch Erinnerungen, besonders, wenn es mal Stürze gab“, sagt der Schönborner. In letzter Zeit ist eine neue Art von Kunden dazugekommen: Steampunks. „Das sind Menschen, die einer Geschichte von Jules Verne entsprungen sein könnten. Ihre Kostüme sind mit vielen Lederaccessoires versehen. Da habe ich schon einige Teile hergestellt.“ Aber auch ganz alltägliche Dinge wie Hausschuhe aus dünnem Leder fertigt er an. „Die sind bei Kindergartenkindern beliebt. Durch die dünne Sohle ist das fast wie Barfußlaufen, also gesund für die Füße.“

Leder, das ist sein Werkstoff. „Der ist natürlich und nachhaltig. Bei guter Pflege hält eine Ledertasche ein Leben lang“, sagt er. Angefangen hat alles noch in der DDR in einem Indianistik-Club. Damals schneiderte er Kostüme aus Wildleder. Dann kamen Taschen hinzu. Die Nachfrage war groß. Was es nicht gab, war Leder. Später begann er eine Ausbildung zum Sattler. Ursprünglich hatte er Werkzeugmacher gelernt. Mit der Wende änderte sich alles. Leder zu bekommen, war plötzlich kein Problem mehr. Jetzt kamen Mittelalterfans zu ihm und wollten Einzelstücke haben: Gürtel, spezielle Taschen und Messerscheiden. Auch seine Arbeit für Cowboys und Indianer setzte er fort. „Pistolenhalfter, Hüte oder auch Hosen, Kleider und Hemden, all das habe ich angefertigt“, sagt der Schönborner. Für ein Karl-May-Fest in Hohenstein-Ernstthal sind auch Kostüme für Winnetou und für Nscho-tschi dabei gewesen. Bei einem Karl-May-Fest in Radebeul lernte er auch Gojko Mitic kennen. Auf einem Foto sind beide zu sehen.

Mit Salz durchtränkt

In der Zeit musste er auch aus seiner Werkstatt in Kleinzschachwitz raus. „Wir haben lange gesucht, bis ein Freund sagte, der Hof hier bei Schönborn steht zum Verkauf. Da griffen wir zu.“ „Leckstein“ wird das Gehöft von den Schönbornern genannt. Sogar eine Bushaltestelle mit dem Namen gab es einmal. „Der Name stammt von den früheren Besitzern, die hatten hier einen Betrieb, in dem sie Salzlecksteine für Pferde, Schafe und andere Tiere herstellten. Das halbe Dorf Schönborn arbeitete hier“, erzählt er. Als er und seine Familie einzogen, stand die einstige Werkhalle schon einige Jahre leer, dennoch erinnerte alles an die Lecksteinherstellung. „Der Fußboden war mit einer dicken Salzschicht bedeckt. Auch die Wände sind noch immer mit Salz durchtränkt“, sagt Andreas Mehnert. „Zum Grundstück gehört ein Steinbruch“, sagt der Lederhandwerker. Walzen für Schokoladenfabriken wurden hier hergestellt. „Aus Zweiglimmergranodiorit“, sagt Andreas Mehnert, ohne sich bei dem schwierigen Wort zu versprechen. „Ich hab mal Mineralien gesammelt, daher weiß ich das.“ Doch plötzlich über Nacht sei der Steinbruch voll Wasser gelaufen. Die Besitzer mussten sich von dem einen auf den anderen Tag eine neue Geschäftsidee überlegen. „Dann kam das mit den Lecksteinen. Die Firma gibt es heute noch im Westen.“

Mit seinen 66 Jahren tritt Andreas Mehnert etwas kürzer, wie er selber sagt. Dennoch ist er ganz sicher mit seinen Taschen, Gürteln und Schuhen auf Märkten rund um Schönborn dabei. „Den Kunstmarkt im Langebrücker Bürgerhaus Ende September habe ich mir schon fest im Kalender angestrichen.“

Unikum Lederwerkstatt Schönborn,

Kontakt 03528 447471