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Von Essensresten bis zum Pferdekopf

Mit Sapos auf Reinigungstour an Containerplätzen in Görlitz. Was da zu finden ist, verursacht eine Gänsehaut.

Von Gabriela Lachnit
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Einer der am schlimmsten vermüllten Plätze von Wertstoffcontainern in Görlitz ist der an der Dr.-Kahlbaum-Allee. Mitarbeiter von Sapos reinigen den Standort am Morgen – hier Marcel Neumann, Pierre Zock und Uwe Arlt (von links). Wenn sie am Mittag erneut v
Einer der am schlimmsten vermüllten Plätze von Wertstoffcontainern in Görlitz ist der an der Dr.-Kahlbaum-Allee. Mitarbeiter von Sapos reinigen den Standort am Morgen – hier Marcel Neumann, Pierre Zock und Uwe Arlt (von links). Wenn sie am Mittag erneut v © Foto: Nikolai Schmidt

Nein, Kartoffelschalen sind keine Wertstoffe. Höchstens für Kaninchenzüchter und ihre vierbeinigen Fellträger. Oder für den Kompost. Uwe Arlt und seine Kollegen Marcel Neumann und Pierre Zock wissen das genau. Sie arbeiten bei Sapos und sind mit weiteren zwei Kollegen für die Reinigung von Plätzen für Wertstoffcontainer und Bushaltestellen in der ganzen Stadt Görlitz zuständig. Außerdem leeren sie die Papierkörbe. Das machen sie jede Woche. Nur heute, wenn die Zeitung mit dabei ist, gibt es eine Extra-Tour für die Bushaltestellen und Papierkörbe. Die säubern und leeren diesmal zwei andere Kollegen. Dünnhäutig im übertragenen Sinne darf man bei dieser Arbeit nicht sein. Denn was die Sapos-Leute jeden Tag vorfinden, macht ihnen nicht selten eine Gänsehaut. Trotzdem hat SZ die Sapos-Leute ein Stückchen auf ihrer Reinigungs-Tour begleitet.

Vorne Hui, hinten Pfui

Es ist Montagmorgen. Der Transporter ist startbereit. Uwe Arlt und seine Truppe haben alles dabei, was nötig ist: mehrere wiederverwendbare Abfallsäcke, Schaufeln, Straßenbesen, Handfeger, Kehrschaufeln, Greifer. Der ist für das Aufheben von kleinem Müll und erspart das stete Bücken. Erste Station ist der Containerplatz in der Hartmannstraße. Flaschen, Gläser und Kleidung können dort kostenlos in den jeweiligen Behälter eingeworfen werden. Auf den ersten Blick sieht es dort von vorn noch gut aus. Uwe Arlt lacht, denn ein Blick hinter die Container zeigt ein ganz anderes Bild. Arlt hat das so erwartet. „Hier sieht es immer so aus“, erklärt der Mann. Lumpen, weggeworfene Kleidung, ein Eimer mitsamt Karton, ein Plastiksack voller Abfälle, Kartons, Papier, ein Beutel mit Flaschen und Müll und schließlich eine Deutschlandfahne wandern zunächst in einen Abfallsack und dann auf die Ladefläche des Transporters. Ein zweiter Abfallsack ist nötig. In den folgt zum Schluss der eingesammelte Kehricht.

Weiter geht es zum Containerplatz in der Konsulstraße. Uwe Arlt hat kein schlechtes Gewissen, wenn er jetzt für ein paar Minuten den Straßenverkehr in der Einbahnstraße aufhält. Mit seinem Auto kommt er nicht an die Container heran. Links und rechts parken Pkw, auch auf der Sperrfläche vor den Containern. Autos, die hinter ihm stehen, müssen warten, bis die Kollegen den Dreck eingesammelt haben. Heute ist es nicht so viel wie sonst, der Transporter kann bald weiterfahren. Die Sapos-Männer „freuen“ sich schon: Jetzt können sie einen ihrer „Lieblingsplätze“ zeigen. Den an der Dr.-Kahlbaum-Allee. Hier sieht es immer schlimm aus, wissen sie. Heute sind es unter anderem drei Matratzen, die Arlt, Neumann und Zock mitnehmen. Würden sie den Job nicht schon länger machen, würden sie verzweifeln. Niemand muss Matratzen oder Möbel an den Containerplätzen abstellen. „Bei Sapos in der Heilige-Grab-Straße kann man das kostenlos erledigen“, informiert Arlt. Oder man bestellt einen Sperrmülltransport. Bis zu zwei Kubikmeter und das zweimal im Jahr, ist das auch kostenfrei. Hier, an der Dr.-Kahlbaum-Allee, scheint zudem ein „Übergabeort“ zu sein. Görlitzer bringen alte Sachen hierher und warten auf Polen, die das mit nehmen, erklärt der Sapos-Mann. Heute liegt nicht viel, eine Rolle Kabel und ein Beutel mit alten Werkzeugen. Auch das wandert auf die Ladefläche. Arlt holt sich den Greifer und sammelt Papier und Müll auf der Wiese um die Behälter ein. Dort kann er nicht kehren. Etwa ein Meter Fläche um die Container seien sein Revier, sagt er. Das müsse man so definieren, denn sonst könne er an vielen Stellen gleich die ganze Straße reinigen. Bevor es weitergeht, fährt der Transporter zum Wertstoffhof bei Sapos. Hier wird abgeladen. Die grünen Abfallsäcke werden in einen sieben Kubikmeter fassenden Müllcontainer gekippt. Zwei oder drei davon werden jede Woche voll, erklärt Uwe Arlt. Die Matratzen kommen in den Sperrmüll, ebenso die eingesammelten Schränkchen. Zum Glück war heute kein Sofa dabei, da wäre der Transporter schneller voll.

Saubermacher behält recht

Mit leerer Ladefläche geht es jetzt zur Querstraße. Ein Görlitzer Pole und sein Fahrrad sind schon da. Der Mann ist auf Pfandflaschensuche, erklärt Arlt. Die Sapos-Leute kennen ihn. Wie sie überhaupt in der Stadt vielen Menschen im Auto oder zu Fuß begegnen, die sie grüßen. „Man kennt sich im Laufe der Zeit“, erklärt Arlt. Zehn Jahre macht der 60-Jährige diese Arbeit schon, knapp vier sollen es noch werden. Dann will er in Rente. In all den Jahren hat er viel an den Containerplätzen erlebt. Das Ekligste war einmal ein echter Pferdekopf, „mit speziellen Tierchen drin“ erzählt er und verzichtet auf eine nähere Beschreibung. Es wurmt ihn beinahe, dass auf der bisherigen Tour noch keine Kartoffelschalen im Müll dabei waren, die hatte er schon am Start der Tour angekündigt. Doch der Mann wird nicht enttäuscht: Am Jugendborn in der Nähe vom Kaufland in Königshufen präsentiert er fast mit Stolz einen Beutel voller Küchenabfälle, inklusive Kartoffelschalen. Er hatte nicht zuviel versprochen.