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Nach 25 Jahren ist Schluss

Raumausstatter Karsten Baschik und seine Frau schließen ihr Nieskyer Geschäft. Das hat zwei Gründe.

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© André Schulze

Von Steffen Gerhardt

Niesky. Ein Handwerk verabschiedet sich aus Niesky: das des Raumausstatters und Polsterers. Für Karsten Baschik und seine Frau Margit steht fest: Diesen Monat ist Schluss, zum 1. September sind Gewerbe und Geschäftsräume abgemeldet, sagt Karsten Baschik. Damit endet auch eine Familientradition in der Stadt. Denn Karsten Baschik hat den Beruf von seinem Vater übernommen. „Mein Vater begann 1956 an der Bautzener Straße, im Hof des Brüderhauses. 1980 habe ich sein Geschäft übernommen, nach meiner Lehre als Polsterer in Görlitz und den 1977 erreichten Meisterabschluss im Polstererhandwerk.“

Das Geschäft lief gut, besonders Ende der 1980er Jahre, wo mancher wirtschaftlicher Mangel mit Geschick und Improvisation wettgemacht wurde. „Kurz vor der Wende hatten wir noch einen Großauftrag: die 300 Stühle im ,Stern’ neu zu polstern“, erinnert sich der Nieskyer Handwerksmeister. Das war gut so, denn mit der Wende brach das ganze Geschäft zusammen. Beide Baschiks hatten da so manche schlaflose Nacht. „Die Möbelhäuser schossen wie Pilze aus der Erde, viele richteten sich neu ein und kaum keiner ließ noch Polsterarbeiten ausführen“, sagt Margit Baschik über die schwere Zeit des Neuanfangs. So entschloss sich das Ehepaar, auf Fußböden und Raumausstattung umzusatteln. Dabei zeigte sich, dass die Räume in der Bautzener Straße zu klein geworden sind und es an Möglichkeiten fehlte, die Ware dem Kunden präsentieren zu können. „In der Anfangszeit haben wir die Teppichrollen in einer Garage gelagert und haben dort dem Kunden unser Angebot gezeigt“, so Karsten Baschik.

Inzwischen wechselte seine Frau aus einem Baubetrieb, wo sie in der Verwaltung beschäftigt war, in den Handwerksbetrieb ihres Mannes. „Seine Buchführung habe ich seit Anfang an gemacht, aber nun war ich voll mit drin“, erzählt die Betriebswirtschaftlerin. Auch davon, dass es durch den Umstieg auf Fußboden und Raumdekor mit dem kleinen Betrieb wieder aufwärts ging. Denn die drei früheren Polsterer wurden weiterhin beschäftigt.

Es waren vor allem die beiden großen Vermieter der Stadt Niesky, die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft und die Wohnungsgenossenschaft, die immer wieder Baschiks Dienste in Anspruch genommen haben. „Beide waren unsere Hauptauftraggeber, auch wenn es immer schnell gehen musste, weil ein Mieterwechsel anstand.“ Wie viele Wohnungen Baschiks neu vorgerichtet haben, hat keiner gezählt. Große Auftraggeber waren auch der Waggonbau Niesky und die niedergelassenen Ärzte, die nach der Wende ihre Praxen erneuerten oder neu bauten. Ein großes Geschäft war die Ausstattung der Bau- und Verwaltungscontainer mit Fußbodenbelägen zum Bau des Autobahntunnels durch die Königshainer Berge.

Die Frau setzt den Schwerpunkt in der Raumausstattung. Inzwischen hatten Baschiks ihre neuen Geschäftsräume an der Görlitzer Straße bezogen. In einem lichtdurchfluteten Anbau können sie dem Kunden die Ware bei Tageslicht vorführen, während im früheren elterlichen Wohnhaus Platz für Büro, Schneiderei und Zuschnitt geschaffen wurde. Heute beherbergt das Haus nur noch das Gewerbe, nachdem sich Baschiks in Diehsa ihr Eigenheim bauten.

Dort wollen sie sich als Rentner ab September zurückziehen, nach einem reichen Arbeitsleben. „Die 60-Stunden-Woche war für uns Alltag, zumal wir auch am Sonnabend unser Geschäft offen hatten“, sagt Margit Baschik. Und Urlaub? „Den haben wir nach 15 Jahren im vergangenen Jahr erst wieder gemacht“, ergänzt die Frau. Sie ist inzwischen 63 Jahre, ihr Mann 66 Jahre.

Gern hätten sie es gesehen, dass die Firma Baschik weiter existiert. Aber da die Eheleute selbst keine Kinder haben, gibt es keine dritte Generation im Polsterhandwerk. Zumal in den letzten Jahren die Nachfrage wieder gestiegen ist. „Die Leute achten wieder mehr ihr Eigentum und seien es alte Möbel“, ist Karsten Baschiks Erfahrung. Auch wenn es mancher Kunde gern möchte, noch einen Stuhl neu zu beziehen, wird Karsten Baschik das nicht mehr tun. „Mit dem Abmelden des Gewerbes werden auch Werkzeuge und Maschinen abgegeben, sodass ich kein Handwerkszeug dafür mehr besitzen werde.“ Auch was für die Innendekoration noch im Laden ist, haben die Kunden inzwischen vieles abgekauft. Was bleibt, ist die Immobilie. Baschiks haben einen Makler beauftragt, den Verkauf anzuschieben.