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Nachschub für den Dorfladen

Das neue Geschäft von Fleischermeister Oliver Schütze in Höckendorf läuft gut. Er beweist Mut – gegen den Trend.

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Von Constanze Knappe

Die Verkäuferin packt Christa Berndt etwas frische Wurst in eine Tüte. Es sei so viel wert, dass man jetzt hier wieder einkaufen kann, erklärt die Kundin zufrieden. Zweimal die Woche kommt Christa Berndt in den Landkauf in Höckendorf, ist damit eine der Stammkunden. „Hoffen wir, dass auch der junge Mann zufrieden ist“, fügt sie mit einem Blick auf Oliver Schütze hinzu. Der junge Fleischermeister kommt gerade mit zwei großen Kisten in den Laden. Nachschub. Speiseöl, Chips, Handseife und was man sonst so alles im Alltag brauchen kann. Mit seinem Start in Höckendorf ist der 27-Jährige tatsächlich mehr als zufrieden. In den ersten drei Monaten hätten ihn die Kunden regelrecht überrannt, so froh waren sie, dass es in dem ewig leer stehenden Geschäft wieder einen Lebensmittelladen gibt. Dass der Andrang kein Dauerzustand sein würde, war Oliver Schütze von vornherein klar. Das weiß er von der Resonanz auf seinen Verkaufswagen, wenn dieser zu einer neuen Tour aufgebrochen ist.

Während auf vielen Dörfern der Konsum schon vor langer Zeit geschlossen wurde, hat Oliver Schütze in Höckendorf ein Geschäft aufgemacht. Dass das eine überaus mutige Entscheidung sei, hat der Fleischermeister des Öfteren zu hören gekriegt. Er nimmt es gelassen. Es sei lange nicht so ein großes Risiko wie das vor vier Jahren, als er sich in Kamenz selbstständig gemacht hat, erklärt er. In der Lessingstadt gebe es etliche alteingesessene Fleischereien, da sei es für einen Neuen schwer, sich zu behaupten. Oliver Schütze bekam das zu spüren. Sein Umsatz in Kamenz ging immer mehr zurück. Das zwang ihn schließlich, sein Glück woanders zu probieren. Am Gründonnerstag öffnete er das Geschäft gegenüber der Post in Kamenz zum letzten Mal. „Eigentlich wollte ich bis Juli durchhalten, aber weil die Verkäuferin krankheitsbedingt für längere Zeit ausfiel, hat es sich dann nicht mehr gelohnt“, erklärt Oliver Schütze.

Im Sommer vorigen Jahres hatte er den ersten Kontakt zum Besitzer seines jetzigen Ladens an der Pulsnitzer Straße in Höckendorf. Man wurde sich einig, und zwar derart, dass der Gräfenhainer das Geschäft kaufte. Schon deshalb stehe der Neustart dort unter ganz anderen Vorzeichen, sagt er. Als er im Januar eröffnete, schienen die Höckendorfer nur darauf gewartet zu haben. Er wurde jedenfalls sehr gut aufgenommen. Das merkt Oliver Schütze nicht nur am Umsatz im Laden. Auch das Geschäft mit dem Partyservice hat sich, seit er in Höckendorf ist, mehr als verdoppelt. Dazu der Verkaufswagen, der zum Beispiel dienstags in Deutschbaselitz und im Sorbenland und mittwochs in der Bernsdorfer Ecke unterwegs ist. „Das alles zusammen passt“, sagt Oliver Schütze. Ob er zusätzlich zu dem Verkaufsfahrer und seiner Verkäuferin Anke Burig in Höckendorf noch jemanden einstellt, wird sich zeigen. Die 58-Jährige aus Königsbrück hatte anfangs Bedenken. Zwar arbeitete sie zuvor über 20 Jahre als Verkäuferin im Textil- und Schuhhandel, aber Fleisch und Wurstwaren, das sei eben doch noch etwas ganz anderes, sagt sie. Inzwischen kommt sie gut zurecht. Auch dank etlicher Stammkunden wie Christa Berndt. „Es passt einfach“, findet Anke Burig ebenso wie ihr Chef.

Hinter dem Laden befindet sich ein großer Raum, den Oliver Schütze als Produktionsstätte nutzt. Die Kamenzer macht er weiterhin, die läuft ebenso gut wie in Kamenz. Außerdem Bockwust, Blutwurst, ein Standardsortiment an Aufschnitt. Mit Extravaganzen wie Pasteten braucht er den Höckendorfern aber nicht zu kommen, das stellte sich schnell heraus. Dafür sind die hausgemachten Salate, allen voran der herzhafte Geflügelsalat, sehr gefragt. 80 Prozent des Umsatzes macht Oliver Schütze im Laden mit dem Verkauf von Fleisch und Wurstwaren. Ergänzend dazu hält er zum Beispiel Butter, Quark, etwas Gemüse, Getränke, ein paar Süßigkeiten, Haushaltchemie, Papiertaschentücher und einige Schreibwarenartikel bereit. Ausreichend für Senioren, die allein auf dem Lande leben. Oder als Ergänzung für Jüngere, die ihren Wocheneinkauf auf dem Heimweg von der Arbeit woanders erledigen, aber doch mitunter etwas vergessen haben. Als Tante-Emma-Laden sieht er den Landkauf nicht. Dazu sei das Angebot zu begrenzt, sagt er. Aber Sonderwünsche würden gern erfüllt.

Der absolute Renner ist sein Hackepeter. Junge Leute gehen Sonnabendfrüh zum Bäcker und holen sich danach bei ihm den frischen Hackepeter. Deswegen hat Oliver Schütze die Öffnungszeit am Sonnabend der des Bäckers angepasst.