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Naturschützer schreiben an Bundespolitiker

Die Nabu-Mitglieder engagieren sich seit Jahren für die kostbaren Waldmoore. Diese sehen sie jetzt in Gefahr. Schuld ist aus ihrer Sicht auch das Oberbergamt.

Von Sven Görner
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Für den Kiesabbau in den nächsten Jahrzehnten will die Kieswerk Ottendorf-Okrilla GmbH & Co. KG ein neues 134 Hektar großes Feld in der Radeburger-Laußnitzer Heide erschließen. Doch es gibt Probleme.
Für den Kiesabbau in den nächsten Jahrzehnten will die Kieswerk Ottendorf-Okrilla GmbH & Co. KG ein neues 134 Hektar großes Feld in der Radeburger-Laußnitzer Heide erschließen. Doch es gibt Probleme. © Kristin Richter

Großdittmannsdorf. Aktuell läuft das Genehmigungsverfahren für eine weitere Kiessand-Abbaustätte in der Radeburger-Lausnitzer Heide. Die Grenze das 134 Hektar großen Tagebaus Würschnitz-West soll dabei künftig nur 300 Meter entfernt vom Naturschutzgebiet Waldmoore bei Großdittmannsdorf verlaufen.

Gegen diese neuen Pläne gibt es seit Längerem massiven Widerstand. Sowohl von der Bürgerinitiative Würschnitz contra Kiesabbau, als auch von den angrenzenden Gemeinden Radeburg und Thiendorf sowie den Landkreisen Meißen und Bautzen. Und natürlich von Naturschützern. So von der Nabu-Fachgruppe Ornithologie Großdittmannsdorf, die sich unter anderem um den Erhalt der über Jahrtausende gewachsenen Waldmoore kümmert.

Wobei deren Leiter Matthias Schrack betont: „Es geht nicht darum, dass der Nabu den Kiesabbau verhindern will. Es geht vielmehr darum, zwischen den gleichrangigen Belangen Rohstoffabbau und den natürlichen Schutzgütern, wie etwa Feuchtgebiete und Grundwasser, verantwortungsvoll abzuwägen.“ Und genau in diesem Punkt sehen die ehrenamtlichen Naturschützer ein deutliches Defizit im aktuellen Verfahren des Oberbergamtes Freiberg.

Die Ursachen dafür sind aus ihrer Sicht nicht zuletzt im ostdeutschen Bergrecht zu suchen. Darum hat die Nabu-Fachgruppe jetzt auch einen Brief an die Fraktionen im Deutschen Bundestag geschrieben und diese um Unterstützung gebeten. 

In dem der SZ vorliegenden Schreiben heißt es unter anderem: „Die völlige Missachtung demokratischer Spielregeln im Bergrecht erlebt die Bürgerschaft derzeit am Beispiel des laufenden Planfeststellungsverfahrens Kiessand Würschnitz-West: Die Maßgaben der raumordnerischen Beurteilung der Landesdirektion Sachsen werden vom Antragsteller und dem Oberbergamt nicht beachtet! 

Die fachlich begründeten Hinweise von Behörden, Trägern öffentlicher Belange, Naturschutzvereinigungen, Bürgerschaften und nicht zuletzt der Landes- und EU-Politik bleiben in den Antragsunterlagen zum Planfeststellungsverfahren 2019 zum wiederholten Mal unberücksichtigt.“

Das betreffe auch Gutachten und Facharbeiten des Nabu. Der gutachterlich festgestellten Verschlechterung des Grundwassers infolge der laufenden Verfüllung der Kiesgrube „Laußnitz 1“ werde behördlich nicht nachgegangen. 

Trotz der Nachbarschaft zu den Mooren und Quellen wird erneut kein hydrogeologisches Gutachten vorgelegt. Und weiter: „Das Anliegen der Demokratie wird dadurch konterkariert: Die Mitwirkung von Naturschutzvereinigungen und Bürgerschaften an der Entscheidungsfindung auf Augenhöhe scheint nicht ernsthaft gewollt!“

 In dem Brief an die Bundestagsabgeordneten verweisen die Naturschützer auch auf die Petition der Bürgerinitiative Würschnitz, die von mehr als 1 600 Bürgern unterzeichnet wurde.

Abschließend haben die Unterzeichnenden noch folgende Erwartung formuliert: „... bitte wirken Sie für ein Bergrecht, das die natürlichen Lebensgrundlagen und unersetzbaren Naturgüter schützt sowie Fachgesetze – Umwelt- und Naturschutzrecht – und Maßgaben eines Raumordnungsverfahrens gebührend beachtet. 

Ihre Antwort auf unser Schreiben findet im Vorfeld der Europa- und Landtagswahlen breites Interesse. Nur wenn die Landesbehörden – wie im Verwaltungsrecht gelehrt wird – die Interessen der Allgemeinheit vor schädlichen Einzelinteressen schützen, wird Politikverdrossenheit vermieden, das Vertrauen in den Rechtsstaat bewahrt und der gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt!“

Unabhängig von möglichen Reaktionen aus Berlin ist derzeit nicht ganz klar, wie es mit dem bergrechtlichen Planfeststellungsverfahren zum geplanten Kiesabbau weitergeht. Denn in der Bekanntmachung der Auslegung des Rahmenbetriebsplans hatte es hinsichtlich des Ablaufes der Einwendungsfrist fehlerhafte Angaben gegeben. 

Datum und Wochentag stimmten nicht überein, wodurch nicht 100-prozentig klar war, wann die Frist endete. Das Oberbergamt hatte den Fehler auf Nachfrage der SZ eingeräumt. Mit dem Hinweise, dass geprüft werde, welche Folgen dies für das Verfahren hat. 

„Im Zweifelsfall müsste die Öffentlichkeitsbeteiligung erneut durchgeführt werden, um einen eventuellen Verfahrensfehler zu heilen“, hatte das Amt vor vier Wochen weiter mitgeteilt. Noch gebe es keine abschließende Entscheidung, hieß es am Dienstag auf eine erneute Anfrage.