Von Peter Anderson
Ingo Köth nimmt kein Blatt vor den Mund. Er versteckt seine Gesinnung nicht. In einer Nacht auf dem als Wallfahrtsstätte von Neonazis bekannten Kriegsgräberfriedhof in der brandenburgischen Gemeinde Halbe sei ihm ein Hakenkreuz erschienen. Um das nach seinen Worten „positivste Symbol der Welt“ rankten sich die Worte „Kraft, Freude, Licht & Liebe“. Auch ein Bild von Meißen mit der Silhouette der Burg und den Elbwiesen will der Nazi aus Sachsen-Anhalt in jener Nacht gesehen haben. Auf seinem Volksdeutschland-Kanal beim Internet-Filmdienst Youtube erzählt Köth diese Geschichte jedem, der es hören will, und trommelt gleichzeitig seit Wochen für ein großes Volksfest am 25. Juli diesen Jahres in Meißen.
„Wir wollen dort zusammenkommen, um über all’ die Lügen zu sprechen, die unser Leben derzeit bestimmen“, sagte er gestern in einem Telefongespräch der SZ. So glaube er nicht länger an den Holocaust und die meisten der in Deutschland geltenden Gesetze.
Köths Einladung nach Meißen richtet sich nach seinen Angaben an alle, die sich mit dem Deutschen Reich identifizieren. Egal ob diese Identifikation spiritueller oder politischer Natur sei. Bei vergangenen Aktionen war es Köth gelungen, bis zu 70 Gleichgesinnten zu mobilisieren. Mittlerweile dürfte sein Anhängerkreis aufgrund intensiver Werbung im Internet jedoch deutlich größer sein.
Neben Gesprächen solle auf den Elbwiesen in Meißen Ende Juli gemeinsam gesungen und getanzt werden. Aktionen mit einer Flaschenpost in der Elbe und Luftballons seien geplant. Anmelden bei den Behörden werde er das Treffen nicht, so Köth gestern gegenüber der SZ. Niemand könne ihm und Gleichgesinnten verwehren, friedlich auf den Elbwiesen zu feiern. In den nächsten Tagen solle unter der Adresse volksdeutschland.org eine Internetseite mit weiteren Details zum 25. Juli ans Netz gehen.
Sachsens Behörden sind die Pläne des bekennenden Nationalsozialisten und Hitler-Verehrers unterdessen nicht verborgen geblieben. Auch im Innenministerium von Sachsen-Anhalt ist Köth bereits ein Begriff. Die sächsische Polizei teilte gestern mit, sie beobachte die Aktivitäten Köths genau. Ein Zusammenhang zwischen dem Holocaust-Leugner aus Sachsen-Anhalt und dem kürzlichen ausgehobenen sogenannten Deutschen Polizei-Hilfswerk bestehe allerdings nicht, schrieb gestern das für rechtsextreme Umtriebe in Sachsen zuständige Operative Abwehrzentrum Leipzig. Das OAZ ermittelt aktuell wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung gegen Aktivisten des DPHW. Ende Februar fanden Durchsuchungen in Wohnungen der sogenannten Exteriotorialen oder Reichsbürgern im Freistaat statt. Am Freitag vergangener Woche nahmen Polizisten DPHW-Sprecher Holger F. vor einem Vereinsheim in Leipzig-Probstheida fest. Der Sprecher der selbst ernannten Ordnungstruppe war auf dem Weg zu einer Veranstaltung.
Ingo Köth selbst gibt zwar an, keine Kontakte zum DPHW zu pflegen, gleichzeitig bezieht sich der frühere Automechaniker und BMW-Spezialist in seinen vielen Ansprachen auf dem Volksdeutschland-Kanal von Youtube immer wieder auf bekannte Argumentationsmuster der sogenannten Reichsdeutschen. Diese in den letzten Jahren immer stärker werdende rechtsextreme Bewegung geht von einem Fortbestand des Deutschen Reiches aus und leugnet das Bestehen der Bundesrepublik Deutschland.
Ganz in diesem Sinne hat Köth vor laufenden Kameras seinen Personalausweis verbrannt und seine BMW-Motorenwerkstatt in Arensdorf bei Köthen aufgelöst. Seit mehreren Monaten bereits lebt er offenbar bei verschiedenen Bekannten und ist praktisch untergetaucht. SZ-Informationen zufolge liegen mehrere Haftbefehle gegen ihn vor.
In Meißen vor Ort regt sich derzeit noch kein Widerstand gegen das Nazi-Volksfest Ende Juli. Lediglich im Internet kursieren Aufrufe zu einer Gegendemonstration.