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Neudorfer Baracke zieht in die Hauptstadt

Die Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung will das Gebäude in ihre Ausstellung integrieren – es sei eine einzigartige Zeitkapsel.

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Von Antje Steglich

Die dunklen Holzlatten werden wohl kaum dem nächsten Winter standhalten. Einige sind bereits durchgebrochen, andere werden nur noch durch ein paar verrostete Nägel gehalten. Der Zahn der Zeit hat deutlich an den drei verbliebenen Baracken im Zeithainer Ortsteil Neudorf genagt. Nun muss schnell gehandelt werden, geben die langgezogenen Gebäude doch einen einzigartigen Einblick in zwei Epochen deutscher Zeitgeschichte: Bis 1945 dienten sie als Unterkunftsbaracken im Kriegsgefangenenlager Zeithain nahe des Jacobsthaler Bahnhofs und danach als Wohnhäuser für die Neubauern in Neudorf.

„Eine Einlagerung ist wünschenswert“, sagt deshalb die Sprecherin der Berliner Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung, Leonie Mechelhoff und verspricht, man werde den Erhalt der Baracken auch weiterhin unterstützen. Die detailgetreue Dokumentation der historischen Gebäude fand nämlich bereits mit Unterstützung der Stiftung Sächsischer Gedenkstätten statt, zudem gab es bereits zahlreiche Gespräche unter anderem mit der Unteren Denkmalschutzbehörde des Landkreises sowie den neuen Besitzern des Grundstückes, die selbst keine Verwendung mehr für die alte Baracke haben.

Eines der Holzhäuser auf der Edwin-Hoernle-Straße soll darüber hinaus sogar einen Platz in der neuen Dauerausstellung der Stiftung im Deutschlandhaus in Berlin-Kreuzberg erhalten, kündigt Leonie Mechelhoff an: „Die Baracke kann aufgrund ihres einzigartigen Erhaltungszustandes als eine Zeitkapsel bezeichnet werden, die die frühe Nachkriegszeit in der sowjetischen Besatzungszone und insbesondere die Lebensumstände der sogenannten Umsiedler eindrucksvoll veranschaulicht.“ Auch Inventar und persönliche Dokumente der ehemaligen Bewohner sollen deshalb einmal die Ausstellung bereichern. So sind beispielsweise noch blau-karierte Gardinen, ein schlichter Holztisch oder ein Bett mit Eisenfedern erhalten.

Wann genau die Neudorfer Zeitkapsel allerdings tatsächlich öffentlich besichtigt werden kann, steht noch nicht fest. Seit gut einem Jahr wird aber bereits an dem Ausstellungs-, Informations- und Dokumentationszentrum an der Stresemannstraße, Ecke Anhalter Straße in Berlin gebaut. Das um 1930 errichtete Gebäude wird seitdem nach den Plänen des österreichischen Architektenbüros Marte.Marte erneuert und soll künftig allein für die Dauerausstellung etwa 1 700 Quadratmeter Platz bieten. Darüber hinaus sind unter anderem ein Veranstaltungsbereich, ein Raum für Wechselausstellungen, eine öffentlich zugängliche Präsenzbibliothek und ein sogenannter Raum der Stille geplant.

Die Bundesstiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung wurde 2008 als Stiftung des öffentlichen Rechts in Berlin unter der Trägerschaft des Deutschen Historischen Museums eingerichtet. Zweck der Stiftung ist nach eigenen Angaben, im Geiste der Versöhnung die Erinnerung und das Gedenken an Flucht und Vertreibung im 20. Jahrhundert im Kontext des Zweiten Weltkrieges und der nationalsozialistischen Expansions- und Vernichtungspolitik und ihren Folgen wachzuhalten.