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„Noch so ein Jahr ist kaum zu überstehen“

Vor der Frühjahrsbestellung plagen Landwirte im Kreis Bautzen viele Sorgen. Manche warten immer noch auf Dürrehilfe.

Von Tilo Berger
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Mähdrescher ernteten im vergangenen Sommer Feldfrüchte, die eigentlich Raps sein sollten. Die extreme Dürre sorgte bei vielen Bauern für starke Ertrags - und damit Einkommensausfälle. Jetzt hoffen die Landwirte auf ein besseres Jahr 2019.
Mähdrescher ernteten im vergangenen Sommer Feldfrüchte, die eigentlich Raps sein sollten. Die extreme Dürre sorgte bei vielen Bauern für starke Ertrags - und damit Einkommensausfälle. Jetzt hoffen die Landwirte auf ein besseres Jahr 2019. © dpa/Bernd Wüstneck

Bautzen. „Im Märzen der Bauer die Rösslein einspannt“, beginnt ein altes Volks- und Kinderlied über die Frühjahrsbestellung. Auch wenn inzwischen moderne Landtechnik die Rösslein abgelöst hat, ist dem Bauern eines geblieben: Er „rührt seine Hände früh morgens und spät“. Außer den Händen hat in diesem Jahr auch der Kopf besonders viel zu tun. Denn für viele Landwirte kommt einiges an Problemen zusammen.

Jetzt tritt ein, was Bauern gegen Ende des extrem trockenen Vorjahres vorhersagten: 2019 wird hart. Die Saritscher Agrar GmbH in Neschwitz bei Bautzen zum Beispiel konnte im vergangenen Jahr nur etwa die Hälfte des Silagefutters vom Grünland ernten. Jetzt kommt es darauf an, die stark reduzierten Futtervorräte wieder aufzufüllen, sagt Stefan Triebs. Er führt die Geschäfte der Saritscher Agrargesellschaft und steht außerdem an der Spitze des Regionalbauernverbandes Bautzen-Kamenz. Um jetzt die Rinder satt zu bekommen, haben die Saritscher Bauern im Herbst 2018 noch zusätzliche Zwischenfrüchte wie Weidelgras und Futterroggen ausgesät. „Diese sind jetzt zeitig zu düngen und zu pflegen, damit mit diesem zusätzlichen Ackerfutter die Ertragsverluste vom Grünland im vergangen Jahr wieder aufgefüllt werden können“, berichtet Stefan Triebs.

Zuckerrüben-Anbau vor dem Aus

Ende März steht die Aussaat der Zuckerrüben an. Doch der Chef des Regionalbauernverbandes ahnt nichts Gutes: „Es könnte sein, dass dieses Jahr für die Rübenanbauer im Kreis Bautzen die letzte Aussaat sein wird.“ Die Südzucker AG hat beschlossen, ihr Werk im südbrandenburgischen Brottewitz zu schließen. Als vor einigen Jahren die Zuckerfabrik Löbau dicht machte, hieß es: Brottewitz nimmt die Rüben …

Für Stefan Triebs ist „ungewiss, ob weiterhin Rüben angebaut werden und ob es die Möglichkeit geben wird, nach Zeitz zu liefern“. Die Fahrt nach Zeitz in Sachsen-Anhalt sei deutlich länger; die Frage ist, ob sich das Ganze dann für die Oberlausitzer Bauern noch rechnet. „Sollten wir den Rübenanbau aufgeben, geht eine bisher sehr wirtschaftliche Frühjahrsfrucht aus der Fruchtfolge und macht unsere Felder wieder ein Stückchen ärmer.“

Apropos Geld: Nach der knappen Ernte 2018 sind die Getreidepreise gestiegen. Das verteuert die Futterkosten für ein Mastschwein um etwa 20 Euro gegenüber dem Vorjahr, rechnet Bauer Triebs. Gleichzeitig sind aber seit dem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in Belgien die Preise für Schweine eingebrochen. Für ein Mastschwein bekommt ein Verkäufer jetzt noch 120 Euro. 50 Euro hat ihn aber das Ferkel gekostet, etwa 70 Euro das Futter – „da bleibt für Personal, Strom, Heizung, Wasser, Reparaturen und ähnliches nichts mehr übrig“.

Dürre-Hilfe oft noch nicht ausgezahlt

Und noch einmal kommt Stefan Triebs aufs Geld zu sprechen: Für die Frühjahrsbestellung müssen die Betriebe Saatgut, Düngemittel, Pflanzenschutzmittel und Diesel bezahlen. Aber ein Großteil der Bauern hat die im vergangenen Herbst beantragten Dürre-Hilfsgelder immer noch nicht bekommen. „Eine unbürokratische Hilfe sieht anders aus“, ärgert sich Triebs.

Genau das sagt auch Sven Helm vom gleichnamigen Bauernhof im Königswarthaer Ortsteil Eutrich. Kornelia und Sven Helm haben die Dürreschäden für ihren Hof auf etwa 30.000 Euro berechnet. Fast 20.000 Euro mussten sie zum Beispiel ausgeben, um Futter für ihre Tiere dazu zu kaufen. Zugesagt wurde Helms eine Hilfe von 3.000 Euro – also ein Zehntel dessen, was sie 2018 verloren haben. Aber noch nicht einmal diesen Betrag haben sie bisher bekommen.

Gute Mitarbeiter helfen Krisen meistern

In Schmorkau bei Kamenz kannte Landwirt Robert Gierth extrem trockene Sommer schon von 2003 und 2006. Deshalb legt er jedes Jahr größere Reserven an Gras- und Maissilagen sowie Heu und Stroh zurück. Diese Vorräte halfen ihm über den Winter. Außer Stroh musste der Landwirt nichts zukaufen, musste sich auch nicht von Tieren trennen oder Mitarbeiter entlassen, berichtet er. „Mit guten Mitarbeitern lassen sich die meisten Krisen gut meistern“, sagt Robert Gierth, der 2016 beim Landeswettbewerb „Tiergerechte und umweltverträgliche Haltung von landwirtschaftlichen Nutztieren“ einen ersten Platz belegt hatte.

In diesem Jahr wird Gierths Landwirtschaftsbetrieb wohl einige Wiesen komplett neu anlegen müssen. Die Trockenheit hat ihnen zu stark zugesetzt. Erschwerend kommt dazu, dass Wildschweine die Grasnarbe umwühlen. Die größte Sorge aber ist eine, die Robert Gierth mit vielen Landwirten teilt. Wahrscheinlich würden viele diese Worte des Schmorkauers unterschreiben: „Wir hoffen, dass 2019 genügend Niederschlag zur richtigen Zeit fällt, denn noch so ein Jahr ist kaum zu überstehen.“