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Opfer der Prügelei fehlt vor Gericht

Erst mehr als drei Jahre nach der Schlägerei vor dem Roßweiner Club ist ein Mazedonier angeklagt. Aber offenbar ist er der Falsche.

Von Verena Toth
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Vor dem Club Roßwein hatte es im November 2015 eine Schlägerei zwischen einer Gruppe Asylbewerbern und Deutschen gegeben. Angeklagt ist nun ein Mazedonier.
Vor dem Club Roßwein hatte es im November 2015 eine Schlägerei zwischen einer Gruppe Asylbewerbern und Deutschen gegeben. Angeklagt ist nun ein Mazedonier. © Dietmar Thomas

Döbeln. Die Schlägerei vor dem Roßweiner Club hatte im November 2015 für viel Aufregung gesorgt. Eine junge Frau und ein junger Mann sollen nach dem Diskobesuch von einer Gruppe Asylbewerber angegriffen und verprügelt worden sein. Die Mitglieder des Bündnisses „Willkommen in Roßwein“ hatten sich im Nachgang darum bemüht, die Spannungen zu entschärfen. Das gelang jedoch offenbar nicht, denn nur knapp eine Woche später soll ein junger Mazedonier damit gedroht haben, den Club und die Security „kaputt zu machen“.

Wegen gefährlicher Körperverletzung, Androhung einer Straftat und Störung des öffentlichen Friedens sollte sich deshalb der heute 23-Jährige Mann vor dem Amtsgericht Döbeln verantworten. Mit Hilfe eines Dolmetschers äußerte sich der junge Mazedonier zu den vorgeworfenen Taten und bestritt aber , der Schläger gewesen zu sein. Auch die Drohung wollte er so nicht gesagt haben.

Etwas mühsam gestaltete sich für Jugendrichter Lutz Kermes die Rekonstruktion des Diskoabends. Der Angeklagte behauptete zunächst, von der Schlägerei vor dem Club gar nichts mitbekommen zu haben. Er beschrieb, dass er zuvor in der Disko lediglich eine Rempelei zwischen zwei Albanern und einem Deutschen beobachtet habe. „Ich wollte das klären und habe die Security-Leute daraufhin angesprochen.“ Dann sei er nach Hause gegangen und habe erst später von seinem Cousin gehört, dass es eine Schlägerei gegeben habe, bei der ein Deutscher verletzt worden sei.

Nach mehreren Nachfragen von Staatsanwältin Stefanie Hoelzner behauptete er plötzlich, gar keine Auseinandersetzungen weder vor noch in der Diskothek bemerkt zu haben. Erst nach einer Pause und einem klärenden Gespräch mit seinem Anwalt Jürgen Renz bestätigte er schließlich die erste Version seiner Geschichte. Er behauptete aber weiterhin, bei dem Vorfall vor der Disko nicht dabei gewesen zu sein.

Zwei der damals im Club beschäftigten Security-Mitarbeiter widersprachen dem aber in ihren Zeugenaussagen. Tatsächlich sei der Angeklagte, der als Anführer der Gruppe auftrat, unter den etwa zehn Asylbewerbern gewesen sein, die um das spätere Opfer herumstanden und den Angriff beobachtet hatten, waren sich beide sicher. „Er war auf jeden Fall dabei, geschlagen hat er den jungen Deutschen aber nicht“, so einer der beiden, ein heute 40-Jähriger. Er hatte bereits bei der polizeilichen Vernehmung kurz nach dem Vorfall den Täter auf einem Foto identifiziert. Auch den Angeklagten konnte er als Anführer der Gruppe wiedererkennen. Sein damaliger Security-Kollege sagte vor Gericht aus, dass der Mann der damals zugeschlagen habe, nicht im Gerichtssaal sitzt.

Die beiden Opfer konnten in der Verhandlung nicht befragt werden. Der junge Mann war trotz Vorladung gar nicht erst erschienen und muss deshalb ein Ordnungsgeld in Höhe von 300 Euro zahlen. Die betroffene Frau, die einen Tritt in den Bauch erlitten haben soll, wurde zu dem Gerichtstermin nicht eingeladen.

Angehört wurde aber die Sozialarbeiterin, die als Mitglied der Bündnisgruppe im damaligen Roßweiner Willkommenscafé mit dem Angeklagten über die Schlägerei gesprochen hatte. „Er war sehr aufgebracht und sagte, er wolle mit seinen Freunden zurück in den Club gehen und den Laden und die Security kaputt machen“, berichtete sie. Weil sie diese Aussage so beschäftigt hatte, suchte sie später das Gespräch mit anderen Bündnismitgliedern. Gemeinsam beschloss die Gruppe, die Androhung der Polizei zu melden.

Nach etwa zwei Stunden Verhandlung waren für die Staatsanwältin noch zu viele Fragen offen. Sie wollte weitere Zeugen hören und einen Fortsetzungstermin veranlassen. Der Verteidiger erläuterte dabei jedoch die schwierige Situation, in der sich der Angeklagte befände. Der Mann lebt mittlerweile wieder in seiner Heimat Mazedonien, ist verheiratet und hat drei Kinder. 

Weil er bei einem ersten angesetzten Gerichtstermin vor zwei Jahren nicht erschienen war, wurde gegen den jungen Mann ein Haftbefehl erlassen. Nachdem er im vergangenen Jahr seinen Bruder in Hamburg besucht hatte, durfte er wegen des bestehenden Haftbefehls und der noch ausstehenden Verhandlung nicht mehr in seine Heimat zurückkehren. „Mein drittes Kind ist inzwischen geboren worden, ich habe es noch nie gesehen“, sagte er vor Gericht.

Nach einem Gespräch hinter verschlossenen Türen einigten sich die Juristen darauf, das Verfahren auszusetzen. Der Haftbefehl wurde aufgehoben, zwei neue Verhandlungstage für Mitte August vereinbart. Zu diesen muss der Mazedonier wieder vor Gericht in Döbeln erscheinen. Außerdem sollen noch weitere Zeugen gehört werden.