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Pferdeverrückt in Colmnitz

Weil sich ihr Opa einen Kindheitstraum erfüllte, ist Anne-Kathrin Rössel heute Chefin des Reit- und Fahrvereins.

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Von Regine Schlesinger

Wo trifft man sich mit der Chefin eines Reit- und Fahrvereins am besten? Natürlich am Reitplatz. Der von Colmnitz liegt wunderschön mitten im Grünen an der Hofleite. Pferde sind allerdings weit und breit keine zu sehen. Der große Platz gehört ganz allein Dackeldame Lilly, die jeden Vogel anbellt, der leichtsinnigerweise in ihrer Nähe herumflattert.

„Den Platz bringen wir noch in Ordnung. Das ist Arbeit für die nächsten Wochenenden“, sagt Anne-Katrin Rössel, Besitzerin von Lilly und seit dem Vorjahr Vorsitzende des Colmnitzer Reit- und Fahrvereins. Der wird in diesem Jahr 40 – ein runder Geburtstag, den seine etwa 50 Mitglieder am zweiten Juniwochenende zusammen mit vielen Gästen feiern wollen. Dann werden auch Pferde den Reitplatz bevölkern, denn der Verein richtet am Jubiläumswochenende auch die Kreis-, Kinder- und Jugendspiele im Pferdesport aus.

Auch Anne-Katrin hat schon als Kind ihre Liebe zu den Tieren entdeckt. Schuld daran ist ihr Opa, der Colmnitzer Rudi Rössel, der im Januar seinen 100. Geburtstag feiern konnte. Als der Ofenbauer das Rentenalter erreichte, schaffte er sich Ponys an und unternahm Kutschfahrten. Davon habe er schon als Kind geträumt, sagt seine Enkelin. Sie fuhr, sobald sie alt genug war, mit ihrem Opa mit, durfte auch mal die Zügel halten oder auf einem der Ponys reiten. „Dabei habe ich aber bald gemerkt, dass mir der Reitsport mehr liegt als das Kutschfahren“, sagt die heute 35-Jährige.

Mit zehn fing sie mit dem Reiten richtig an und trat in den gerade gegründeten Reit- und Fahrverein ein. Der Verein ist aus der 1975 entstandenen Sektion Pferdesport der Colmnitzer Betriebssportgemeinschaft Aufbau hervorgegangen. Als Anne-Katrin Rössel 15 war, bekam sie ihr erstes eigenes Pferd, ein Reitpony namens Franky. Das bedeutete aber nicht nur Reitspaß, sondern auch jeden Tag nach der Schule Füttern und Putzen oder auch raus auf die Weide zum Zaunbauen. Gemacht hat sie das alles gerne. Die Verantwortung für ein Tier zu übernehmen, habe ihr sicher nicht geschadet, sagt Anne-Katrin Rössel.

Mit Franky bestritt sie noch im gleichen Jahr ihr erstes Turnier. Das ging leider daneben. „Ich war viel zu aufgeregt und bin rausgeflogen“, sagt die Colmnitzerin und lacht. Inzwischen hat sie bei zahlreichen weiteren Turnieren sachsenweit schon viele Schleifen geholt, wie viele genau, kann sie gar nicht sagen. Die Pferdesportlerin, im Hauptberuf wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Keramik, Glas und Baustofftechnik der TU Freiberg, bestreitet bis zur Turnierklasse A vor allem Vielseitigkeitsprüfungen, eine Disziplin des Pferdesports mit Dressur, Geländeritt und Springen. Zu Franky kam vier Jahre später Dublin hinzu, ein sächsisches Reitpferd, das sie sich zusammengespart hat. Dritte im Bunde ist seit 2012 Casalluise. Was sie am Pferdesport fasziniert, sei vor allem das Zusammenspiel von Ross und Reiter. „Und man hat es mit Lebewesen zu tun, von denen jedes seinen ganz eigenen Charakter hat“, ergänzt sie.

Zum Vorsitz im Verein kam sie, weil ihr Vorgänger, der Colmnitzer Eckhard Schmieder, nach 30 Jahren das Amt gerne abgeben wollte. Anne-Katrin Rössel hatte schon einige Jahre im Vorstand mitgearbeitet, nach und nach mehr Aufgaben übernommen, und als schließlich die Wahl anstand, „… gab es keinen Gegenkandidaten“, sagt sie und lächelt. Aber da sie sich auf einen aktiven Vorstand stützen könne, sei die Arbeit zu schaffen. Auch bei der Jubiläumsveranstaltung helfen viele mit, damit sie eine runde Sache wird. Und vielleicht kommen einige der jüngeren Besucher auf den Geschmack und entdecken, so wie einst Anne-Katrin Rössel, ihr Herz für die Tiere. Denn Nachwuchs kann auch der Reit- und Fahrverein immer gebrauchen.

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