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Wird Pirnas Markt endgültig autofrei?

Der Durchgangsverkehr soll vom Markt verbannt werden. Dafür gibt es jetzt einen neuen Vorstoß - zunächst für eine Testphase.

Von Thomas Möckel
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Verwaister Markt in Pirna im März 2020: Das Areal soll künftig auf Dauer verkehrsberuhigt werden.
Verwaister Markt in Pirna im März 2020: Das Areal soll künftig auf Dauer verkehrsberuhigt werden. © Norbert Millauer

Die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Einschränkungen bescherten auch Pirna einen noch nie da gewesenen Stillstand. Geschäfte, Lokale und Schulen schlossen für Wochen, kaum einer durfte raus, das öffentliche Leben lag brach.

Das verordnete Not-Aus wirkte sich auch auf den Straßenverkehr aus, Pirnas Straßen waren leer wie noch nie, ebenso die Parkplätze. Zu beobachten war das unter anderem am Markt, nur selten standen Autos dort, die meisten Stellflächen blieben verwaist. Ein Zustand, der nach dem Willen mehrerer Stadträte möglichst rasch wieder eintreten soll - und zwar auf Dauer.

Zwar rollt der Verkehr inzwischen wieder über den Markt, wenn auch eingeschränkt. Einige Stellplätze sind noch immer entfallen, weil die Gastronomen mehr Platz für ihre Außenbereiche bekamen. Doch in naher Zukunft soll hier möglichst nichts mehr rollen. Es ist ein schon seit Langem erklärtes Ziel, den Durchgangsverkehr vom Markt zu verbannen, auch die Zahl der Parkplätze soll reduziert werden.

In dieser Hinsicht gibt es nun einen neuen Vorstoß. Die Freien Wähler im Stadtrat beantragten, den Markt zunächst einmal versuchsweise für den Individualverkehr zu sperren und zu prüfen, wie sich dieser Zustand auf verschiedene Bereiche auswirkt. Sächsische.de erklärt die Details.

Was bezweckt der neue Antrag?

Nach dem Antrag der Freien Wähler soll der Stadtrat beschließen, den Markt sowohl für den ruhenden als auch für den fließenden Individualverkehr testweise zu sperren. "Wir wollen damit ergründen, ob und wie sich der Plan vom verkehrsberuhigten Markt realisieren lässt", sagt André Liebscher, Verfasser des Antrags. 

Vor allem soll der Verkehrsversuch ausloten, ob und wie die Pirnaer und ihre Gäste dieses Vorhaben akzeptieren, wie die Sperrung Einzelhandel und Gastronomie am Markt beeinflusst und wie sich der geänderte Verkehrsfluss auf das innerstädtische Verkehrsgefüge auswirkt.

Das Rathaus wird beauftragt, diesen Versuch vorzubereiten und das Konzept vor dem Start dem Stadtrat zu präsentieren. Die Abgeordneten werden in der Sitzung am 14. Juli über diesen Antrag entscheiden.

Wie soll die Testphase laufen?

Nach Aussage von Liebscher empfiehlt auch der Beirat für Stadtentwicklung und lokale Agenda diesen Versuch. Damit soll geprüft werden, ob der Markt dauerhaft für den Durchgangsverkehr gesperrt werden kann.

Während des Tests soll die Stadt sicherstellen, dass die dann erweiterte Fußgängerzone auch nur von jenen befahren wird, die dazu berechtigt sind, beispielsweise Lieferanten. Dies betreffe laut Liebscher vor allem den Obermarkt sowie die Flächen auf der Ostseite vor dem Standesamt. Zudem soll der Versuch nicht nur dazu dienen, den Durchgangsverkehr zu unterbinden, sondern auch zeigen, was nach dem Bauende der Südumfahrung 2023 ohnehin geplant ist: Ziel ist ein verkehrsberuhigter Markt mit einer ausgeweiteten Fußgängerzone.

Die bestehenden Parkplätze auf der Nordwestseite vor den Geschäften Schuh Eppstädt/Tchibo sollen während der Testsperrung erhalten bleiben. Der Anlieferverkehr müsse laut Liebscher mithilfe zeitlich begrenzter Liefer-Fenster gewährleistet werden. Ebenso sei sicherzustellen, dass Feuerwehr und Rettungsdienst den Markt jederzeit erreichen können.

Für den Zugangsverkehr zum Markt sollen während der Testphase Wendemöglichkeiten auf der Nordwestseite sowie an der Schlossstraße eingerichtet werden. Der gesperrte Bereich soll als Fußgängerzone beschildert werden. Für den Versuch schlägt Liebscher einen Zeitraum von zwölf Wochen vor.

Was sagt der Verkehrsentwicklungsplan zu dem Projekt?

In seinem Antrag bezieht sich Liebscher auf den Verkehrsentwicklungsplan 2030 (VEP), im April 2015 vom Stadtrat beschlossen. Dort sind diese Ziele im Wesentlichen schon manifestiert, allerdings ohne feste Zeitschiene.

Generell ist beabsichtigt, die Altstadt von Verkehr und Verkehrslärm zu entlasten, zudem soll die Aufenthaltsqualität für Pirnaer und Gäste im Zentrum gesteigert werden. Vor allem der Markt, so heißt es im VEP, sei hinsichtlich seiner Aufenthaltsqualität besonders bedeutsam. Werde er vom ruhenden und fließenden Individualverkehr befreit, werde dieser Ort nicht nur für die Außengastronomie attraktiver.

Ebenso ist im VEP vorgesehen, die Fußgängerzone auf die nordöstliche Seite (der Bereich vor dem Tom-Pauls-Theater und dem Standesamt) auszuweiten. Parkplätze soll es später nur noch auf der Nordwestseite geben - mit Zu- und Ausfahrt über die Badergasse.

Wie steht die Stadt zu dem Antrag?

Das Rathaus unterstützt den Antrag der Freien Wähler, zumal er in weiten Teilen den Zielen des VEP entspricht. Die künftig autofreie Fläche auf dem Markt soll nach Aussage der Stadt bei dem Versuch zunächst mit einem zeitlichen befristeten baulichen Eingriff dem fließenden Verkehr entzogen werden. Bestätigt der Rat den Antrag der Freien Wähler, will die Stadt ein entsprechendes Konzept für die Testphase einschließlich Zeitplan und Kosten vorlegen.

Wann soll der Test beginnen?

Der Zeitraum ist noch unklar. Die Stadt ihrerseits empfiehlt eine Testphase von mindestens sechs Wochen.

Um aussagefähige Daten zu erhalten, sei laut des Rathauses ein Zeitraum zu wählen, in dem keine anderen großen Bauvorhaben in der Stadt die Messergebnisse möglicherweise verfälschen könnten. Insbesondere sollte der Verkehrsfluss auf dem angrenzenden Straßennetz (Gorkistraße/B 172) nicht eingeschränkt sein. Auch dürfe der Versuch keine unnötigen Verkehrsbeschränkungen für die Altstadtbewohner und Gewerbetreibenden verursachen.

In Kürze funktioniert der Versuch demnach nicht: Die Stadtwerke Pirna sanieren bald einen Kanal auf der Barbiergasse, dafür ist eine Zufahrt aus Richtung Markt erforderlich.

Wenn es dann aber soweit ist, will Pirna die Auswirkungen der Sperrung auf den übrigen Verkehrsfluss in der Stadt mittels Zählung erfassen - um anhand dessen einzuschätzen, ob die Sperrung dann gleich dauerhaft bleiben kann, bevor die Südumfahrung fertig ist und dann ohnehin Durchgangsverkehr aus der Innenstadt abzieht - und der Markt dann als Verkehrsachse noch mehr an Bedeutung verliert.

Wie werden fehlende Parkplätze kompensiert?

Im VEP heißt es: um den Verkehr auf dem Markt zu beruhigen, soll die Zahl der Kurzzeit-Stellplätze reduziert werden. Künftig soll es dann nur noch etwa 20 dieser gebührenpflichtigen Parkplätze an der Nordwestseite (Tchibo) geben. 

Die entfallenen Stellplätze werden laut VEP durch jene an der Straße "Am Zwinger" kompensiert. Ob das funktioniert, ist allerdings fraglich: Zwar können Autofahrer am Zwinger derzeit noch beidseits der Trasse parken. Kommt aber wie vorgesehen die große Flutschutzwand für die Altstadt hinter dem Bahndamm, fallen die Parklücken auf der Bahnseite perspektivisch weg.

Die angespannte Parkplatzsituation auf Dauer entlasten könnten am besten ein neues Anwohner-Parkhaus an der Klosterstraße sowie ein neuer großer P+R-Parkplatz am Bahnhof. Beide Projekte sind zumindest in Planung.

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