SZ +
Merken

Polstern auf Französisch

Die Handwerkskammer Dresden schickt regelmäßig Lehrlinge ins Ausland. Damit können sie später punkten.

Teilen
Folgen
NEU!
© Sven Ellger

Von Jana Mundus

Was heißt Sessel auf Französisch? Wie lautet das Wort für Gardine? Laura Schrammel hatte keine Ahnung. Trotzdem arbeitete die 19-Jährige zwei Wochen lang in einer kleinen französischen Werkstatt in der Nähe von Nantes mit. Eigentlich macht sie im Moment eine Lehre als Raumausstatterin in den Bisch-Chandaroff Werkstätten in Dresden. Doch ihr Chef stellte sie für einige Wochen frei, damit sie ihren französischen Kollegen über die Schulter schauen kann. Eine Chance für ihre Zukunft.

In Sachen Nähmaschine musste Laura Schrammel erst einmal Überzeugungsarbeit leisten. „In Frankreich wird noch viel mit der Hand genäht“, schildert sie ihre Eindrücke. Als die Inhaberin der französischen Firma sie bittet, einen Vorhang zu säumen, setzt sich die Dresdnerin an die Nähmaschine. „Sie meinte allerdings, dass das nur mit der Hand perfekt wird.“ Letztlich konnte die Auszubildende sie allerdings vom Gegenteil überzeugen. „Das Raumausstatter-Handwerk in Frankreich ist noch sehr klassisch“, sagt sie. Die Franzosen würden extrem auf Qualität achten und dafür oft einiges an Mehraufwand in Kauf nehmen. „Das wird allerdings sehr geschätzt. Auch von den Kunden, die dafür gern mehr bezahlen.“

Den anderen Berufsalltag kennenlernen und die Scheu vorm Arbeiten im Ausland verlieren – das ist das Ziel des Auslandspraktikums der Handwerkskammer Dresden. Mehrmals im Jahr organisiert Ivana Purath Gruppenreisen. Sie schickt für die Handwerkskammer Friseurlehrlinge ins britische Cardiff, Anlagenmechaniker nach Paris oder Bäckerazubis ins französische Tours. „Ein Viertel ihrer Lehrzeit dürften die Auszubildenden im Ausland verbringen“, erklärt die Mobilitätsberaterin eine gesetzliche Festlegung. Natürlich nur, wenn der Ausbildungsbetrieb mitmacht. Die von der Kammer organisierten Praktika dauern zwei oder drei Wochen und werden durch ein europäisches Förderprogramm finanziell unterstützt. Knapp 1 000 Euro pro Teilnehmer können so übernommen werden. In den vergangenen Jahren haben schon 300 Lehrlinge am Programm der Handwerkskammer Dresden teilgenommen.

Die erste Woche verbrachten Laura und ihre Mitreisenden in einem Ausbildungszentrum für Raumausstatter in Tours. „Dort haben wir mit den französischen Lehrlingen im Unterricht gesessen und auch in der Freizeit viel mit ihnen unternommen“, erzählt sie. Schließlich waren sie auch im gleichen Internat untergebracht. Mit Olivia aus der Nähe von Nantes freundete sich Laura an. Ab der zweiten Woche wohnte sie bei ihr und ging mit Olivia in deren Ausbildungswerkstatt arbeiten. „Ihre Chefin und sie sind die einzigen im Betrieb“, erzählt Laura weiter. „Wir waren in den vierzehn Tagen so ein richtiger kleiner Weiberhaufen.“ Das Arbeiten habe viel Spaß gemacht, auch wenn es sprachliche Barrieren gab. Olivia beherrschte zwar Englisch, ihre Chefin aber nicht. „Aber es ist unglaublich, was man alles mit Händen und Füßen erklären kann.“

Genau diese Erfahrungen sind es, die die Lehrlinge auch für ihr späteres Berufsleben aus diesen Wochen mitnehmen können, sagt Ivana Purath. „Der Arbeitsmarkt wird immer internationaler. Wer solch ein Praktikum gemacht hat, verliert auch die Scheu vorm Arbeiten im Ausland und geht auf die ausländischen Kollegen anders zu.“ Ein Zeugnis, das die Teilnehmer am Ende ihres Aufenthalts erhalten, ist außerdem ein Plus für die Bewerbungsunterlagen.

Wer will, kann solch ein Praktikum auch individuell organisieren. Dann sind auch mehrere Monate Ausland möglich. „Das nutzen leider nur sehr wenige“, so die Beraterin. In den vergangenen Jahren waren es gerade einmal fünf Lehrlinge.

www.hwk-dresden.de