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Prager Professor verliebt sich in prächtiges Kaufmannshaus

Am 14. September öffnen viele Denkmäler ihre Türen. Erstmals präsentieren sich dabei Künstler. Die SZ stellt die Häuser vor. Heute: Innere Oybiner Straße 5.

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© SZ Thomas Knorr

Von Jan Lange

Egal ob man von der Inneren Weberstraße oder vom Stadtring her kommt, die Fassade des Hauses Innere Oybiner Straße 5 fällt aufgrund ihrer dunkelroten Farbe und der prächtigen barocken Gliederung sofort ins Auge. Daran wird sich auch nach dem Umbau nichts ändern. In wenigen Monaten werden in das alte Kaufmannshaus Studenten einziehen. Der Prager Professor Evzen Amler hat die Innere Oybiner Straße 5 im Vorjahr erworben und lässt sie nun zu einem Ort für die Wissenschaft umbauen. Künftig soll hier das studentische Unternehmen „Student Science s.r.o.“ ihren Sitz haben. Es wird eine Außenstelle des Firmensitzes in Horni Podluzi (Obergrund) sein. Gleichzeitig soll es ein wissenschaftlicher und kultureller Treffpunkt für Zittauer Studenten sein. Von außen ist derzeit noch nicht viel von den geplanten Umbaumaßnahmen zu sehen. Der Prager Professor hatte bereits vor Monaten eingeschränkt, dass alles nicht so schnell gehen würde, wie er es sich wünschen würde.

In das riesige Gebäude, das sich über einen Innenhof hinaus weit nach Osten erstreckt, kehrt auf jeden Fall wieder Leben ein. Denn die Namen an den Klingelschildern täuschen darüber hinweg, dass die geschichtsträchtigen Räume lange leer gestanden haben. Von den ältesten Bewohnern des Hauses ist überliefert, dass sie Tischler, Leineweber, Chirurgen und Glöckner waren. Der aus Weiden in der Oberpfalz stammende Kaufmann Johann Niclas Roscher erwarb das Objekt 1706 für 500 Reichstaler, eine für die damalige Zeit stattliche Summe. Roscher ließ das Gebäude daraufhin weitgehend neu errichten. „Das ehemals in der Haushalle angebrachte Datum 26. August 1709 verweist wohl auf die Vollendung“, vermutet Zittaus Museumsdirektor Marius Winzeler.

Die Geschäfte Roschers liefen blendend, sodass er bald weitere Gebäude erwerben und das luxuriöse Leben eines reichen Patriziers führen konnte. So gehörte ihm auch die auf dem Gelände der heutigen Hochschule gelegene Pfortmühle, an die er einen Festsaal anbauen ließ. Zudem legte er an der Äußeren Weberstraße einen prächtigen Lustgarten an. Roscher, der auch Mitglied des Stadtrates war, starb im Jahr 1749. Sein gleichnamiger Sohn führte das Handelshaus auf der Inneren Oybiner Straße, die seinerzeit noch Weidengasse hieß, weiter. 1763 wurde das Gebäude für die stolze Summe von 2 500 Reichstaler verkauft und wechselte in den folgenden Jahrhunderten öfter den Eigentümer. Meist handelte es sich dabei um Kaufleute.

Bis heute hat das Haus seine barocke Gestalt weitgehend bewahrt, nur das hohe Dach wurde im späten 19. Jahrhundert zu einem weiteren Wohngeschoss ausgebaut. Im Innern sind die großzügigen Warengewölbe im Erdgeschoss ebenso erhalten wie eine prachtvolle barocke Wendeltreppe in die Obergeschosse. Schönstes Element aus der Zeit Roschers ist die Stuckdecke im Hauptsaal des ersten Obergeschosses. Auch wegen dieser baulichen Besonderheiten hatte sich Professor Amler glattweg in das Haus Innere Oybiner Straße 5 verliebt.