SZ +
Merken

Raußlitz will Rathaus

Im Nossener Rathaus wird es eng, in Raußlitz stehen dagegen Räume leer. Zeit für eine Außenstelle, sagen Stadträte.

Teilen
Folgen
NEU!
© hübschmann

Von Christoph Scharf

Eine abgewandelte Form der Bonn-Berlin-Debatte wird ziemlich heftig in Nossen geführt. Dabei geht es um die Frage, ob man die Verwaltung der seit Jahresbeginn größeren Stadt in Nossen konzentriert – oder ob Raußlitz, dem alten Verwaltungssitz von Ketzerbachtal, eine Außenstelle bekommt. Die ideale Lösung, sagen manche Stadträte. Völliger Quatsch – hält Bürgermeister Uwe Anke (parteilos) dagegen.

Die Entscheidung drängt: Denn der Personalrat der Verwaltungsmitarbeiter hat sich mit einem Brandbrief an die Stadträte gewandt, in dem er unzumutbare Arbeitsbedingungen im Nossener Rathaus beklagt. Seit der Fusion mit Ketzerbachtal und Leuben-Schleinitz müssen sich dort deutlich mehr Mitarbeiter die beengten Räume teilen. Fast jedes Büro ist doppelt oder dreifach belegt, weil 14 ordentliche Arbeitsplätze fehlen. So wurden sogar im Pausenraum fünf Schreibtische aufgestellt – gefrühstückt wird dafür im Ratssaal.

Um das Problem zu lösen, plant die Stadt Nossen eine Erweiterung des Rathauses am Markt. Dafür sollen zwei benachbarte Gebäude abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Laut Bürgermeister Anke ist die geplante Erweiterung keine direkte Folge der Fusion – sie wäre ohnehin früher oder später auf den Tisch gekommen, da das denkmalgeschützte Rathaus längst nicht mehr ausreiche.

Doch so ein Neubau wird teuer. Nach derzeitigen Planungen kalkuliert die Verwaltung dafür deutlich mehr als eine Million Euro. Vor allem aber ist er nicht von heute auf morgen zu stemmen – selbst unter optimalen Bedingungen wird wohl nicht vor 2015 neu gebaut. „Die Raumnot im Rathaus ist aber akut“, sagt der scheidende Stadtrat Peter Wunderwald (Grüne). „Mir ist eine starke Außenstelle in Raußlitz wichtig.“ Ohnehin stelle sich die Frage, wie es mit dem einstigen Gemeindeamt weitergehen solle. Derzeit ist dort eine Außenstelle des Einwohnermeldeamts samt Bürgerbüro untergebracht. „Die bleibt so lange dort, wie sie genutzt wird“, versichert Bürgermeister Anke. Den Erfahrungen anderer Kommunen nach dauere es nur einige Jahre, bis niemand mehr komme – und man sich eine Außenstelle sparen könne.

Außenstelle hin oder her: Umgehend sei eine Lösung für die Enge im Nossener Rathaus nötig, sagt Stadtrat Tino Weinhold (Bürgerinitiative Ketzerbachtal). „Wir müssen über unseren Schatten springen.“ Ähnlich sieht es Rico Pampel (Freie Wählergemeinschaft). „Anderswo trennt man doch auch die Ämter zeitweise räumlich auf – etwa in Klipphausen oder im Landratsamt.“

Darauf angesprochen reagiert Bürgermeister Uwe Anke allerdings gereizt. „Allen Erfahrungen nach ist so eine Ämter-Aufteilung für alle Beteiligten der reine Horror!“ Ein Auseinanderreißen der Mitarbeiter bringe ausschließlich Nachteile mit sich. Die Umzugskosten seien dabei noch das Geringste. Vor allem aber seien die Arbeitsfelder der einzelnen Mitarbeiter so miteinander verflochten, dass man nicht ein Amt in einen anderen Ort versetzen könne, ohne massive Schwierigkeiten zu provozieren. „Dabei können unsere Mitarbeiter jetzt schon vor lauter Arbeit kaum aus den Augen schauen.“ – Stadtrat Michael Thiel (Bürgerinitiative Ketzerbachtal) erinnert daran, dass man der Fusion mit Nossen nur unter der Zusage vernünftiger Arbeitsbedingungen für die Verwaltung zugestimmt habe. „Wir wurden beschwindelt!“

Am Ende einer heftigen Diskussion im Nossener Stadtrat setzte sich allerdings eine deutliche Mehrheit gegen sieben Neinstimmen durch: Ein Planungsbüro kann jetzt den Erweiterungsbau des Nossener Rathauses planen. Gleichzeitig ist die Stadt nach zwei geplatzten Verhandlungen mit einem dritten Interessenten für das alte Gemeindeamt in Raußlitz im Gespräch – selbst ein Verkauf ist nicht ausgeschlossen.