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Rechte trainieren in Ostritz den Nahkampf

Beim "Kampf der Nibelungen" wird es am 12. Oktober im Hotelgelände an der Neiße nicht um Sportsgeist gehen. Was wirklich hinter der Veranstaltung steckt.

Von Jana Ulbrich
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Rechtsextreme beim "Schild und Schwert"-Festival 2018 in Ostritz. Da gab es bereits "Nibelungen"-Kämpfe.
Rechtsextreme beim "Schild und Schwert"-Festival 2018 in Ostritz. Da gab es bereits "Nibelungen"-Kämpfe. © Paul Sander

Sie nennen es "Kampf der Nibelungen". Das hört sich so schön germanisch an. Aber um Sportsgeist allein wird es nicht gehen, wenn sich am 12. Oktober wieder hunderte Anhänger der rechtsextremistischen Szene in Ostritz treffen. Diesmal werden es vor allem die extrem Gewaltbereiten sein, die sich auf dem Gelände des Hotels Neißeblick in Zweikämpfen messen oder bei dem martialischen Treiben zuschauen wollen. 

Der "Kampf der Nibelungen" ist die größte rechtsextremistische Kampfsport-Veranstaltung Deutschlands. Kämpfer und Fans aus ganz Europa werden erwartet - und  die Elite des militanten Neonationalsozialismus. Eingeladen wird ganz offiziell übers Internet: "Junge Deutsche", sind willkommen, "die die Hingabe und die Begeisterung für ihren Sport eint." 

Auf der Webseite der Veranstalter wird auch gar nicht erst ein Hehl daraus gemacht, dass es für die Teilnahme kein Bekenntnis zur freien demokratischen Grundordnung braucht. Im Gegenteil: Der "Kampf der Nibelungen", so steht dort, wolle den Sport "nicht als Teil eines faulenden politischen Systems verstehen", sondern eine "Alternative" dazu "etablieren und in die Breite tragen."

"Und genau das ist der eigentliche Hintergrund", sagt der Rechtsextremismus-Forscher Robert Claus aus Hannover, der sich seit Jahren mit der rechtsextremen Hooligan- und Kampfsport-Szene beschäftigt. Anfangs, sagt Claus, seien die Nibelungen-Kämpfe noch geheime Insider-Treffen in Westdeutschland gewesen. Inzwischen werden die Videos ganz unverhohlen im Netz zur Schau gestellt. 2017 erreichte die Veranstaltung bereits 500 Zuschauer. Im vorigen Oktober in Ostritz kamen schon mehr als 800. Die sechste Auflage des Nibelungen-Kampfes wird am 12. Oktober erneut in Ostritz stattfinden. Die Sitzplätze sind schon ausverkauft. 

"Die Naziszene hat gezielt in den Kampfsportbereich investiert", sagt Robert Claus. Vorbild und über Jahre auch Mitorganisator ist der russische Neonazi Denis Kapustin mit seiner Marke „White Rex“. Auch er wurde 2018 in Ostritz gesehen, hat jetzt für Deutschland aber ein Einreiseverbot. Die Events dienen der Finanzierung und immer besseren Vernetzung der Szene, erklärt Claus. Sie dienen vor allem aber auch der Rekrutierung junger, gewaltbereiter Anhänger. Beim Landesamt für Verfassungsschutz wird eingeschätzt, dass sich der „Kampf der Nibelungen“ mittlerweile organisationsübergreifend als eine der zentralen und identitätsstiftenden Veranstaltungen der rechtsextremistischen Szene in Deutschland etabliert hat.

Robert Claus spricht dabei von einer nicht zu unterschätzenden Gefahr: "Die Teilnehmer lernen,  wie man den Gegner im Zweikampf besiegt - und ausschaltet", erklärt er. "Das ist Training für den Straßenkampf, auch wenn das so explizit nicht im Netz geäußert wird." Robert Claus hat daran keinen Zweifel: "Die Szene bereitet sich auf den viel beschworenen 'Tag X' vor, den Tag der Machtübernahme, an die sie glaubt."

Ostritzer wollen mit fairem Sportfest kontern

Das Team vom Ostritzer Friedensfest wird den gewaltbereiten Rechtsextremen auch diesmal nicht das Feld überlassen. Zwar wird es die Stadt nicht verhindern können, dass Hotel-Inhaber Hans-Peter Fischer das Grundstück an der Neiße wiederholt für die Kampfsport-Veranstaltung vermietet, aber ihren Marktplatz wollen die Ostritzer auch diesmal wieder demonstrativ besetzen. Unter dem Motto "Sport und Spaß statt Wut und Hass" soll es ein buntes Programm rund um Sport und Spiel geben - mit einem Weykick- und  einem Crossboulturnier, mit Tischtennis, Tango, Yoga und vielem mehr.

Die Aktionen, mit denen die Friedensfest-Organisatoren gegen die Neonazi-Treffen in ihrer Stadt protestieren, haben inzwischen schon weltweit für Aufmerksamkeit gesorgt.  Beim letzten Mal im Juni hatten die Ostritzer den Teilnehmern des rechtsextremen "Schild und Schwert"-Festivals kurzerhand die einzige Alkohol-Quelle trocken gelegt, indem sie im einzigen Einkaufsmarkt der Stadt sämtliche Biervorräte aufkauften. Der "Bierkauf von Ostritz" machte Schlagzeilen. Für ihre Zivilcourage bei der "subversivsten Einkaufstour der Welt" hatte ein Schweitzer Online-Magazin den Ostritzern den "Preis der Republik" verliehen.

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