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Reden wir über 2020, Herr Geisler

20 Fragen für 2020: Heute beantwortet von Thomas Geisler, Chef des Dresdner Kunstgewerbemuseums.

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Thomas Geisler ist seit Juli 2019 Direktor des Kunstgewerbemuseums im Schloss Pillnitz.
Thomas Geisler ist seit Juli 2019 Direktor des Kunstgewerbemuseums im Schloss Pillnitz. © Bildstelle

Thomas Geisler ist seit Juli 2019 Direktor des Kunstgewerbemuseums der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden im Schloss Pillnitz. Zuvor war er Leiter der Sammlung Design im Museum für angewandte Kunst (MAK) in Wien und Geschäftsführer des Werkraums Bregenzerwald. Der Kurator und Kulturmanager vom Jahrgang 1971 arbeitete als Keramiker und Produktgestalter, ehe er als Ausstellungsmacher und Autor ins theoretische Fach wechselte. Er begründete die Vienna Design Week mit, gehört internationalen Gremien an und kuratierte 2019 die BIO26 in Ljubljana, Europas älteste Design-Biennale.

1. Mit wem würden Sie gerne mal für ein Jahr tauschen?

Vielleicht mit einem Taxifahrer in Dresden. Das wäre die schnellste Art, die Stadt und ihre Leute kennenzulernen. Die Passagiere bräuchten jedoch etwas Geduld mit meinen Ortskenntnissen.

2. Welches Kulturereignis in Sachsen ist jetzt schon rot in Ihrem Kalender markiert?

Ganz fett markiert ist natürlich der Saisonstart des Kunstgewerbemuseums in Schloss Pillnitz am 24. April mit einer Ausstellungseröffnung zur Designerin Christa Petroff-Bohne, die viel für die DDR-Industrie entworfen und Generationen von Gestalterinnen und Gestaltern durch ihre Formenlehre an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee beeinflusst hat. Später in der Saison folgt die Wiedereröffnung der restaurierten und neu eingerichteten Weinlig-Zimmer als „Kaiserzimmer“ im frühklassizistischen Stil.

3. Welcher Feiertag sollte in Sachsen eingeführt werden?

Der österreichische Nationalfeiertag am 26. Oktober, da konnte ich immer in meinen Geburtstag hineinfeiern.

4. Welches Wort wollen Sie 2020 nicht mehr hören und lesen?

Alles was mit „-exit“ endet. Meine Generation hat mit der Öffnung der Grenzen und dem Zusammenwachsen Europas enorm viel Freiheit in Ausbildung, Berufs- und Lebensplanung erleben dürfen. Es wäre traurig, wenn diese Möglichkeiten zukünftigen Generationen verwehrt, zumindest aber erschwert würde.

5. Welche Schlagzeile würden Sie gerne über Sachsen lesen?

Der Staatsschatz ist wieder komplett – die Juwelen sind zurück im Grünen Gewölbe!

6. Was wünschen Sie sich von der Sächsischen Zeitung?

Eine fundierte Berichterstattung und eine kritisch-objektive journalistische Haltung, die das Blatt prägt und lesenswert macht. Weniger heiße und mehr spitze Feder täte der Glaubwürdigkeit der gesamten Medien- und Nachrichtenbranche ganz gut.

7. Welche Drogen sollten Ihrer Meinung nach legalisiert werden?

Bevor über Legalisierung gesprochen wird, sollte über Bagatellisierung oder Kriminalisierung gesprochen werden. Alkoholkonsum und Rauchen sind nachweislich schädigend, während Cannabis eine medizinische Wirkung haben kann. Verbote sind meist nur vordergründige Lösungen und beflügeln erst recht die Kriminalisierung.

8. An welcher Demonstration werden Sie sich beteiligen?

Wenn es um die Einschränkung der Menschen- und Bürgerrechte im eigenen Land geht – oder wenn die Politik den Klimawandel nicht ernst nimmt.

9. Auf welche Begegnung sind Sie besonders neugierig?

Zufällige, nicht planbare und erwartungsschwangere Begegnungen finde ich spannend, meist mit Menschen, die ich noch nicht kenne.

10. Welche Aktien werden Sie kaufen?

Keine. Aber ich spekuliere gerne in die Zukunft, allerdings nicht mit Kapital, sondern kreativen Köpfen.

11. Wovon wollen Sie sich ganz dringend trennen?

Von unnötigen Pfunden, ob am eigenen Körper oder in der Wohnung – ein alljährlicher Jahresvorsatz, der dem Grundsatz folgt „less is more“. Ich gebe zu, an Disziplin fehlt es bisweilen. Mit dem Alter kommt aber die Erkenntnis, dass es nicht um Verzicht geht, sondern um weniger Ballast.