Von Anja Gail
Inzwischen hat das Dynamofieber auch die Männer im Reichenbacher Sportverein angesteckt. Die Kinder sind schon lange aufgeregt, erzählt Fußballer und Trainer Timo Winterstein, der die Kontakte nach Dresden hält. Seit die Kinder wissen, dass sie mit den Traditionsspielern und den Fußballern aus Reichenbach auf dem Sportplatz einlaufen und die Bälle holen, ist das ständig ein Thema.
Am Sonnabend um 18 Uhr ist es so weit. Fußballfans vor Ort hoffen gespannt, dass altbekannte Spieler aus dem Dynamo-Kader in Reichenbach dabei sein werden. Torsten Gütschow und Dixi Dörner kommen auf jeden Fall, sagt Timo Winterstein.
Der 47-Jährige hat zwar selbst schon mal vor drei Jahren mit einigen Dynamo-Größen in Dresden bei einem Benefizspiel auf dem Rasen gestanden. Aber jetzt, wo sein Verein am Wochenende 60 Jahre Fußball in Reichenbach feiert, sei das schon eine besondere Sache. Für Timo Winterstein ist es auch ein persönliches Abschiedsspiel. Wenn die neue Saison losgeht, wechselt er als Trainer nach Ludwigsdorf.
Programm 60 Jahre Fußball
In Reichenbach hat er mit wenigen Unterbrechungen fast durchweg seit 39 Jahren Fußball gespielt. Ohne die Toleranz seiner Frau Michaela hätte das nicht funktioniert, sagt er. Denn von 25 Jahren Ehe habe er 23 Jahre auf dem Fußballplatz gestanden. Dynamofan sei er dabei von Geburt an. Das habe er seinem verstorbenen Bruder zu verdanken. Timo Winterstein hat 1976 als Neunjähriger mit Fußballspielen in Reichenbach angefangen. Aus dieser Zeit stammt auch das Foto mit den Jungs vor der Sportlerklause. Das Gebäude mit dem Gastraum war 1977 eingeweiht worden. Sein erster Trainer damals, Peter Rudolph, sei auch heute noch, mit 70 Jahren, aktiv beim Tischtennis. Bevor es in Reichenbach um 1955 mit Fußball losgegangen war, wurde in der Kleinstadt vor allem Handball gespielt. Später kam unter anderem Kegeln dazu. „Als ich 13 war, hat mich mein Bruder, der seine Lehrstelle damals in Dresden hatte, zum ersten Mal mit ins Stadion mitgenommen“, erzählt Timo Winterstein. Von da an sei er nicht mehr losgekommen. Wenn zu Hause gar nichts mehr als Druckmittel funktionierte, so hatte seine Mutter mit einem angedrohten Fußballverbot Erfolg. Manchmal musste das wohl auch sein, sagt der Reichenbacher, denn in der Schule sei es nicht immer so rund gelaufen wie auf dem Rasen.
Doch das sei lange her. Bis heute spielt er bei den Alten Herren und trainiert die erste Männermannschaft. Mitunter musste er auch nach Sohland und Meuselwitz ausweichen, je nachdem, ob genug Spieler in der jeweiligen Altersklasse da waren. Die Nachwuchssorgen gibt es schon seit Jahren. Aber das sei heute noch schwieriger geworden. Spielergemeinschaften seien zwar eine Alternative, aber dadurch würden auch gute Nachwuchsspieler den eigenen Verein verlassen. Um so wichtiger sei es, ihnen gute Bedingungen zu bieten. Wenn die Dynamospieler übermorgen nach Reichenbach kommen, werden sie noch mit den alten Sportanlagen vorlieb nehmen müssen. Es sei alles in Ordnung, aber in die Jahre gekommen. Inzwischen gibt es Pläne, das alles zu erneuern.
Damit auch die Gäste sehen, wie alles angefangen hat und gewachsen ist, hat Timo Winterstein eine kleine Zusammenstellung mit Fotos und anderen Dokumenten vorbereitet. Historische Aufnahmen, wie die aus dem Jahr 1955 von der ersten Männermannschaft, als das Team noch unter „Chemie Reichenbach“ bekannt war, werden auf jeden Fall dabei sein. Besonders verdient gemacht um den Reichenbacher Fußballsport habe sich der ehemalige Trainer und Schiedsrichter Rainer Böhm. Er wurde auch zum Ehrenpräsidenten des Vereins ernannt. Heute zählt die Abteilung Fußball, die von Timo Winterstein geleitet wird, 110 Kinder, Jugendliche und Erwachsene bis zur Kreisliga. Der Aufstieg in die Bezirksklasse 2009 war genauso ein Meilenstein wie der Aufbau eines Frauenteams. Am Sonnabend werden sich in der Reichenbacher Auswahl aber die Männer gegen die Dresdener anstrengen müssen. „Es sind Spieler dabei, die sich diese Anerkennung verdient und die viel Spaß daran haben werden“, sagt Timo Winterstein.