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Zittaus bekannte Denkmalschützerin ist tot

Die Mandaukaserne war für Renate Weber zu einer Art Lebensaufgabe geworden. Nun ist sie nach einer schweren Erkrankung verstorben.

Von Jan Lange
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In den letzten Jahren hat sich Renate Weber für die Rettung der Mandaukaserne engagiert.
In den letzten Jahren hat sich Renate Weber für die Rettung der Mandaukaserne engagiert. © Matthias Weber

Von ihrer schweren Krankheit ließ sich Renate Weber, Jahrgang 1944, nicht stoppen. Noch im Januar forderte sie, die Mandaukaserne zu einem trinationalen Zentrum zu machen. Zittau als Kulturhauptstadt würde das gut zu Gesicht stehen, da es ihrer Meinung nach in der Stadt kein ähnliches Gebäude mit dieser Ausstrahlung gibt. Das markante Gebäude am Martin-Wehnert-Platz ist für Renate Weber zu einer Art Lebensaufgabe geworden. Als Mitglied der Bürgerinitiative "Bessere Mitte" hat sie sich für die Rettung der Mandaukaserne eingesetzt - und das nicht nur mit Worten. So organisierte sie unter dem Motto "Stricken für die Mandaukaserne" Häkel- und Strickaktionen, deren Einnahmen dem Baudenkmal zugute kamen. Erst beim letzten Zittauer Weihnachtsmarkt verkaufte sie wieder selbst gehäkelte Mützen und Schals. Im Vorjahr wechselte die engagierte Zittauerin auch über 180 kaputte Scheiben des riesigen Gebäudes aus. Nun müssen die Bürgerinitiative und das Stadtforum Zittau ohne Renate Weber weiter für den Erhalt der Mandaukaserne streiten. Denn am 15. März ist sie mit 75 Jahren an den Folgen ihrer schweren Erkrankung verstorben. 

"Sie war eine überaus kluge und gebildete Frau, wusste durch ihr umfassendes Wissen rund um die Stadtgeschichte und Geschichten Zittaus, welchen wichtigen Stellenwert diese Stadt im Dreiländereck für den Landkreis Görlitz, den Freistaat Sachsen, national und international hat", beschreibt Elke Fasler die Verstorbene, mit der sie sich oft zu Hause getroffen und Ideen entwickelt hatte. Aber es waren nicht nur Gespräche im Kleinen, Renate Weber konnte alle an einen Tisch bringen, Einzelhändler, renommierte Wissenschaftler, Vertreter der Industrie- und Handelskammer, Denkmalschützer, Zittauer Unternehmer und ganz normale Bürger. Mit ihnen gemeinsam entwickelte sie Ideen für die Zukunft der Stadt. Und die sah die frühere Deutsch- und Sportlehrerin keinesfalls in der Errichtung moderner Häuser. Gegen das geplante Fachmarktzentrum an der Albertstraße hat sie heftig protestiert, sogar Mahnwachen gehalten. Die alte Bausubstanz sollte vielmehr erhalten werden. Das galt für sie nicht nur bei der Mandaukaserne, sondern auch für die zahlreichen anderen historischen Gebäude in der Stadt. Sie entrümpelte das eine oder andere Haus auf eigene Faust - ohne dabei auf die eigene Gesundheit zu achten. "Ihre tiefste Überzeugung war, dass Zittau über ein großes Potenzial verfügt und sie schonte keine Mühe und am wenigsten sich selber, um detailliert und mit konkreten Fakten aufzuzeigen, warum und wie der Reichtum an historischen Baudenkmälern im Zusammenhang mit Zittaus hochwertigen Kunst-, Kultur– und Bildungsmöglichkeiten für den Fortschritt der Stadt in all seiner Bandbreite genutzt werden kann und muss", berichtet Elke Fasler. Als begeisterte Demokratin habe sie alle Möglichkeiten genutzt, um den Oberbürgermeister und die Stadträte auf Missstände aufmerksam zu machen. "Dabei ging es ihr nie einseitig darum zu kritisieren, sondern sie packte persönlich an und beseitigte unter anderem Hundekot und Dreck von den Straßen", weiß Frau Fasler. Bereits zu DDR-Zeiten fuhr sie nach Berlin und beschwerte sich dort, dass man die Stadt Zittau verlottern lasse. 

"Mit bewundernswerter Hartnäckigkeit, einer seltenen Geradlinigkeit und mitreißendem Optimismus hat sie ihre Mitmenschen begeistert – selbstlos, uneitel, mit einer tief berührenden Herzlichkeit zum Wohl der Stadt Zittau und der hier lebenden Menschen", sagt ihre Bekannte. Dabei war es Renate Weber unwichtig, ob sie sich mit ihrem Einsatz beliebt machte oder aneckte. Mancher mag die Strickaktionen belächelt haben, aber am Ende zählte das Ergebnis. Elke Fasler findet, dass Renate Weber eine postume Ehrung im Goldenen Buch der Stadt Zittau verdient hätte. Und dass man ihre Stadtentwicklungsvorschläge nochmal prüfen und bestmöglich vollenden sollte. "Das ist eine große Herausforderung, aber lohnenswert für die Zukunft Zittaus", steht für Frau Fasler fest.

Dass sich Renate Weber so stark für die Mandaukaserne einsetzte, lag auch an der besonderen Beziehung, die sie zu diesem Haus hatte. Ihre Mutter war nach dem Krieg Lehrerin an der Parkschule und unterrichtete dort auch viele Kinder, deren Familien aus den heute polnischen und tschechischen Gebieten vertrieben wurden und die in der Mandaukaserne Unterschlupf fanden.

Am Freitag, um 10.30 Uhr, gibt es im Zittauer Krematorium eine Abschiedsfeier für Renate Weber. Die Urnenbeisetzung wird zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden.

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