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Restaurant weg – Geld futsch

Ein Dorfclub hat im Dezember Gutscheine bei einem Bautzener Lokal gekauft, das nun geschlossen ist. Was nun?

Von Theresa Hellwig
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Steffi Günther und die Mitglieder des Dorfclubs Drauschkowitz-Brösang sind wütend. Mit den Gutscheinen wollten sie sich im griechischen Restaurant auf der Bautzener Schloßstraße belohnen – nun bleiben sie auf den Kosten sitzen.
Steffi Günther und die Mitglieder des Dorfclubs Drauschkowitz-Brösang sind wütend. Mit den Gutscheinen wollten sie sich im griechischen Restaurant auf der Bautzener Schloßstraße belohnen – nun bleiben sie auf den Kosten sitzen. © Carmen Schumann

Bautzen. Es ist keine kleine Summe, um die sich ein Dorfclub betrogen fühlt. Es geht um 300 Euro, die dem Verein einen schönen Tag ermöglichen sollten. 300 Euro, von denen sich die Clubmitglieder Gutscheine bei einem griechischen Restaurant auf der Schloßstraße in Bautzen holten und sie sich zu Weihnachten schenkten. Nun ist das Restaurant geschlossen – und damit das Geld verschwunden.

Steffi Günther redet schnell, sie ist aufgebracht. Ihr Dorfclub engagiert sich ehrenamtlich, organisiert Fußballturniere, Kinder- und andere Dorffeste. Auch am kommenden Sonnabend stehen die 14 Mitglieder wieder früh auf, nehmen Besen und Schleifpapier in die Hand, greifen zu Farbeimer und Pinsel und hübschen das Vereinshaus am Sportplatz in Drauschkowitz in der Gemeinde Doberschau-Gaußig zwischen Bischofswerda und Bautzen auf. Die Gutscheine, das gemeinsame Essen beim Griechen – das haben sich die Mitglieder gegenseitig geschenkt: eine Art Belohnung für die getane Arbeit. Seit fast zwanzig Jahren gibt es den Verein, schon lange ist das Gutschein-Schenken Tradition.

Restaurant nicht lange offen

Stutzig wurde Steffi Günther, als sie einen Tisch reservieren wollte. Mehrfach ließ sie das Telefon klingeln – doch sie erreichte niemanden in dem Restaurant. Als sie beschloss, persönlich vorbeizuschauen, stand sie vor verschlossenen Türen – das Licht in der Bautzener Gaststätte war ausgeschaltet. Nach Betrieb sah es darin nicht aus. Nur noch die Schilder an dem Gebäude deuten darauf hin, dass hier bis vor Kurzem das Restaurant „Der Grieche“ war.

„Wir haben die Gutscheine im Dezember gekauft“, sagt die stellvertretende Vorsitzende des Dorfclubs. „Es kann doch nicht sein, dass der Restaurantbetreiber da noch nicht wusste, dass er zum Januar schließen würde“, vermutet sie. Erst vor gut einem halben Jahr hatte das Lokal seine Pforten geöffnet.

„Das Restaurant hat in einer Nacht- und Nebel-Aktion geschlossen“, sagt Karsten Hermann, Geschäftsführer des Bautzener Brauhauses und Pächter des Gebäudes in der Schloßstraße. In seiner Stimme klingt Missmut mit. Mit dem Restaurantbetreiber steht er nach eigenen Angaben über einen Anwalt in Kontakt.

Betreiber nicht erreichbar

„Ich habe mir die Gutscheine noch einmal angesehen“, erzählt Steffi Günther, „und bin stutzig geworden. Es stehen keine Angaben zum Namen oder Kontaktdaten auf dem Gutschein.“ Im Internet lassen sich diese Angaben zwar finden, aber auch für die Sächsische Zeitung war der Restaurantbetreiber weder per Telefon noch per Mail zu erreichen. Tatsächlich hat der Inhaber das Gewerbe bei der Stadt zum 1. Januar dieses Jahres abgemeldet. Gründe hat er dafür nicht angegeben.

Welche Möglichkeiten haben denn Verbraucher in Fällen wie diesen? „In der Regel sind Gutscheine drei Jahre gültig“, erklärt Michael Hummel, Referatsleiter Recht von der Verbraucherzentrale Sachsen. „Solange haben Verbraucher auch das Recht, ihre Leistung einzufordern.“ Das gilt auch, wenn ein Lokal in der Zwischenzeit schließt. „Manche Restaurants eröffnen eine neue Gaststätte oder haben noch andere Filialen“, sagt der Experte. In solchen Fällen ist es einfach: Die Gutscheine gelten dort. Wenn das nicht der Fall ist, sollten Personen, die Gutscheine erworben haben, versuchen, den Inhaber des Restaurants herauszufinden. Per Brief sollten sie ihm eine Frist für die Zahlung setzen und dabei eine Kontoverbindung mitteilen. Klappt das nicht, empfiehlt Michael Hummel, einen Anwalt zu nehmen. „Die Chance, Recht zu bekommen, ist groß“, sagt er. Einen kleinen Haken allerdings gibt es: „Ist der Inhaber des Lokals insolvent, gibt es wenig Chancen auf das Geld.“ Hier sollten sich Verbraucher vorher gut informieren, denn die Gerichtskosten müsse zwar der unterlegene Gegner zahlen – hat der aber kein Geld, muss der Kläger vorstrecken. „Im Zweifel bleibt man dann nicht nur auf den Kosten für den Gutschein, sondern auch auf den Gerichtskosten sitzen – und ein Rechtsstreit ist teuer“, bringt Michael Hummel das ernüchternde Fazit auf den Punkt. Und: „Ohne Gericht funktioniert es meistens nicht.“

Hinweise auf eine Insolvenz scheint es im Falle des griechischen Restaurants in Bautzen nicht zu geben: Weder die Wirtschaftsauskunftei Creditreform vermeldet dies, noch befindet sich der ehemalige Restaurantinhaber unter den Insolvenzbekanntmachungen im Internet.

Die Gutscheine des Dorfclubs Drauschkowitz-Brösang liegen mittlerweile bei der Polizei. Die Mitglieder haben eine Anzeige aufgegeben. Möglicherweise gibt es den Verdacht eines Betrugs, sagt die Polizeidirektion Görlitz. „Es gilt nun zu klären: Wusste der Betreiber beim Verkaufen der Gutscheine, dass er schließt, – oder nicht?“, sagt Polizeisprecher Thomas Knaup.

Die Dorfclub-Mitglieder haben ihren Ärger mittlerweile heruntergeschluckt. Ein griechisches Essen gab es zwar nicht, die Belohnung für das Engagement haben sich die Mitglieder aber nicht nehmen lassen. Sie sind zusammen losgezogen und stattdessen in einem russischen Lokal eingekehrt. „Dort war es auch lecker“, sagt Steffi Günther und lacht. Bezahlt haben die Vereinsmitglieder aber vor Ort. Gutscheine kaufen sie so schnell nicht wieder.