Von Manuela Reuß
Das Laufbrett knarrt. „Vorsicht“, warnt Andreas Hahn und zeigt nach rechts. In Augenhöhe baumelt ein kleines Senkblei an einer Schnur. Es ist eng im Gehäuse der historischen Strohbachorgel, denn ein Teil der Innereien ist bereits wieder eingebaut. Und es ist hell. Eine Neonröhre sorgt dafür, dass der Chef-Restaurator der bekannten Bautzener Orgelbaufirma Jehmlich bis in die letzte Ritze blicken kann.
Und das ist gut so. Denn es sind äußerst filigrane Teile, welche die Orgelbauer momentan montieren. Zum Beispiel die mechanische Tontraktur – eine Holzleistenkonstruktion, die die Bewegungen von den Tasten zu den Pfeifen überträgt. Alle Verbindungen laufen über ganz dünne hölzerne Zugleisten – die sogenannten Abstrakten – über Hebel, Winkel und Wellen wie zu Strohbachs Zeiten. Andreas Hahn überprüft an jeder einzelnen Verbindung, ob das Draht-Häkchen im Loch perfekt sitzt oder ob es möglicherweise Spiel hat. Ist das Letztere der Fall, minimiert er die Lücke mit winzig kleinen Pergamentpapierkeilen. „Da geht es um Zehntelmillimeter“, erklärt er. Doch die würden sich am Ende summieren. „Über all die vielen Stellen, wo Bewegung ist.“ Das führe zum Verzug in der Traktur und zu Geräuschen. Das wolle man vermeiden. Zumal die Traktur der Strohbachorgel ohnehin nicht geräuschlose sei. Beim Spiel werde das Klack, Klack zu hören sein, erklärt der Restaurator.
Freundeskreis engagiert sich für die Orgel
Sabine Göpfert vom Freundeskreis Strohbachorgel freut sich besonders über den Einbau der drei Zimbelsterne. Die goldenen Sonnen drehen sich auch schon. Nur die Glöckchen fehlen noch. Die werden in Holland gegossen, verrät Andreas Hahn. Allerdings warten die Orgelbauer noch auf ihr Eintreffen. Die Besonderheit dieser selten vorkommenden Orgel-Sterne besteht in der Kombination des Pfeifenklangs mit dem Klang von Glocken. Sabine Göpfert, Holde Liebau und Petra Schulz freuen sich schon darauf, das zu hören.
Die drei Freundeskreismitglieder schauen Andreas Hahn und seinem Kollegen ab und zu über die Schulter. Schließlich ist die Strohbachorgel so etwas wie ihr Baby. Seit fünf Jahren engagiert sich der Freundeskreis, gemeinsam mit der Kirchgemeinde dafür, dass das prächtige, 1755 vom Haynmühlen-Müller Abraham Strohbach erbaute Instrument für die Nachwelt erhalten bleibt. Denn die Elstraer Strohbachorgel ist die Einzige, die noch nahezu im Original erhalten ist. Einen wichtigen Verbündeten hat der Freundeskreis in Kirchenmusikdirektor Matthias Eisenberg gefunden. Immer wieder bekommen die Orgelfreunde Post und Spenden aus allen Teilen des Landes, die auf das unermüdliche Werbetrommelrühren des bekannten Organisten zurückzuführen sind.
Eisenberg kommt zur Einweihung
Professor Matthias Eisenberg war es auch der am Reformationstag 2010 unter dem Motto „Elstra zieht alle Register“ die Spendenaktion für die Orgel initiierte. Immerhin spielte er schon als Kind auf dem altehrwürdigen Elstraer Tasteninstrument. Und Matthias Eisenberg wird auch zur Einweihung der reparierten Orgel in die Tasten greifen. Das soll am 18. September passieren. Bautzens Superintendent Werner Waltsgott wird den Festgottesdienst halten, freut sich Sabine Göpfert. Tags zuvor wird die Elstraer Mühlen- und Orgelnacht an der Haynmühle – der früheren Wirkungsstätte des Orgel-Erbauers – stattfinden. „Wir sind derzeit straff dabei beide Tage vorzubereiten.“ Schließlich soll die Einweihung des kostbaren barocken Juwels in einem würdigen Rahmen stattfinden.
Tausend Dinge seien da noch zu organisieren: Festschrift, Programm, Einladung, Catering, Bilderchronik – zählen die drei Förderkreis-Frauen auf. Vieles wollen sie selber machen, um die Kosten möglichst minimal zu halten. Schließlich schlägt schon die Reparatur gewaltig zu Buche. Etwa 260 000 Euro kostet es, die Orgel so sanieren zu lassen, dass der Klang dem Original möglichst nahekommt. Wahrlich kein Pappenstiel. Um dies bezahlen zu können, sammelten die Elstraer in der Vergangenheit unermüdlich Spenden. Benefizkonzerte, Versteigerungen, Feste und vieles mehr wurde organisiert, um Geld in die Kasse zu bekommen. Rund 110 000 Euro kamen inzwischen zusammen. „Spenden werden aber noch immer gebraucht.“
Die Förderkreis-Mitglieder freuen sich jetzt erst einmal, dass die Einweihung in greifbare Nähe rückt. „Die Luft ist langsam raus“, schätzt Sabine Göpfert ein. Das langjährige Projekt habe Kräfte gekostet. Trotzdem sei niemand aus der Truppe abgesprungen. „Wir haben uns gesucht und gefunden“, erklärt Holde Liebau den Zusammenhalt. Die Chemie stimme einfach. Nur so konnten die Orgelfreunde diesen Kraftakt bislang stemmen.