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Rothenburg fliegt Görlitz davon

Flugvereine in der Neißestadt fordern Investitionen. Weder Stadt noch Kreis bekennen sich klar. Doch gewinnen könnten so alle.

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Von Ingo Kramer

Kaum ist das Wetter schön, kommen die Gäste zurück. „Gleich sind vier Touristen-Maschinen in Görlitz gelandet“, freut sich Flugleiter Werner Lange. Der Ableger des Rothenburger Traditionsflughafens hat die Neißestadt vor der Tür. Er ist wichtig. Und so sei der Flugplatz Görlitz im warmen Halbjahr wieder ein Standortfaktor für den Tourismus: „Wer hier landet, nimmt ein Taxi, geht ins Hotel und ins Restaurant.“

Doch hinter den Kulissen funktioniert nach Ansicht der in Görlitz ansässigen Flugsportvereine längst nicht alles prima. „Vernünftige Gebäude, Tankanlagen und eine befestigte Landebahn sollten für einen Verkehrslandeplatz Standard sein“, sagt Robert Grau, seit gut einem Jahr Vereinschef bei den Segelfliegern vom Görlitzer Flugsportclub. Rothenburg hat das alles – und sogar noch mehr. Sogar Gewerbeflächen, Landebahnumbau und Gaststättenbetreibung sind dort möglich – neben einem anerkannten Flugmuseum.

In Görlitz sieht die Realität anders aus. Hat es länger geregnet, ist der Boden aufgeweicht. Dann kann niemand starten oder landen. Die Motorflieger vom ebenfalls hier ansässigen Fliegerclub Eibau-Oberlausitz stört besonders die fehlende Tankmöglichkeit. „Wir müssen immer mit Kanistern zur Tankstelle fahren“, sagt Fliegerclub-Pressesprecher Werner Lange.

Er gebe sogar Touristen sein Privatauto, damit sie mit Kanistern tanken fahren können: „Das ist doch kein Zustand.“ Besonders aufgebracht waren beide Vereine, als die zuständige Flugplatz Rothenburg/Görlitz GmbH eine neue Arbeitsgruppe einberufen hat, die ein Zukunftskonzept für beide Plätze erstellen soll. Geleitet wird sie von Hartmut Biele, Aufsichtsratsvorsitzender der GmbH. Er erklärt, dass die drei Gesellschafter, also der Landrat sowie die Bürgermeister von Rothenburg und Görlitz, Vorschläge haben wollen, wie es auf den Plätzen weitergehen kann. „Die Vorschläge erarbeiten wir ergebnisoffen“, so Biele.

Die Vereinsvertreter glauben nicht an Ergebnisoffenheit. Der Rothenburger Platz werde seit Jahren massiv unterstützt, der Görlitzer vernachlässigt. Das zeige sich schon daran, dass von den sechs Angestellten der GmbH, fünf in Rothenburg arbeiten und nur einer in Görlitz. „Und bei dem neuen Konzept“, sagt Robert Grau, „hat noch nie jemand mit uns Vereinen gesprochen.“ Die oft mangelnde Kommunikation störe ihn, neben ausbleibenden Investitionen, am meisten. Wenn es um Jahreshöhepunkte wie den Airlebnistag geht, funktionieren die Absprachen, aber an anderen Stellen würden die Vereine vor vollendete Tatsachen gestellt: „Wir haben im März mitgeteilt bekommen, dass seit Januar höhere Landegebühren gelten.“ Für die Erhöhung habe er noch Verständnis, nicht aber für die schleppende Kommunikation.

Der Landkreis als einer der drei Gesellschafter äußert sich zu den Vorgängen nur sehr bedeckt. „Gefühle, ob ein Platz benachteiligt oder bessergestellt ist, bewerten wir nicht“, sagt Sprecherin Marina Michel. Für die Sorgen der Vereine auf dem Görlitzer Platz sei der Kreis offen: „Wenn diese berechtigt sind, wird auch nach Lösungen gesucht.“ Dass es in Görlitz keine Tankstelle gibt und keine befestigte Landebahn, sei bekannt. Diese und andere Themen würden in der Verbandsversammlung besprochen: „Dabei dürfen aber auch die finanziellen Angelegenheiten nicht unberücksichtigt bleiben“, erklärt sie vage.

Das neue Konzept werde verschiedene Möglichkeiten betrachten, die aber auch wirtschaftlich umsetzbar sein müssen. Lange bekam seitens der Stadt Görlitz kein klares Bekenntnis zum Flugplatz. Seit 2006 werde daran gearbeitet, die Plätze in beiden Städten zukunftsfähig zu machen, erklärt nur Stadtsprecherin Anett Böttger. Verschiedene Szenarien wurden entworfen, teils umgesetzt und regelmäßig überprüft. Die Rothenburger Solaranlagen jedenfalls erwirtschaften die Betriebskosten beider Plätze. „Allerdings ist es bisher nicht gelungen, darüber hinaus Geld zu erwirtschaften, das etwa einen Ausbau der Landebahn in Görlitz ermöglicht“, sagt sie.

Zumindest die CDU-Fraktion im Stadtrat bekennt sich nun zum Görlitzer Flugplatz. Darüber informiert Fraktionschef Dieter Gleisberg. „Wir werden alles Notwendige dafür tun, dass der Verkehrslandeplatz nicht zum Sonderlandeplatz zurückgestuft wird“, sagt Gleisberg. Wenn Investitionen wie ein Zaun um das Gelände notwendig seien, um diesen Status zu erhalten, müssten notfalls städtische Mittel dafür eingesetzt werden, wenn es dem Zweckverband selbst nicht gelingt. Längst überfällige Investitionen in eine Tankanlage und vor allem in eine feste Landebahn sollten sich auch beim Kreis spätestens im nächsten Doppelhaushalt 2017/18 wiederfinden. Das Beste dabei: Die Aufwertung des Görlitzer Flugareals hilft zugleich auch dem Rothenburg Flugplatz – bei den Kosten und der Attraktivität.