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Ruppig, kernig, schwul

Die Dresden Hillbillies werben morgen mit einem Freundschaftsspiel mit dem ersten deutschen homosexuellen Rugby-Team Deutschlands für Toleranz und Integration.

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© Steffen Unger

Von Alexander Hiller

Ihre Trikots schreien förmlich lila. Ansonsten sind die Berlin Bruisers aber knallharte Kerle. Und homosexuell. Die erste – inzwischen nicht mehr einzige – schwule Rugby-Mannschaft Deutschlands. Und das in einer Sportart, deren Charakterzüge männlicher kaum sein könnten. Rau, ruppig, kernig, wild, hart. Ne schöne Männerrauferei mit Ball eben. Deutlicher kann man das Klischee vom zärtlichen, weichen – und eben – schwulen Mann wohl kaum konterkarieren. „Bei uns spielen auch drei, vier hetereosexuelle Akteure“, sagt Bruisers-Spieler Dennis Sengünnes. Natürlich offen bekennende.

Diese Bruisers, was wörtlich übersetzt „Kraftmeier“ heißt, gastieren am Sonnabend bei den Hillbillies, Dresdens einzigem Rugbyverein. Gespielt wird ab 10.30 Uhr im Ostrapark. „Wir haben nicht lange überlegt, als die Anfrage an uns kam“, sagt Frank Bösenberg, Chef der Dresdner Rugbyabteilung. „Wir haben bei vielen Vereinen angefragt, weil wir noch keiner Spielklasse angehören, aber den Wettkampf brauchen, um uns sportlich weiterzuentwickeln“, erklärt Dennis Sengünnes. „Es gab auch ein, zwei Absagen, aber wegen Terminschwierigkeiten“, betont der Berliner. Bis Juli habe man bislang zwölf Freundschaftsvergleiche vereinbart. Die Aufnahme in eine vornehmlich mit Berliner Mannschaften besetzte Regionalliga-Staffel sei beantragt. Ab September wollen die Berlin Bruisers im Ligabetrieb mitspielen.

Dafür wollen sich die Bruisers fit machen, auch mit dem Duell in Dresden. Die Partie steht unter dem Motto: „100 Prozent Rugby ohne Wenn und Aber“. Angelehnt an das Motto der Dresdner Christopher-Street-Day-Bewegung: 100 Prozent Mensch. Ohne Wenn und Aber! Der Verein CSD Dresden ist während und nach der Partie auch mit einem Infostand präsent. Die Botschaft auf dem Werbeplakat für das außergewöhnliche Spiel soll unmissverständlich und einfach sein: Rugby ist für alle da, ein Sport ohne Schranken, für alle Nationalitäten, Religionen, und Leute jedweder sexueller Orientierung. Egaler könnte die auf dem Feld nämlich kaum sein.

„Wir können zeigen, welche integrative Kraft unser Sport besitzt“, hofft Frank Bösenberg. Im Dresdner Team stehen laut Abteilungs-Chef keine schwulen Sportler. „Zumindest hat sich da keiner geoutet. Laut Bevölkerungs-Querschnitt ist die Wahrscheinlichkeit aber groß, dass wir auch homosexuelle Spieler haben“, sagt Bösenberg. Er spricht es nicht explizit aus, aber die Botschaft wird auch so deutlich: das wäre nichts Besonderes.

Die Werbetour der Berlin Bruisers und Nach-Karriere-Outer wie der Fußball-Profi Thomas Hitzlsperger vermitteln jedoch ein anderes Bild. Offenbar ist stetes öffentliches Werben für Toleranz gegenüber gleichgeschlechtlichen Partnerschaften nach wie vor nötig. „Ich hoffe, in 15 Jahren hat sich die Aufgeregtheit für das Thema zusehends verflüchtigt“, sagt Frank Bösenberg. 2009 outete sich der Kapitän der walisischen Rugby-Nationalmannschaft, Gareth Thomas, als schwul – während seiner aktiven Zeit. Der 100fache Nationalspieler erntete dafür weltweit Anerkennung.

„Wir haben in Berlin mit keinerlei Anfeindungen zu kämpfen“, sagt Dennis Sengünnes. Ob das überall so sei, bezweifelt er. „Aggressive Ablehnung gegen Homosexuelle wird es immer geben“. Wie offen man diesem Thema begegne, könne er niemandem vorschreiben. „Wir haben ja keinen Lehrauftrag. Deshalb kommen wir auch als Sportler nach Dresden, nicht als Aufklärer. Wobei unser Verein in dieser Hinsicht eine Art Hybrid ist – er steht hälftig für Sport, hälftig für Integration“, sagt Sengünnes.

Und das wird auch von großen Konzernen gehört. Adidas hat den Berlin Bruisers jüngst eine neue Spielkleidung gesponsert. In dezenterem, dunkleren Lila als auf der Homepage des Vereins. „Ehrlich gesagt bin ich nicht der größte Fan dieser Farbe“, erklärt Sengünnes lachend.

Dresden Hillbillies – Berlin Bruisers, Sa., 10.30 Uhr

www.dresdenrugby.de