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Sachsens bester Uhrmacherlehrling

Anna Schaake hat ihre Ausbildung mit Bravour abgeschlossen. Trotzdem hat sie erst einmal Tschüss gesagt.

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Von Maik Brückner

Anna Schaake steht am Zaun der Wempe-Sternwarte auf dem Glashütter Ochsenkopf und strahlt. Dazu hat sie allen Grund. Die 21-Jährige ist der beste Wempe-Uhrmacherlehrling. „Sie hat mit 1,0 abgeschlossen“, sagt die Ausbildungsleiterin der Firma, Elisabeth Gläser. „Ich glaube, so einen guten Lehrling hatten wir noch nie.“

Da Glashütte die einzige staatliche Uhrmacherschule Sachsens besitzt und keiner ihrer Mitschüler besser war, ist Anna Schaake nicht nur Jahrgangsbeste in Glashütte, sondern auch die Landesbeste. Ihren ersten bewussten Kontakt zur Uhrenwelt hatte sie schon als Mädchen. „Als ich zwölf war, habe ich mir auf einem Flohmarkt eine Kiste mit Uhrenteilen gekauft“, erinnert sich Anna Schaake. Zu Hause hat sie mit dem Schrauben begonnen. Wenig später geriet die Kiste in Vergessenheit. Den Ausschlag, später mal Uhrmacherin zu werden, gab sie nicht, sagt sie. Erst beim Abitur entschied sie sich dafür. In ihrer Schule lag eine Zeitschrift aus, die über Ausbildungsberufe informierte. Dort wurde über eine junge Frau berichtet, die bei Wempe in die Uhrmacherlehre ging. Das hat Anna Schaake inspiriert. Ihre Eltern – beide Ärzte – hatten nichts dagegen, fanden, die Ausbildung könnte zu ihrer Tochter passen.

Die junge Frau bewarb sich, wurde angenommen und packte ihre Koffer, um ihre Heimatstadt Siegen in Richtung Glashütte zu verlassen. Hier musste sie nicht nach einer Wohnung suchen, denn die Firma bot ihr einen Platz in der Lehrlings-Wohngemeinschaft an. „Das war sehr praktisch für uns Lehrlinge“, sagt sie.

Zudem fand sie gleich Anschluss, denn mit ihr fingen fünf andere Lehrlinge an. „Wir haben zusammen gekocht und fuhren oft gemeinsam nach Dresden.“ Es war eine schöne Zeit. Leider endete sie nach einem Jahr. Denn da mussten die Lehrlinge ihren Nachfolgern Platz machen. Anna Schaake schaute sich nach einer neuen Bleibe um und wurde in Dohna fündig. „Ich fand eine hübsche Wohnung am Markt“, sagt sie. Sehr ruhig und gut gelegen. Von Dohna war sie schnell sowohl in Glashütte als auch in Dresden.

Die guten Rahmenbedingungen werden sicher mit dazu beigetragen haben, dass der jungen Frau das Arbeiten mit den Schräubchen, Stiften und Minizahnrädern so viel Spaß gemacht hat. „Die Ausbildung bei Wempe ist sehr vielseitig“, schwärmt die 21-Jährige. Denn sie lernte das Montieren und Reparieren von verschiedenen Uhrenmodellen. Ihr Liebstes ist die Wempe Zeitmeister Mondphase mit Vollkalender geworden. Doch nicht nur das Lernen in der firmeneignen Werkstatt hat ihr Spaß gemacht. Anna Schaake kommt ins Schwärmen, wenn sie sich an ihre Praktika erinnert. Sie arbeitete in den Wempe-Filialen Dresden, Hannover, Berlin und auf der Insel Sylt. „Besonders toll war es in Dresden und auf dem Kudamm in Berlin.“ Hier waren die Kollegen besonders nett, und hier lernte sie viel, von Führen eines Kundengesprächs über die Bewertung einer Uhr bis hin zur Behebung einfacher Mängel.

Das alles konnte sie nicht davon abhalten, nach dem Abschluss der Uhrmacherlehre ihre berufliche Karriere noch einmal neu zu planen. Trotz ihres Superabschlusses kehrte sie Glashütte den Rücken, um demnächst Medizin zu studieren, am liebsten in Würzburg. Von da ist es nicht weit zu ihren Eltern. Wenn es sich anbietet, wird sie bei einem Uhrmacher jobben. Der dürfte sie mit Handkuss nehmen. Auch bei Wempe würde man ihr sofort eine Stelle anbieten, falls das Studium doch nicht das Richtige ist. „Anna wäre nicht die Erste, die zurückgekehrt ist“, sagt Elisabeth Gläser. Die Ausbildungsleiterin wünscht ihr trotzdem alles Gute und hofft, dass sie einen Termin auf jeden Fall noch wahrnimmt. Am 14. November ermittelt die IHK Deutschlands besten Uhrmacherlehrling. Die Chancen, dass eine Medizinstudentin diesen Titel holt, stehen nicht schlecht.