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Schneckenräder für die große Bühne

Auf Intec und Z, Deutschlands größten Metall-Messen, stellen 1 400 Firmen aus. Auch die GFC Antriebssysteme in Coswig.

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© kairospress

Von Michael Rothe

In Coswig weiß man, wie sich große Bühnen in Schwung bringen lassen: möglichst geräuschlos durch reibungsarmes Zusammenspiel von Getriebe, Elektromotor, Doppelbremse und Drehgeber. Ob Bolschoi-Theater in Moskau, Royal Opera in London oder Semperoper in Dresden – die GFC Antriebssysteme GmbH spielt mit.

Das 119 Jahre alte Unternehmen bei Dresden fertigt dafür Antriebe und Radsätze und ist bei Zungenbrechern wie Schneckenstirnradgetriebe und Stirnradschneckengetriebe einer der weltweit führenden Hersteller. Mehr als 13 000 solcher Teile sind auch in Fahrtreppen von Flughäfen, U-Bahn-Stationen und Kaufhäusern im Einsatz. Andere dienen der Gewinnung regenerativer Energien. „Für fast die Hälfte der 176 000 Spiegel des weltgrößten Solarkraftwerks Ivanpah in der kalifornischen Mojave-Wüste haben wir die Getriebe geliefert“, sagt GFC-Vertriebsmanager Peter Heise. Radsätze made in Coswig fänden auch in der Gas- und Ölförderung, in übergroßen chinesischen Betonmischern, in Automatisierungstechnik, Anlagen- und Bergbau Anwendung. Getriebe, Motoren und Engineering stünden im Leistungsportfolio – auch als Komplettlösung. Damit habe GFC 2014 mit rund 220 Mitarbeitern 45 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet.

Seit 1991 ist der einst einzige Schneckengetriebefertiger der DDR selbstständige Tochter der Auma-Gruppe, einem Weltmarktführer für Armaturen mit Sitz im badischen Müllheim. Längst sehen sich die Coswiger als Ingenieurdienstleister. Und als solche finden sie auch ihre Bühne: derzeit auf dem Messe-Doppel Z und Intec in Leipzig. Über 1 400 Unternehmen aus 32 Ländern präsentieren sich bis zum Freitag auf Deutschlands wichtigster Plattform für die metallbearbeitende Industrie in diesem Jahr. Für Markus Geisenberger, Chef der Leipziger Messe, ist sie „der wesentliche Taktgeber für die gesamte Branche“. Z und Intec seien „herausragende Aushängeschilder der Leipziger Messe“. Nie zuvor hätten so viele Aussteller begrüßt werden können, so Geisenberger. Es gebe Kooperationstreffen mit Branchenakteuren aus Polen, der Türkei und anderen Teilen Europas. Und, Russland-Sanktionen und Ukraine-Krise zum Trotz: Hochrangige Wirtschaftsdelegationen aus Nishni Nowgorod, Tscheliabinsk, Wologda, St. Petersburg und Burjatien haben sich angesagt. Gerade für Betriebe mit Russlandgeschäft ist Leipzig ein Muss. „2008 hatten wir erste Kontakte, 2014 ging es mit einer Million Umsatz richtig los“, beschreibt GFC-Mann Heise die langwierige Aufbauarbeit. In Moskau gebe es „einen Riesenbedarf an Liften“. Zwar stünden Coswiger Teile nicht auf der Embargoliste, aber die antirussische Hysterie sei dem Geschäft nicht dienlich. „Wir stellen in Leipzig verschiedene Radsätze und eher symbolisch aus“, sagt Heise. Schließlich böte GFC kundenspezifische Lösungen an. „Unsere Innovation ist der Antrieb, der 25 Jahre wartungsfrei ist und auch bei minus 40 Grad Celsius läuft.“

Das Geschäft vieler Maschinenbauer und Zulieferer läuft in rauerem Umfeld. Die Russland-Sanktionen der EU und die unsichere politische Lage in den arabischen Staaten machen zu schaffen. Dank eines starken Jahresendspurts „steht für das Gesamtjahr für In- und Ausland nun ein Plus von zwei Prozent – ein Ergebnis, das hinter den ursprünglichen Erwartungen zurückbleibt“, heißt es vom Branchenverband VDMA. Demnach exportierte Deutschland 2014 Maschinen im Wert von knapp 152 Milliarden Euro. Das sind 2,5 Milliarden Euro mehr als 2013. Hauptabnehmer sind China, die USA und Frankreich. Rückgänge gab es auf Märkten, die unlängst noch hohe Wachstumsraten hatten: Südamerika und Indien. Das Russlandgeschäft schrumpfte um 17 Prozent auf nur noch 1,3 Milliarden Euro.

Trotz der Russland-Querelen ist die Branche im Freistaat gut unterwegs. „Unsere Unternehmen wachsen auf einer soliden Basis und behaupten sich im globalen Wettbewerb“, heißt es vom Verband Sachsenmetall. In der Branche seien gut 175 000 Menschen beschäftigt, gut jeder zweite Industriebeschäftigte – und laut Verband mit mittleren Bruttolöhnen um die 35 000 Euro „Spitzenverdiener“. 2014 seien 4 000 Mitarbeiter hinzugekommen: so in Gießereien, Metallverarbeitung und im Fahrzeugbau.

„Messen wie Intec und Z sind trotz der Zunahme medialer Möglichkeiten noch immer mit das wichtigste Marketing- und Verkaufsinstrument“, sagt Reinhard Pätz, Geschäftsführer des VDMA Ost. Zumal die Reichweite der Aufträge dort laut jüngstem VDMA-Konjunkturbild im Durchschnitt nur noch gut vier Monate beträgt.

Und wann wäre der Messe-Auftritt der Coswiger gelungen? „Wenn wir den Kontakt zu unseren Lieferanten vertiefen“, sagt Peter Heise. „Und wenn ein Problemfall zu uns käme.“ Das sei quasi ein Auftrag, denn GFC wüsste, was es kann. Und das, bevor auf der Leipziger Bühne der Vorhang fällt.