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Schöner Verzicht

Zwei Frauen, zwei Methoden. Maria Angermann und Kerstin Welz aus dem Kamenzer Land heilfasten seit Jahren regelmäßig. Das bringt was.

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© Matthias Schumann

Von Ina Förster

Kamenz. Maria Angermann hat es bereits hinter sich. Kerstin Welz startet erst in wenigen Tagen. Die beiden Frauen sitzen am Tisch in Hennersdorf und erzählen über ihre Erlebnisse beim Heilfasten. Beide tun es regelmäßig. Und sie tun es irgendwie ganz gern. „Es gehört mittlerweile selbstverständlich zum Jahresablauf“, sagt Kerstin Welz. Anfang März beginnt ihr Kurs an der Volkshochschule „Fasten für Gesunde“. Im letzten Jahr hatte sie es einmal allein probiert. Das ging auch, aber sie sei ein Herdentier und braucht die Motivation der Gruppe. „Damit geht es noch etwas leichter“, sagt die 57-Jährige. Der Austausch nach einem geschafften Tag. Sich gegenseitig Mut machen, geteilte Freude, wenn man die sieben Tage geschafft hat. Das gemeinsame Wiegen. Die Freude auf den ersten Apfel beim Fastenbrechen. „Und die Anleitung ist natürlich hilfreich“, meint Kerstin Welz. Obwohl man ihr nach acht Jahren nicht mehr allzu viel Neues vermitteln kann.

Auch Maria Angermann ist schon länger beim Heilfasten angekommen. Und damit bei sich. 2009 versuchte sie es erstmals. Damals noch zusammen mit ihren Mann Marc und in einem Hotel an der Ostsee – Heilpraktiker, Beratungen und viel frische Seeluft inklusive. Ihr Mann hat es mittlerweile gelassen. Die zweifache Mutter, Ärztin und angehende Osteopathin schwört hingegen auf das Ritual des Verzichts. Wenn es klappt, praktiziert sie es sogar zweimal im Jahr. Aber auf jeden Fall Anfang Januar, nach den üppigen Weihnachtstagen. „Ich fühle mich dann wie vergiftet“, sagt sie. „Wenn ich geschwollene Augen bekomme, dann ist es wieder einmal Zeit, loszulegen“, lacht sie. Dann wird gefastet. In Eigenregie. Ordentlich nach Plan. Und durchaus mit dem Wissen, dass es etwas bringt.

„Ich teste solche Dinge gern aus. Vor allem klärt sich die Frage: Bin ich von meinem Körper abhängig, muss ich dem Hungergefühl unbedingt nachgeben oder bin ich hier der Chef? Ein Chef, der sagt: Nein – die nächsten Tage füttere ich dich einmal nicht. Weil ich auch weiß, dass es meinem Körper und meinem Geist anschließend besser gehen wird.“ Eine gute Vorbereitung sei wichtig dabei. Wenn man gut abgeführt und seinen Darm entlastet hat, übersteht man die ersten Tage besser. Dass man am Vorabend zum Fasteneinstieg nicht unbedingt übermäßig schlemmen sollte, wissen beide Frauen ebenfalls. Mondphasen, den Menstruationszyklus – das alles sollte man mit beachten. Was nach Hokuspokus klingt, sind bewiesene Tatsachen.

Frische Luft und Bewegung helfen

Ist der erste Tag überstanden, dann stehen die Frauen durchaus in der Küche und können Mahlzeiten für die Familie zubereiten. „Ich verspüre dann überhaupt kein Bedürfnis nach Essen“, so Maria Angermann. „Und eigentlich ist der Mensch in seinem Ursprung gar nicht dafür gemacht, jeden Tag zu essen“, findet sie. Denkt man an die Steinzeit zurück, da gab es nur aller paar Tage einen erlegten Hirsch, den sich die gesamte Sippe teilen musste. Und der Verzicht bringt eine Reinigung mit sich. Für die heutzutage durch Vielerlei überlasteten Organe. Aber vor allem für den Geist. „Warum fasten Mönche in Tibet denn, bevor sie meditieren? Damit sie sich unbelastet von allem anderen voll auf sich einlassen können!“ Nun – meditieren, das tun die beiden berufstägigen Frauen während ihrer Fastenphase eher seltener. Nebenbei wird gearbeitet, müssen Kinder versorgt werden. Im Fall von Maria Angermann noch ein ganzer Bauernhof obendrein. Doch Bewegung ist gut. Viel frische Luft sowieso. Das wird jeder Fastenberater empfehlen. Unterstützend kann man Ölziehen am Morgen. 20 Minuten lang wird dabei ein Esslöffel Bio-Sesamöl, Bio-Kokosöl oder Bio-Sonnenblumenöl im Mund langsam hin und hergespült und damit Schadstoffe und Bakterien ausgefiltert. Auch Bambuspflaster für die Füße empfiehlt Maria Angermann sowie Fuß- oder Wannenbäder mit basischem Salz. Wer Probleme hat, könnte auch einen Leberwickel anwenden.

Fakt ist eines: Seitdem die Frauen heilfasten, haben sie weniger Krankheiten. „Dass man ein paar Kilo abnimmt, ist lediglich ein positiver Nebeneffekt“, so Kerstin Welz. Wichtiger sei ihr, dass der Blutdruck wieder normal ist und die Reizdarmprobleme verschwunden sind. In ihrem Kurs seien schon 70-Jährige gewesen, die anschließend keine Diabetesmedikamente mehr brauchten. „Ich fände es gut, wenn das Gesundheitsbewusstsein der Menschen generell wachsen würde. Ein Schulfach ‚Ernährung und Gesundheit‘ wäre ein Anfang“, sagt Maria Angermann. Heilfasten, Intervallfasten – der Trend in Sachen Verzicht zeigt nach oben. Auch ein unglaublicher Zugewinn an Geschmackssensation gehört dazu. Gewöhnliche Speisen schmecken nach dem Fasten viel zu süß, zu salzig. „Seitdem wir fasten, ist die Sucht nach Überwürzung verschwunden! Gut so!“