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Schottentanz kommt ins Pulsnitztal

Familie Schuckelt haben es schottische Tänze angetan. Für ihr Hobby suchen die Oberlichtenauer Gleichgesinnte.

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© Matthias Schumann

Von Constanze Knappe

Den dunkelgrünen Kilt mit den zartgelben Karos trägt Holger Schuckelt, als wäre es die selbstverständlichste Sache der Welt. Einen Schottenrock habe er sich immer gewünscht, sagt der 53-Jährige. Seit einiger Zeit darf er ein solches, für hiesige Verhältnisse seltenes Kleidungsstück sein eigen nennen.

Zum knielangen Faltenrock trägt er Jacke, Weste und Fliege, ebenfalls in Grün, dazu ein weißes Hemd und die obligatorischen wollenen Strümpfe. Komplettiert wird das Outfit mit dem Sporran, der Tasche aus Kuhfell. Früher, so erklärt der Oberlichtenauer, trug man darin kleines Werkzeug mit sich herum. Heute stecken in dem Accessoire Taschentuch, Kleingeld und Handy. Jener Krimskrams, den normalerweise die Dame in ihrer Handtasche verstaut. Nach schottischer Art hat sie eine solche jedoch nicht dabei. Geraldine Schuckelt trägt ein Seidenkleid.

Als sie und ihr Mann sich aufmachten, die schottischen Tänze für sich zu entdecken, informierte sich die 51-Jährige im Internet. Ein weißes Kleid mit Schärpe wurde dort empfohlen. Sie ließ sich extra ein solches nähen, mit dunkelgrüner Schärpe. Getragen hat sie es kaum. „Die Kleidervorschrift gilt nur für Männer. Frauen können da frei entscheiden“, so die gebürtige Engländerin. Seit 30 Jahren lebt die freiberufliche Übersetzerin hier. Deutsch und Russisch hatte sie einst in ihrer Heimat studiert, lebte als Teil der Ausbildung in Augsburg und in der Sowjetunion. Letzteres machte sie 1985 neugierig auf die DDR. Sie bewarb sich als Muttersprachlerin an der Universität in Leipzig, wo sie ihren Mann kennenlernte. Heute verbindet sie ein langjähriges Miteinander, zwei erwachsene Söhne. „Und ein Hobby mit Suchtfaktor“, wie sie schmunzelnd betonen.

Turner und Tänzer

Im Urlaub 2007 verliebte sich Holger Schuckelt in die schottische Landschaft. Bei einem Fest wurden sie dort 2010 in schottische Tänze einbezogen. Seitdem sind sie davon nicht mehr losgekommen. Geraldine Schuckelt ist bei der SG Oberlichtenau als Übungsleiterin im Gerätturnen aktiv, ihr Mann reitet. Mit den schottischen Tänzen fanden sie ein gemeinsames Hobby. Viele Stunden ihrer Freizeit verbringen sie damit. Anfangs von den Söhnen und Bekannten belächelt, hat sich ihr Umfeld längst daran gewöhnt. Urlaub, so sagt Holger Schuckelt, wird mittlerweile so ausgesucht, dass man dort nebenbei trainieren kann. Zum Anfängerkurs in Prag sind sie 2011 geradezu blauäugig hingefahren. Seither nahmen sie an etlichen Workshops teil, auch in Schlüchtern. Sogar Fans aus dem Ausland kommen in die bundesdeutsche Hochburg für Scottish Country Dancing. Wobei Country in dem Fall nicht das Land meint, sondern im Sinne von Contra, also gegenüber, zu verstehen ist. In einer achtköpfigen Gruppe stehen sich jeweils vier Tänzer gegenüber. Das müssen keine Paare sein. Im Gegenteil, Partnerwechsel ist ausdrücklich erwünscht. Insofern sind die Volkstänze aus dem rauen Hochland sehr sozial veranlagt.

Es gibt unzählige Tänze

Unzählige davon gibt es, die nicht schwer zu erlernen sind, wenn man erst mal Schrittfolgen und Figuren drauf hat. Manche Tänzer bevorzugen die Akkordeonbegleitung nach alter Tradition, Schuckelts mögen es peppiger mit Drums. Auf mehreren Bällen haben sie inzwischen getanzt, selbstverständlich auch in Schottland, wo sie bereits mehrmals waren. Der Landschaft und der Leute wegen. Um dort zu leben, bräuchte es aber einiges mehr, so der wissenschaftliche Mitarbeiter der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Seine Arbeit würde er jedenfalls nicht missen wollen, zudem seien sie ja an ihr Haus in Oberlichtenau gebunden. Jeden Montag tanzen Geraldine und Holger Schuckelt im Johannstädter Kulturtreff in Dresden. „Es macht Spaß, hält körperlich fit und auch geistig, weil man sich ziemlich konzentrieren muss“, sagen sie.

Gern aber würden sie in Pulsnitz eine Gruppe mit Gleichgesinnten aufbauen. Die bräuchten dafür nicht sofort einen Kilt. Schon für 60 Euro kriegt man so ein Teil. Einige Hundert gab Holger Schuckelt für seine Sachen aus, der guten Qualität wegen. Obergrenze sei das aber lange nicht. Zumal es den Sporran sogar aus Robbenfell gibt. Derlei braucht der Oberlichtenauer nicht. Er überlegt, sich stattdessen einen zweiten Kilt zuzulegen.

Wer auf schottische Art tanzen möchte, bekommt weitere Informationen bei Familie Schuckelt unter 035955 72575.