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Schwanen-Jagd: Muss das sein?

Der Abschuss der Tiere im Heideland ist umstritten. Eine Regelung aus DDR-Zeiten könnte die Lösung sein.

Von Franziska Springer
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Der Anblick majestätische dahingleitender Schwäne freut die meisten Menschen. In Königswartha werden sie vor allem im Winter zur Last – und deshalb gejagt. (Archivbild)
Der Anblick majestätische dahingleitender Schwäne freut die meisten Menschen. In Königswartha werden sie vor allem im Winter zur Last – und deshalb gejagt. (Archivbild) © SZ/Uwe Soeder

Königswartha. Alarmierend klang, was der Königswarthaer Gemeinderat unter Tagesordnungspunkt sechs in seiner jüngsten Sitzung verhandelte: „Information und Beratung zur Problematik der Bejagung von Schwänen“ stand in der Agenda zu lesen.

Königswarthas Bürgermeister Swen Nowotny (CDU) winkt ab: „Ich bin mehr als unglücklich mit dem Thema. Wir beschäftigen uns jedes Jahr damit.“ Im Gespräch mit dem Gemeindeamtschef wird schnell klar: Was jährlich während der Herbst- und Winterperiode im Ort diskutiert wird, ist vor allem eine emotionale Auseinandersetzung zwischen zwei Fronten. Fronten, die Nowotny „verhärtet“ nennt.

Im Kern geht es zwischen Jägern, Land- und Fischwirten auf der einen und Tierschützern auf der anderen Seite um die Frage, ob es vertretbar ist, Schwäne abzuschießen. Aus rechtlicher Sicht ist es einfach, eine Antwort darauf zu finden: Ja! Laut sächsischem Jagdrecht dürfen die einheimischen Höckerschwäne außerhalb ihrer Schonzeit, also zwischen dem 1. November und dem 20. Februar jeden Jahres, geschossen werden. Der Jäger ist dabei keiner Behörde rechenschaftspflichtig. Winfried Nachtigall von der Vogelschutzwarte in Neschwitz stellt klar: „Außerhalb der Schonzeit dürfen Jäger so häufig und so viele Tiere entnehmen, wie sie wollen.“

Population hat zugenommen

Aber damit ist die Diskussion nicht abgetan. Wohl auch deshalb, weil die edlen weißen Vögel vielen Menschen als Sinnbild für das Gute und Reine erscheinen. Weshalb also werden sie gejagt?

Christian Paulick, der als Jäger im Bereich Commerau aktiv ist, erklärt: „Wir machen das nicht aus Jux und Tollerei. Die Population der Höckerschwäne hat erheblich zugenommen. 280 bis 300 Schwäne sitzen inzwischen auf unseren Teichen und Feldern. Im Sommer sind die Brutplätze alle belegt. Die Tiere wissen schon gar nicht mehr, wo sie brüten sollen.“ Durch die vielen Tiere entstünde den Land- und Fischwirten der umliegenden Betriebe ein Schaden: „Die Tiere fressen den Fischen das Futter weg, durch den Kot im Wasser sind die Teiche überdüngt, die Pflanzen auf den Feldern werden angefressen.“ Der tatsächlich durch Schwäne verursachte Schaden ließe sich zwar nicht beziffern, aber auch Gert Füllner, zuständig für das Referat Fischerei beim Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, bestätigt für den Bereich Königswartha negative Auswirkungen durch die vielen Tiere. 

Joachim Ulbricht von der Staatlichen Betriebsgesellschaft für Umwelt und Landwirtschaft warnt allerdings davor, von einer Überpopulation zu sprechen: „Diese Annahme ist menschengemacht. Was zu viel erscheint, wird schnell so bezeichnet. Schwäne sind soziale Tiere, wenigstens die noch nicht verpaarten Nichtbrüter haben die Tendenz, größere Gemeinschaften zu bilden. Die Schäden, die diese Gruppen anrichten, werden sicher oft überschätzt.“

Auch Sing- und Zwergschwäne gibt es

Noch etwas sorgt bei Tierschützern für Sorgen: Nicht nur die einheimischen Höckerschwäne bevölkern derzeit die Wiesen und Felder Königswarthas. Zu ihnen gesellen sich Sing- und Zwergschwäne – beides geschützte Arten. Die Tiere bilden artenübergreifende Verbünde. Aufgrund ihrer großen optischen Ähnlichkeit befürchten die Jagdgegner den Abschuss geschützter Schwan-Arten.

Christian Paulick versucht zu entkräften: „Wir schießen nur auf die Schwäne, wenn diese sich im Landeanflug befinden und warten mit dem Abschuss, bis das Tier sich in unserer Nähe befindet. Das geht bei einem so großen, schusssicheren Vogel gar nicht anders. Spätestens aus so kurzer Distanz kann man die Arten sicher voneinander unterscheiden. Aber auch im Anflug lassen sich Unterschiede ausmachen. Der Flügelschlag der Höckerschwäne ist deutlich zu hören, während man Singschwäne an ihren typischen Lauten erkennt.“

Zwischen 100 und 130 Schwäne entnehmen Paulick und seine Jagdkameraden jährlich dem Bestand. Das entspreche etwa dem jährlichen Zuwachs aus den eigenen Teichen. Jedes einzelne Tier werde außerdem weiterverwertet, versichert Paulick.

In Ermangelung von Daten über den tatsächlichen Schwanen-Bestand und die verursachten Schäden bei Fisch- und Landwirten steht in dem Streit seit Jahren Aussage gegen Aussage. Vielleicht auch, weil beide Seiten kaum miteinander reden.

Vorschlag: Eier anstechen

Dabei herrscht im Grundsatz Einigkeit zwischen den Lagern: Wenn es unbedingt notwendig sei, die zweifellos gewachsene Höckerschwan-Population zu regulieren, sei das Anstechen oder Zerstören von Teilen ihrer Eier der elegantere Weg. Während der DDR-Zeit sei es ein legitimes Mittel gewesen, jedes Elternpaar lediglich zwei Eier ausbrüten zu lassen.

Eine entsprechende Änderung des Jagdrechts kann aber allein das Sächsische Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft erlassen. Das wäre auch Christian Paulick mehr als recht: „Gäbe es eine andere Lösung, als die Schwäne zu schießen, wäre ich froh. Das würde mir Munition und Zeit sparen.“

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