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Schwere Schlagseite für Bootsvermieter

Eine neue Schifffahrts-Verordnung bringt Firmen an der Elbe in Existenznöte. Hintergrund ist ein Streit auf der Spree.

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Von Hartmut Landgraf

Über Nacht und ohne Vorwarnung hat Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) vielen kleinen Bootstourenanbietern auf deutschen Binnengewässern das Licht ausgeknipst. So interpretiert Nicolaus Cüppers von der Dresdner Firma Elbe-Taxi eine neue Verordnung des Bundesverkehrsministeriums, die am 1. Januar in Kraft trat und seitdem unter Bootsvermietern hohe Wellen schlägt – so auch in der Sächsischen Schweiz.

Seit Jahresanfang ist es nicht mehr zulässig, mit Sport- und anderen Kleinbooten erwerbsmäßig Passagiere zu befördern. Das dürfen fortan nur noch eigens zu diesem Zweck zugelassene Fahrgastschiffe oder Fähren. Damit wolle man erreichen, dass Personen gewerbsmäßig nur auf Schiffen befördert werden, welche die erforderlichen Sicherheitsstandards erfüllen, begründet das Bundesministerium die Neuregelung. Sportboote würden geringeren Sicherheitsanforderungen unterliegen, denn sie könnten beispielsweise mit Benzin betrieben werden oder über eine Holzausstattung verfügen, was bei Fahrgastschiffen nicht erlaubt sei. Nicolaus Cüppers, der mit seinen Elbe-Taxis Touren bis in die Sächsische Schweiz anbietet, sieht diese Argumentation als vorgeschoben an. Seine beiden Sportboote wurden vom Wasser- und Schifffahrtsamt zugelassen und haben ein entsprechendes Bootszeugnis. Cüppers darf sie auch weiterhin zu gewerblichen Zwecken an Kunden vermieten – laut neuer Verordnung jedoch künftig nicht mehr inklusive Bootsführer. Das aber konterkariert nach Cüppers Ansicht das vorgebliche Sicherheitsmotiv der neuen Verordnung. Wie sonst, fragt sich der Dresdner, sei es zu erklären, dass er jeden Ortsfremden mit einem entsprechenden Führerschein ans Ruder seiner Boote lassen dürfe, nur die eigenen Leute nicht, die auf der Elbe Tausende Betriebsstunden Erfahrung hätten.

Vergeblich ersuchte der Unternehmer um eine Ausnahmegenehmigung für seinen Betrieb. Das Dresdner Schifffahrtsamt habe abgelehnt. Ausnahmen soll es nur noch auf Gewässern mit keiner oder geringer Fahrgastschifffahrt geben. Was jedoch weniger nach einem Sicherheits- , sondern vielmehr nach einem Wettbewerbskriterium klingt. Und genau darin vermuten die betroffenen Bootsanbieter den eigentlichen Grund für die Neuregelung: Lobbyismus. Die Verordnung sei eine Art Marktbereinigung zugunsten der großen Fahrgastschifffahrt. Selbst das Bundesverkehrsministerium räumt in einem Nachsatz ein, dass die Sache mit Wettbewerbsverzerrungen zu tun habe, weil Betreiber von Fahrgastschiffen „kostenrelevante Sicherheitsstandards“ haben müssten, die Sportboote nicht bräuchten. Nicolaus Cüppers findet es bezeichnend, dass der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt dem Vorstoß Beifall spendet und sie als Initiative „gegen unfairen Wettbewerb“ feiert.

Auslöser des Streits soll ein Gerangel im Berliner Raum gewesen sein, wo einige Ausflugsfirmen mit Sportbooten bis zu 50 Passagiere befördern und der etablierten Fahrgastschifffahrt Konkurrenz machen. An der Elbe, wo ein derartiger Interessenkonflikt bislang nicht besteht, werden nun Tourenanbieter in Mitleidenschaft gezogen und bangen um ihre Existenz. Ähnlich wie Elbe-Taxi sind ein halbes Dutzend kleinere Tourismusfirmen zwischen Dresden und der Sächsischen Schweiz mehr oder minder gravierend betroffen. Die Königsteiner Outdoorfirma Kanu Aktiv Tours etwa hat soeben ihren Wehlener Konkurrenten Spaßtours gekauft und in diesem Zuge ein leistungsstarkes Powerboot für 25 Personen erworben, mit dem Spaßtours zuletzt bis zu 30 Prozent seines Geschäfts bestritt. Die Zulassung läuft bis Mitte 2015, ein Verbot würde Kanu Aktiv Tours hart treffen.

Einige Bootsfirmen erwägen deshalb rechtliche Schritte. Mit dem Thema Sicherheit habe das alles nichts zu tun, kritisiert einer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Elbe-Taxi sieht die Sache als behördlichen Eingriff in privates Eigentum an und hat einen Anwalt eingeschaltet. Medienberichten zufolge soll sich auch Sachsens Wirtschaftsminister Sven Morlok (FDP) beim Ramsauer-Ministerium beschwert haben. Dort rudert man inzwischen wieder ein Stück zurück. Die Ausnahmekriterien für die gewerbliche Passagierbeförderung mit Sportbooten werde man noch einmal überdenken, sagte eine Ministeriumssprecherin gestern.