Krankheits-Verschleppung

Hoyerswerda. Auch während der Covid-19-Pandemie ziehen sich Menschen nach wie vor eine ganze Reihe von Krankheiten zu – die auch behandelt werden sollten. Daran zu erinnern sah sich gestern das Seenland-Klinikum gezwungen. Viele scheuten sich offenbar im Moment, trotz ernster Gesundheitsprobleme den Notarzt zu rufen oder anderweitig medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen, heißt es in einer Mitteilung des Krankenhauses.
„Landesweit vermelden Krankenhäuser, in denen Schlaganfall-Patienten versorgt werden, dass sie seit einigen Wochen einen teils deutlichen Rückgang dieser Patientengruppe verzeichnen. Es ist davon auszugehen, dass viele Patienten mit leichten Schlaganfällen oder auch Herzinfarkten aus Angst vor einer Infizierung mit dem Coronavirus lieber bewusst zu Hause bleiben, anstatt sich medizinisch versorgen zu lassen“, wird der Medizinische Direktor Dr. Olaf Altmann zitiert, der Chefarzt der Klinik für Kardiologie und Angiologie.
Das doppelte Problem daran schildert er wie folgt: Vor allem die als Covid-19-Risikogruppe bezeichnete Altersklasse der Über-70-Jährigen trage auch das Hauptrisiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte.
Kapazitäten sind vorhanden
Solche akuten Erkrankungen müssten unbedingt behandelt werden, da nicht selten schwere bleibende Folgen wie Lähmungen, Schluck- und Sprachstörungen, eine Herzmuskelschwäche, Herzrhythmusstörungen oder gar der Tod drohen könnten. Symptome wie plötzlicher Brustschmerz oder Luftnot müssten deshalb in jedem Fall ärztlich abgeklärt werden. „Hinzu kommt, dass Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie zum Beispiel Herz-Insuffizienz, Diabetes und Blut-Hochdruck, wenn diese nicht optimal behandelt werden, auch ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf einer Corona-Infektion aufweisen“, schildert Dr. Altmann.
Das Klinikum erklärt, der Eindruck, dass die Krankenhäuser sich seit Wochen auf die Möglichkeit vorbereiten, eine Vielzahl von Covid-19-Patienten betreuen zu müssen, sei durchaus richtig. Unter anderem sei die Anzahl der Intensivbetten und der Beatmungsplätze erhöht worden. Zudem seien planmäßige Behandlungen und Operationen verschoben worden. Diese Vorbereitungen der Kliniken hätten zum Ziel, jedem Erkrankten die bestmögliche Versorgung zuteilwerden zu lassen.
Dennoch, so Olaf Altmann, dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass man selbstverständlich auch weiterhin klassische Notfallpatienten mit ernsten gesundheitlichen Problemen behandele. Die nötigen Kapazitäten würden bereitgehalten. „Schlaganfall oder Herzinfarkt machen auch vor Corona nicht halt“, sagt der Medizinische Direktor des Seenland-Klinikums. Symptome müssten ernst genommen und Krankheiten ärztlich behandelt werden.
Man müsse, teilt das Krankenhaus weiter mit, auch keine Angst haben, sich bei einer stationären Aufnahme mit Sars-CoV-2-Viren anzustecken. Zumindest sei das Risiko, verglichen mit den körperlichen Beeinträchtigungen infolge einer verzögerten Diagnose und Behandlung von Herz- oder Hirnschlag gering.
Zudem sei bei der Notfallversorgung in medizinischen Einrichtungen hierzulande, also auch im Seenland-Klinikum, die gleichzeitige Trennung von Covid-19-Erkrankten und anderen Patienten sowie die Einhaltung der allerhöchsten Hygienestandards sichergestellt. Olaf Altmanns dringender Appell: Bei schweren Symptomen sollte man im Interesse der eigenen Gesundheit nicht zu Hause bleiben, sondern unbedingt ärztlichen Rat suchen. (red/MK)