Skepsis gegenüber Medikamenten aus dem Internet

Irgendwann wird es sie geben, die elektronischen Rezepte. Davon ist Yvonne Gärtner, Inhaberin der Lindenapotheke in Niesky, überzeugt. Dass sie schon bald kommen, glaubt sie aber nicht. „Wir reden schon mehr als zehn Jahre davon“, sagt sie. Zuerst müssten alle Ärzte technisch dafür ausgestattet sein, die Gesundheitskarten sind dafür noch nicht geeignet, „jetzt stehen nur die Basisdaten drauf “, so die Apothekerin. Allerdings sieht sie auch Vorteile für das E-Rezept: Patienten nutzten häufig mehrere Apotheken. Ist das Rezept auf der Karte vermerkt, hat der Apotheker bessere Übersicht über verordnete Medikamente, was für mehr Therapiesicherheit spricht. Außerdem gehöre es zum Zeitgeist und sei logische Konsequenz, Arzneien digital, auch über das Smartphone zum Beispiel, zu beziehen. Internet-Apotheker warteten schon auf das E-Rezept, sagt sie. „Das spart den Rezeptversand mit der Post.“ Die Apothekerin fürchtet jedoch unfairen Wettbewerb durch ausländische Internet-Apotheken – durch andere Mehrwertsteuern und fehlende Zuzahlungen der Patienten zum Beispiel. Ein Apothekensterben hier wäre die Folge. Der Konsument müsse abwägen, wo er kauft. Das derzeitige Ladensterben in Niesky sieht Frau Gärtner durchaus im Zusammenhang mit dem Verhalten der Konsumenten. Noch unklar sind ihr die Reaktionen der Krankenkassen, wenn das elektronische Rezept kommt. Geben sie weniger Rabatte, lenken sie den Patienten in bestimmte Richtungen? Das größte Pfund, das die Apothekerin in ihrer Hand sieht, sind die sozialen Kontakte, die Patienten beim Besuch in der Apotheke pflegen.
Brigitte Westphal, Inhaberin der Humboldtapotheke in Görlitz, ist kein Freund von hundertprozentiger Digitalisierung, sagt sie. Seit 20 Jahren ist sie in Görlitz tätig und hat miterlebt, wie drei Apotheken vom Markt gingen. Deutschlandweit sei es jetzt jede Woche eine, die schließt. Durch Digitalisierung und Arzneimittelhandel übers Internet sieht sie noch mehr Apotheken in ihrer Existenz gefährdet.
Ein Manko sehen weitere von der SZ befragte Apotheker darin, dass Kunden nicht mehr selbst kontrollieren können, dass auf dem Rezept alles vollständig vom Arzt aufgeschrieben ist – denn Patienten können die Daten nicht selbst auslesen, wenn das Rezept als Datei auf der Gesundheitskarte oder gar auf Smartphone oder Rechner liegt. Ob solche praktische Fragen bei der aktuellen Entwicklung von Software und Sicherheitstechnik auch ein Thema sind, bleibt abzuwarten. (mit SZ/abl)
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