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So sieht Fairplay auf dem Rasen aus

Clemens Škoda aus Panschwitz-Kuckau plädiert für mehr Respekt, damit Ausraster auch am Spielfeld bald passé sind.

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© Clemens Škoda

Manuela Reuß

Alois Rehor aus Miltitz hat den Nagel voll auf den Kopf getroffen. Der SZ-Leser beklagte in seinem Leserbrief (SZ vom 26. Juni, Seite 7) die Verrohung der Sitten schon bei Fußballspielen der Jüngsten. Stattdessen wäre ein respektvoller Umgang angebracht. Mit seiner Kritik an den Zuständen am Spielfeldrand schob er eine scheinbar längst überfällige Debatte an.

Auch Clemens Škoda aus Panschwitz-Kuckau ist dem Miltitzer für diesen Anstoß dankbar. Denn er sieht die Sache ebenso wie Alois Rehor. „Fußball hat ein enormes Potenzial, um Kinder in Teamfähigkeit und Fairplay auf spielerische Art zu bilden.“ Er habe aber auch seine dunkle Seite. Das ziehe sich von den höheren Ligen (wie kürzlich der Vorfall mit Lok Leipzig) bis in die Kreisklassen durch. Nach Einschätzung des Panschwitz-Kuckauers sind alle Altersgruppen betroffen. „Und wie schon geschrieben, betrifft es in den Kinderklassen mehr die Eltern, als die Kinder selber.“

Nicht nur die Fairplay-Kultur leide darunter. Das gehe beim übereifrigen Vater eines E-Jugendspielers los, welcher sich gleich persönlich angegriffen fühlt, wenn sein Sohn eine gelbe Karte sieht, kann sich aber auch bis zum grölenden und Bier trinkenden Fan steigern, der den Schiedsrichter rassistisch beleidigt. „Die Verfehlungen am Rand und auf dem Sportplatz, wo es doch nur um, Sport und nicht um Krieg geht, sind schon bemerkenswert“, resümiert Clemens Škoda. „Oft kann man bei manchen Kommentaren einzelner Fans nur den Kopf schütteln und weggehen, obwohl einiges davon sogar für den Verfassungsschutz interessant sein dürfte“, schildert er seine Erfahrungen. Manche Fans seien geradezu auf Konflikte und Auseinandersetzungen aus. „Wie oft mussten wir zum Beispiel als sorbische Kreisliga-Mannschaft Beschimpfungen der übelsten Art und Weise über uns ergehen lassen – auch schon in den Jugendklassen“, erinnert sich der Panschwitz-Kuckauer.

Seines Erachtens ist der Fußball ein gutes Abbild unserer Gesellschaft. Es sei nötig, jedem Menschen in jedem Bereich wieder mit mehr Respekt zu begegnen. Respekt sei der Schlüssel für die Lösung vieler gesellschaftlicher Probleme schlechthin. „Wir können solchen Phänomenen nur in der Masse der fairen Sportsmänner und engagierten Bürger entgegnen und müssen das auch manchmal laut kundtun.“ Dazu bedürfe es verantwortungsvoller Verbandsfunktionäre, guter Trainer mit pädagogischen Kenntnissen und auch Fans, die stolz auf ein tolerantes und demokratisches Land sind. Gute regionale Beispiele gebe es zuhauf. „Der Westlausitzer Fußballverband hat zum Beispiel die Fußballeuropameisterschaft der nationalen Minderheiten 2012 in der Lausitz tatkräftig mit unterstützt und somit auch sein eindeutiges Statement für Toleranz und Offenheit gegeben.“ Es gebe zum Beispiel auch Vereine, welche sorbische Mannschaften mit einem kecken sorbischen Spruch auf dem Wasserkasten begrüßen. Schön auch die Geste der 2. Männermannschaft des Bischofswerdaer FV, welche einem Verletzten ein Transparent mit sorbischen Genesungswünschen vor dem Anpfiff an der Mittellinie zeigte.

„Wir alle sind gefragt, denn letztendlich ist des Fußballs Farbe der Beweis, er verbindet schwarz und weiß“, so Clemens Škoda. Dem kann Toralf Schütz nur beipflichten. Seit über acht Jahren ist er Trainer im Jugendbereich, in den letzten Jahren war er für die F-Jugend des SV Einheit Kamenz verantwortlich. „Wenn man wie ich jedes Wochenende auf den diversen Fußballplätzen im Landkreis unterwegs ist, sind die Erfahrungen, die Herr Rehor machte, Alltag“, berichtet er. Häufig seien die Eltern zerfressen von Ehrgeiz.

Einen großen und richtigen Schritt habe seines Erachtens der Westlausitzer Fußballverband eingeleitet, als er in der zurückliegenden Saison bei den jüngsten am Spielbetrieb Teilnehmenden die sogenannte „FairPlay-Liga“ einführte. „Dort müssen Kinder eigenverantwortlich ohne Schiedsrichter entscheiden.“ Eltern haben einen vorgeschriebenen Mindestabstand zum Spielfeld einzuhalten und die Wertung eines Spieles erfolgt mit 1:0, 1:1 oder 0:1. Egal wie viele Tore fallen. Anfangs „waren die meisten Trainer skeptisch, ob dies funktioniert“, so der Kamenzer Trainer. Doch sie seien eines Besseren belehrt worden. Dabei war zu beobachten, dass auch die Eltern viel lockerer an die Spiele gingen. „Wenn sich jeder der Fans, Betreuer und Zuschauer die Fair-Play-Liga als Vorbild nimmt, wird Fußball auch in unserem Kreis die schönste Nebensache der Welt bleiben.“