Von Katja Schäfer
Sohland. Eine neue Attraktion soll die Gemeinde Sohland bekommen. Jedenfalls, wenn es nach dem Willen von Ralf Herold und Hilmar Hensel geht. Sie wollen nahe der Sternwarte einen Felsen errichten lassen. Nicht irgendeinen, sondern einen Nachbau des Kuckucksteins, der in Königshain bei Görlitz steht. Nach Ansicht der beiden Männer ist er ein Sonnenheiligtum, hat vor über 10 000 Jahren den Menschen zur Bestimmung des Jahreslaufes gedient, weil zu bestimmten Zeiten die Sonne durch eine Öffnung der Felsformation scheint. Kalender unserer Vorfahren gewesen zu sein – das behaupten Hensel und Herold von rund 40 Felsen und Steingruppen in der Oberlausitz und ihrer Umgebung. „Der Kuckucksstein ist das attraktivste Objekt“, sagt der Sohlander Garten- und Landschaftsbaumeister Ralf Herold, der sich seit zehn Jahren mit dem Thema Sonnenheiligtümer befasst. Deshalb soll er in Sohland in halber Größe des Originals – etwa 2,80 Meter hoch – nachgebaut werden, um daran Interessenten das Phänomen demonstrieren zu können, ohne dafür auf einen Berggipfel wandern zu müssen.
Der Felsen ist Teil eines Projektes, das Ralf Herold und Hilmar Hensel, der Ökonom ist und als Maschinenbauingenieur gearbeitet hat, entwickelt haben, um die vermeintlichen Kalender-Steine der Oberlausitz stärker als bisher touristisch zu vermarkten. Gegenwärtig sind nur die Kälbersteine bei Schirgiswalde entsprechend beschildert und in einer Broschüre der Tourismusgemeinschaft Oberlausitzer Bergland als Sonnenheiligtum erwähnt.
Mehrere Objekte beschildert
„Sonnenpfade“ nennen Hensel und Herold das neue Projekt. „Das von uns entdeckte Phänomen verbindet die Naturschönheit und Sagenwelt der Oberlausitz mit real erlebbarer Astronomie“, sagt Herold. Um das Touristen nahezubringen, sollen in der Sohlander Gegend mehrere Objekte beschildert, neue Info-Broschüren gedruckt und das erwähnte archäologische Monument an der Sternwarte errichtet werden. 68 000 Euro veranschlagen die Männer dafür insgesamt und sind zuversichtlich, Fördermittel aus dem Ile-Programm zu bekommen. Sie haben ihr Tourismusprojekt beim Verein zur Entwicklung der Region Bautzener Oberland eingereicht. „Von zwölf abgegebenen Projekten wurde es als eins der drei erfolgreichsten bewertet“, berichtet Ralf Herold. Klappt es mit der Förderung, müssten noch reichlich 20 000 Euro Eigenmittel aufgebracht werden. „Wir hoffen auf Spenden“, sagt Ralf Herold, der sich mit Gleichgesinnten zur Fachgruppe Archäoastronomie unter dem Dach der Sohlander Sternwarte zusammengeschlossen hat. – Doch es gibt auch Gegner der Kalendersteine-Theorie. Jasper von Richthofen, Archäologe und Leiter des kulturhistorischen Museums Görlitz, sagt ganz deutlich: „Das haut hinten und vorne nicht hin. Vor 10 000 Jahren hatten wir an diesen Stellen gar keine Besiedlung. Es gibt keinen Beweis dafür, dass alles tatsächlich so gewesen ist, wie behauptet. Das ist komplett unwissenschaftlich.“ Auch das Vorhaben, das Ganze touristisch zu vermarkten, kritisiert er: „Wir haben hier in der Oberlausitz so eine reiche Kultur. Da müssen wir nicht mit solchen Sachen agieren und dafür Geld ausgeben, die weder Hand noch Fuß haben.“
Positives Echo im Gemeinderat
In Sohland kommt das Projekt aber gut an. Als Ralf Herold und Hilmar Hensel ihre Pläne für die Sonnenpfade jetzt dem Gemeinderat vorstellten, bekamen sie positives Echo. Richard Witt, Mathias Grunert (beide CDU) und etliche andere Ratsmitglieder begrüßten das Vorhaben. Jost Wünsche (CDU) hält das Projekt für „eine sinnvolle Ergänzung zu unserem Sonnenuhrendorf Taubenheim“. Gunnar Strobel (Freie Wähler) sieht gute Chancen, damit mehr Gäste nach Sohland zu locken: „Aufs Wandern setzten viele Gegenden. Mit den Sonnenpfaden hätten wir was Besonderes.“ Die Gemeinde hat die Ausgaben für das Projekt in den Entwurf ihres Haushaltsplanes fürs nächste Jahr aufgenommen. Die geistigen Väter der Sonnenpfade freuen sich darüber und sind zuversichtlich, ihre Pläne verwirklichen zu können. „Wir führen mit dem Wilthener und einem Bautzener Gymnasium sowie der Sohlander Oberschule Forschungen an den Sonnenheiligtümern durch. Die Schüler sind immer sehr fasziniert. Wir sind überzeugt, dass sich auch andere Leute damit begeistern lassen“, sagt Ralf Herold.