Von Katja Schlenker
Von Scheitern kann nicht die Rede sein, sagt Sebastian Fritze. Er ist Betriebsleiter für den Bereich Spree/Neiße bei der Landestalsperrenverwaltung des Freistaates Sachsen. Jene hat am Mittwochabend gemeinsam mit dem Görlitzer Landrat Bernd Lange (CDU) die Ergebnisse des Pilotprojekts vorgestellt, das die Blaualgen im Quitzdorfer Stausee bekämpfen sollte. Im November 2012 und im Sommer 2013 sind jeweils über mehrere Tage hinweg rund 1 200 Tonnen Aluminiumsulfat im Stausee verteilt worden. Ziel des Projekts ist es gewesen, den im Wasser gelösten Nährstoff Phosphor zu binden und so das massenhafte Wachstum der Cyanobakterien, wie die Blaualgen fachlich korrekt heißen, einzuschränken. Dadurch wiederum sollte sich die Wasserqualität verbessern.
Nachdem kurzzeitig ein deutlicher Effekt eingetreten ist, haben sich die Blaualgen wieder im See breitgemacht. Was nun bleibt, sind eine Menge Fakten und Erkenntnisse, die ausgewertet worden sind. „Auch bei ungünstigen Bedingungen wie einem pH-Wert um 9 und einer hohen Dichte an Cyanobakterien zeigte sich die Wirksamkeit des Fällmittels“, sagt Experte Vincenz Neumann, der Sachbearbeiter für Wasserbewirtschaftung bei der Landestalsperrenverwaltung ist. Folglich funktioniert der chemische Prozess des Phosphorbindens an sich. So sind in der Zeit vom 17. bis 20. Juni 2013 etwa 0,81 Tonnen aus dem Seewasser verschwunden, vom 4. bis 8. Juli circa 0,48 Tonnen sowie zwischen dem 1. und 5. August sogar 0,95 Tonnen.
Jedoch: „Wenige Tage nach dem Abschluss der Wasserbehandlung kam es durch die Phosphornachlieferungen vor allem aus dem Sediment und über die Talsperrenzuflüsse zu einem erneuten Massenwachstum der Cyanobakterien“, sagt Vincenz Neumann. An dieser Stelle hat vor allem das Junihochwasser im vergangenen Jahr Spuren hinterlassen. Dadurch zeigt sich, dass es nicht genügt, lediglich das Phosphat aus dem Stauseewasser zu entfernen, um die Wasserqualität auf Dauer zu verbessern.
Zuvor muss der Nährstoffeintrag aus dem Einzugsgebiet vermindert werden. Erst dann könnte eine regelmäßige Behandlung des Wassers zum Beispiel mit Aluminiumsulfat langfristig helfen. Allerdings muss dabei eventuell noch an der Dosis gefeilt werden. Denn eine weitere Erkenntnis des Projekts lautet, dass circa 2,3 Gramm des Aluminiumwirkstoffs pro Kubikmeter Wasser offenbar nicht ausreichen, um die Wasserqualität nachhaltig zu verbessern. Folglich müsste der Prozess beim nächsten Mal von anderen Maßnahmen begleitet werden.
Ein Problem ist die Bodenerosion von Ackerflächen, die sich an den Zuflüssen zum Stausee befinden. Dieses Abtragen des Erdreichs müsste eingeschränkt werden. Das könnte unter anderem durch gewässerschonende Landbewirtschaftung erreicht werden. Das soll aber nicht heißen, dass die Bauern am Dilemma mit der Talsperre Quitzdorf Schuld sind, betont Betriebsleiter Sebastian Fritze. Eine weitere Möglichkeit wären Gewässerrandstreifen an den Zuflüssen. In diesen Bereichen sollte keine intensive Landwirtschaft erfolgen. Die Erosion der Flussufer könnte vermindert werden, indem Gewässerabschnitte renaturiert werden. Ebenso würde es helfen, wenn Schlamm beim Ablassen der Fischteiche zurückgehalten würde, weil er dann nicht in die Zuflüsse und folglich in die Talsperre gelangt.
Den Stausee aufgeben wollen weder die Landestalsperrenverwaltung noch Landrat Bernd Lange. „Wir werden den Stausee als Erholungsgebiet nicht fallenlassen“, erklärt er. „Es hilft nicht, mit dem Finger aufeinander zu zeigen.“ Stattdessen muss ein Weg gesucht werden, wie das Problem weiter angegangen werden soll. Ideen werden bereits entwickelt. Die sind allerdings langfristig geplant, vorerst auf einen Zeitraum von etwa zehn Jahren. „Wir haben jetzt ein komplexes Wissen über die Talsperre Quitzdorf“, sagt der Landrat. „Und das müssen wir anwenden.“ Allerdings scheint die Talsperre Quitzdorf die zuständigen Akteure noch eine Weile zu beschäftigen. Denn: „Der Stausee Quitzdorf ist der härteste Fall, den ich kenne“, sagt Sebastian Fritze. Auch an anderen Stauseen, zum Beispiel in Bautzen, gibt es immer wieder Probleme mit den Cyanobakterien. Aber nicht in dem Maße, wie in Quitzdorf.