Von Andreas Rentsch
Im nächsten Jahr wird sich Andreas Westphal für seine Spaziergänge mit Hündin Leila ein neues Revier suchen müssen. In der Jungen Heide darf der 60-jährige Trachenberger seinen Labrador-Rottweiler-Mischling nicht mehr frei herumlaufen lassen. Das hat der Stadtrat in der vergangenen Woche beschlossen (die SZ berichtete am 8. Dezember, S.17). Westphal ist empört. „Ich habe nichts gegen Naturschutz. Aber Hunden in der Dresdner Heide einen Leinenzwang zu verordnen, ist wohl das Dämlichste, was dazu jemals als Lösung angeboten wurde.“
Verschwundene Wildvögel
Noch drastischer äußert sich Holger Zastrow, der für die FDP im Stadtparlament und im Landtag sitzt und ebenfalls Hunde hält. „Ich nenne das verordnete Tierquälerei“, wettert der 38-Jährige. Eine Mehrheit im Rat fand er mit seiner Position allerdings nicht. Tritt nun die Regelung im März nächsten Jahres in Kraft, stehen die 60 Quadratkilometer am nördlichen Stadtrand unter strengem Schutz, der bei einem Landschaftsschutzgebiet (LSG) üblich ist.
Das sei auch dringend nötig, betont Heiko Müller, der als Abteilungsleiter im Forstbezirk arbeitet. „Es gibt Uferbereiche an der Prießnitz, dort brütet kein Vogel mehr.“ Er selbst habe erlebt, wie Hunde auf der Jagd nach Beute durchs Unterholz hetzten. „2006 haben wir ein gerissenes Reh gefunden.“
Zastrow, Spross einer Försterfamilie, hält dagegen. „Der Wildbesatz in der Heide ist zu hoch. Zum Beispiel ist es kein Problem, an der Offiziersschule des Heeres eine Wildschweinrotte zu beobachten.“ Er fordere genaue Zahlen, wie viele Angriffe von Hunden es in den vergangenen Jahren gegeben habe, sagt der Politiker. Gegen die Verordnung will er weiteren Protest organisieren, notfalls sogar klagen.
Ausnahmen vom Zwang
Doch die Stadt will sich nicht dem Vorwurf aussetzen, sie verstoße mit einem uneingeschränkten Anleinzwang gegen den Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit. Deshalb verhandelten gestern Umweltamt und Forst darüber, wo in der Heide Waldflächen ausgewiesen werden können, in denen die Hunde weiter frei laufen können. Nach Aussage von Heiko Müller sind mehrere Areale im Gespräch, unter anderem ein Teil des Jägerparks. „Wir wollen, dass diese Ausweichplätze siedlungsnah liegen“, erklärt Sebastian Schmidt von der Unteren Naturschutzbehörde.
Wer künftig in der geschützten Heide mit seinem Vierbeiner Gassi geht und die Leine vergisst, zahlt. Man orientiere sich an den Strafsummen, die zurzeit in der Innenstadt verhängt würden, sagt Schmidt. Er rechne allerdings nicht damit, dass „nun ständig die Bußgeldkeule geschwungen wird“. Zumal noch nicht geklärt ist, wer künftig den Leinenzwang in Dresdens größtem Wald kontrolliert. Wenn der sächsische Forst nach der Verwaltungsreform mehr Aufgaben an die Kommunen überträgt, sei das Sache des städtischen Ordnungsamtes, sagt Heiko Müller.
FDP-Mann Zastrow glaubt zu wissen, worauf es hinausläuft: „Es gibt genug Leute, die eine Anzeige machen, wenn sie einen Hund frei im Wald herumlaufen sehen.“