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Stundenlang warten

Donnerstagabend und Freitagvormittag sind keine Trilex-Züge mehr zwischen Dresden und Zittau gefahren. Da war Selbsthilfe gefragt.

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© Rafael Sampedro

Von Jan Lange

Gegen halb neun hat Grit Weidner genug. Zusammen mit zwei anderen Frauen und einem jungen Mann stieg die Zittauerin in ein Taxi und fuhr damit von Dresden zurück in die Heimat. Mehr als vier Stunden Wartezeit lagen zu diesem Zeitpunkt hinter ihr. Eigentlich wollte sie um diese Zeit längst zu Hause sein. „16.15 Uhr sollte der Schnellzug fahren“, erzählt Grit Weidner. Knapp eineinhalb Stunden später wäre er in Zittau gewesen. So weit die Theorie.

Das schwere Unwetter am Donnerstag machte dem Plan einen Strich durch die Rechnung. „Auf dem Bahnsteig teilte uns eine nette Stimme mit, dass der Trilex-Zug wenige Minuten Verspätung hat“, berichtet sie. Aus anfangs fünf Minuten wurden zehn, dann 30 und schließlich eine Stunde. Bis um fünf habe sie auf dem Bahnsteig gewartet und dann entschieden, auf den nächsten Schnellzug zwei Stunden später zu warten.

Doch auch der sollte nicht kommen. Die Länderbahn GmbH (DLB), zu der Trilex gehört, stellte aufgrund der schweren Unwetterlage alle Zugverbindungen auf den Strecken Dresden-Zittau und Dresden-Görlitz aus Sicherheitsgründen ein. Zahlreiche Streckenabschnitte waren durch umgestürzte Bäume blockiert, wie Pressesprecher Jörg Puchmüller erklärt. Nur leider kamen diese Informationen nicht bei Grit Weidner an, die im Bahnhof Dresden-Neustadt auf ihren Zug nach Zittau wartete. „Die Mitarbeiter der Deutschen Bahn konnten uns am Infoschalter keine Auskunft geben, da Trilex ein privates Unternehmen ist“, berichtet die Zittauerin weiter. Ansprechpartner von Trilex habe sie vor Ort auch nicht gesehen. Und an der Trilex-Hotline sei ihnen erklärt worden, dass sie außerhalb der Servicezeiten anrufen. „Echt jetzt?“, wundert sie sich über den Umgang des Bahnunternehmens mit seinen Fahrgästen. Die Reisenden seien komplett allein gelassen worden, fügt sie hinzu. Und es habe eine ganze Reihe Bahnfahrer gegeben, die Richtung Zittau oder Görlitz wollten.

Wie Puchmüller erklärt, sind Trilex-Mitarbeiter zu einzelnen Bahnhöfen gefahren, um die dort wartenden Reisenden zu informieren und deren weiteren Transport zu organisieren. So waren beispielsweise in Bischofswerda und Radeberg, als auch in Dresden Mitarbeiter im Einsatz. Die Kritik, dass im Bahnhof Dresden-Neustadt keine Ansprechpartner von Trilex gesichtet wurden, kann sich der Pressesprecher nur damit erklären, dass es gerade ein Zeitpunkt war, wo es etwas hektisch zuging und die Mitarbeiter noch nicht vor Ort waren.

Für das Unternehmen sei es wichtig gewesen, dass alle Reisenden nach Hause kommen. Sie hätten schließlich einen Anspruch auf Beförderung. Ersatzbusse zu organisieren war nach seinen Worten jedoch nicht so einfach. Denn es fielen nicht nur die Züge von Trilex, sondern auch die bei der Ostdeutschen Eisenbahn (Odeg) und der Deutschen Bahn aus. Busse zu bekommen, sei weniger das Problem gewesen, sagt Puchmüller. Schwieriger war es, Fahrer zu finden. Das habe vor allem auch den Freitagmorgen betroffen. Für die Busunternehmen hatte der Schülerverkehr Vorrang. Aus diesem Grund gab es bis morgens halb acht keinen Bus-Ersatzverkehr. Busse, die die Bahnreisenden am Freitagabend ersatzweise nach Hause bringen sollten, hat Grit Weidner zwar gesehen. Mitfahren konnte sie jedoch nicht. Denn die Fahrzeuge kamen bereits überfüllt am Bahnhof Dresden-Neustadt an. Kein einziger der hier Wartenden konnte mehr einsteigen. Angeblich sollte noch ein weiterer Ersatzbus fahren, den habe sie aber nicht gesehen. „Einige von uns saßen oder standen ohne Möglichkeit einer Unterkunft in Dresden fest“, erzählt die Zittauerin.

Zum Glück gebe es noch Menschen, die helfen und handeln. Ein junger Mann habe kurzentschlossen gesagt, dass man jetzt ein Taxi nehme, egal wie viel es kostet. „Wer mitfährt, zahlt, was er kann“, bot er Grit Weidner und den beiden anderen Frauen an. Sie gaben jeweils 20 Euro pro Person, die restlichen 170 Euro bezahlte der junge Mann aus seiner Tasche. „Es war für mich eine teure und dennoch billige Fahrt“, resümiert Grit Weidner den Abend. Etwas Gutes habe das Ganze auch gehabt: Sie habe Menschen kennengelernt, an denen sie normalerweise nur mit einem Blick vorbeigegangen wäre.

Kurz vor fünf am Freitagnachmittag konnte dann auch Trilex-Sprecher Jörg Puchmüller verkünden, dass alle Sperrungen aufgehoben seien und die Strecken von Dresden in Richtung Görlitz und Zittau wieder durchgehend befahrbar sind. Kosten für Taxifahrten oder Hotelübernachtungen könnten sogar erstattet werden, erklärt Puchmüller. Die Betroffenen sollten die entsprechenden Belege einreichen. Jeder Einzelfall werde dann geprüft und über eine mögliche Rückzahlung entschieden.