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Süße Medizin

Wolfgang Pradella hat mit seinem Unternehmen eine Gesundheitsschokolade entwickelt. Ernährungsexperten sind noch skeptisch.

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Von Stefan Lehmann

Schokolade ist Sünde: Zu viel Zucker, meistens zu viel Fett – einfach ungesund. Es gibt keinen Arzt, der seinem Patienten Rezepte verschreibt wie „eine Tafel Zartbitter am Tag“, oder „morgens, mittags und abends einen Löffel Nougat“.

Schade eigentlich, dachte sich Wolfgang Pradella – und entwickelte mit seinem Pharmaunternehmen DoubleHill eine Gelenkschokolade. Die Idee für das ungewöhnliche Produkt kam dem gebürtigen Riesaer bei einem Geschäftsessen mit Halloren-Vorstand Klaus Lellé. „Irgendwann sagte ich: Normalerweise müsste man Schokolade mit medizinischen Inhaltsstoffen machen.“ Statt über den Einfall zu lachen, sei Lellé angetan gewesen. Widerwillig seien dagegen die Produktentwickler von DoubleHill gewesen, die Pradellas Idee umsetzen sollten. Da habe es schon den einen oder anderen Protest gegeben, sagt Pradella und lächelt. „Die konnten sich das erst einmal gar nicht vorstellen.“ Es habe ein wenig Zeit gebraucht, ehe auch sie Spaß an dieser Arbeit gefunden hätten.

Hunderte Geschmacksproben

Nach zwei Jahren Entwicklungszeit war die Schokolade schließlich bereit für den Markt. „Die härtesten Arbeitstage waren die, an denen wir den ganzen Tag im Labor standen und probiert haben“, erinnert sich Pradella. Gemeinsam mit seinem Geschäftsführer-Kollege Olaf Hansen – früher Chefentwickler beim Bayer-Konzern – half Pradella beim Verkosten im Technikum von Halloren. Die Wirkstoffe so zu kombinieren, dass die Schokolade am Ende auch schmeckt – das sei alles andere als leicht gewesen. Mehrere hundert Geschmacksproben haben Pradella und seine Kollegen getestet, ehe die kleinen Täfelchen endlich den Test bestanden hatten. Mittlerweile stehen die Päckchen mit der Zartbitterschokolade deutschlandweit in den Apotheken, erklärt Pradella, der mit den Unternehmen Pharma Solutions und DoubleHill unter anderem auch Insektenspray, Sonnenschutz und ein Antitranspirant produziert und vertreibt. Seit 25 Jahren ist Pradella mittlerweile in der Branche, seit acht Jahren selbstständig. In das Gewerbegebiet in Zeithain zog er vor drei Jahren. Sieben fest angestellte Mitarbeiter beschäftigt er hier, bald sollen weitere dazukommen.

Was steckt nun aber in der Schokolade, das ihr den außergewöhnlichen Titel verleiht? Enthalten ist neben Calcium und den beiden Vitaminen C und D auch der Wirkstoff Chondroitin. Der wird auch in Tablettenform in der Apotheke angeboten, weiß die Riesaer Ernährungsberaterin Doreen Janz. „Diese Gelenktabletten sollen in einigen Fällen wirklich helfen“, sagt sie. Ob das bei der Schokolade auch der Fall sei, wisse sie nicht. Ein Ersatzprodukt für richtige Medikamente oder natürliche Vitaminquellen sei die Schokolade wahrscheinlich nicht, sagt auch der Leipziger Ernährungsmediziner Dr. Jens Putziger. Er selbst habe von der Schokolade noch nichts gehört. „Ich will es deshalb auch nicht pauschal ablehnen. Aber eine gesunde Skepsis sollte man gerade bei Ergänzungsmitteln mitbringen.“ Wie so oft beim Thema Gesundheit gelte: Am besten den Arzt oder Apotheker fragen. „Aber wenn jemand Schokolade für die Seele haben will, dann bitte schön“, sagt Ernährungsberaterin Doreen Janz. Immerhin mache die ja auch glücklich.

Dass seine Gelenkschokolade die Tabletten ersetzt, so weit würde aber auch Wolfgang Pradella nicht gehen. Es sei eben ein Nahrungsergänzungsmittel, kein Medikament. Die Schokolade sei auch ein Stück weit Lifestyle, das gibt er unumwunden zu. Die Vereinigten Staaten seien in der Beziehung auch schon ein ganzes Stück weiter, dort gebe es schon viel mehr ähnliche Produkte mit Vitaminzusätzen. „Jeder Mensch nascht doch gern“, sagt er, „warum sollte man daraus nicht zumindest etwas machen, das auch positive Effekte hat?“ Genau für diese Art von Naschkatzen sei auch die Schokolade aus Zeithain gedacht.