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Taktische Rolle rückwärts?

CDU und NfN forderten einen 1,5 Millionen-Kredit für Neustadt. Die Einigkeit ist nun hin. Es ist von Täuschung die Rede.

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Von Katarina Gust

Zwei Monate hat die Kämmerei in Neustadt an dem neuen Etat-Entwurf gearbeitet. Acht Wochen lang wurde hin und her kalkuliert. Und am Ende war alles umsonst. Das ist das Ergebnis der letzten Stadtratssitzung. Darin sollte eigentlich die überarbeitete Version des Doppeletats für 2015 und 2016 beschlossen werden. Der Haushaltsplan stand bereits im Dezember zur Diskussion. Doch ein kurzfristiger Antrag von CDU und Wählervereinigung Neustädter für Neustadt (NfN) brachte diesen zu Fall. Sie forderten darin, dass die Kommune einen neuen Kredit in Höhe von 1,5 Millionen Euro aufnehmen soll. CDU und NfN argumentierten angesichts günstiger Zinsen, noch einmal kräftig zu investieren. Der Vorschlag fand damals Anklang. Mit einer knappen Mehrheit wurde der Kredit durchgeboxt. Die Verwaltung musste daraufhin nachsitzen und einen neuen Haushalt mit Neuverschuldung erarbeiten.

Matthias Mews CDU-Fraktionsvorsitzender
Matthias Mews CDU-Fraktionsvorsitzender © Daniel Förster

Das Ergebnis wurde den Räten nun vorgelegt. Doch statt die erwartete Mehrheit zu finden, entbrannte ein Streit zwischen den Räten. Der Grund: Der neue Haushalt drohte vom Landratsamt nicht genehmigt zu werden – eben wegen des Millionen-Kredites. Mit weitreichenden Folgen. Zum Beispiel für die geplante Revitalisierung des Industriegebietes an der Kirschallee in Langburkersdorf. Das Projekt hängt an einer Bürgschaft, die die Stadt für das Industrie Center Neustadt übernehmen will. Dieses hat die Projektplanung für das Vorhaben an der Kirschallee übernommen. In der Bürgschaft geht es um eine Million Euro. Ohne Bürgschaft, keine Revitalisierung. Diese neue Faktenlage war es dann auch, die den gesamten Abend durcheinanderwirbelte. Die ausschlaggebende Rolle rückwärts machte dabei CDU-Fraktionschef Matthias Mews. Er distanzierte sich überraschend von seinem eigenen Vorschlag, einen Kredit von 1,5 Millionen Euro aufzunehmen. „Die Marktsituation wäre im Dezember günstig gewesen. Momentan ist das so aber nicht umsetzbar“, äußerte Mews. Er sei noch einmal in sich gegangen, hätte mit Neustädtern und Unternehmern gesprochen. Dadurch sei er zu dem Schluss gekommen, sich von dem Vorschlag komplett zu distanzieren. Er habe schließlich einen Bürgerauftrag. Mews bat am Ende seine Fraktionsmitglieder – ohne Zwang – gegen den Haushalt zu stimmen.

Das sorgte aufseiten der NfN für Unmut. Vor allem bei Klaus Anders, der zusammen mit Matthias Mews den Neukredit angeschoben hatte. „Es ist schon sehr verwunderlich, wie Herr Mews innerhalb von 24 Stunden umkippt“, äußerte der NfN-Fraktionsvorsitzende. Man habe noch einen Abend zuvor miteinander gesprochen. Dabei hätte es keine Anzeichen gegeben, dass Mews den Kredit nun plötzlich so stark ablehnt, wie er ihn einst befürwortete. „Ich bin sehr enttäuscht. Das ist reine Wahltaktik“, griff er Matthias Mews an. Denn im Dezember war noch nicht bekannt, dass Bürgermeister Manfred Elsner (FDP) von seinem Amt zurücktreten wird. Erst Mitte Januar machte er das publik. Matthias Mews wird seitdem als Nachfolger gehandelt. „Es sind primitive Gründe, die ihn umkippen ließen“, zog Klaus Anders daher seine Schlüsse. Auf solche Dinge lasse er sich nicht mehr ein, betonte er und meinte damit die Zusammenarbeit mit der CDU. Mit einem Neukredit hätte man die Stadt nicht ruinieren wollen. Im Gegenteil. Das Geld hätte man splitten können. Das Geld sei ein Instrument für die Kommune gewesen, um neue Projekte umzusetzen.

Gegen Matthias Mews holte auch NfN-Stadträtin Bianca Gierig aus. Sie hätte sich auf sein Wissen als Banker verlassen und ihm vertraut. Im Dezember sprach sie sich deshalb für den Neukredit aus. Die Folgen seien für sie damals nicht erkennbar gewesen. Anders heute: „Ich hätte gar nicht erst zustimmen dürfen“, sagt Bianca Gierig.

Warum Matthias Mews seine Meinung plötzlich geändert hat? Eine Antwort darauf schien NfN-Stadtrat Peter Mühle zu haben. „Wenn der Druck von außen zu groß wird, wird eben anders gedacht“, sagte er und unterstellte Mews damit zwischen den Zeilen ebenfalls eine mögliche Wahltaktik. Mühle selbst sprach sich von Anfang an gegen den Neukredit aus. Er empfand den Antrag damals als Schlag ins Gesicht. „Das hat uns zwei Monate gekostet“, sagte er. Den neuen Haushalt abzulehnen sei für ihn nun die einzig vernünftige Lösung.

Das sahen auch die Vertreter von der Linken und der FDP so. FDP-Stadtrat Christian Kowalow sprach sich gegen eine Neuverschuldung aus. „Bei einer guten Haushaltslage kann man vielleicht auch so Projekte aus den kommenden Jahren vorziehen“, schlug er vor. Joachim Grünberger (Linke) war bereits im Dezember gegen den CDU- und NfN-Antrag. „Das Vorhaben Kirschallee ist in Gefahr. Das sollte uns allen ein Alarmsignal sein“, sagte er und forderte eine namentliche Abstimmung, um für mehr Transparenz zu sorgen.

Im Dezember waren elf Stadträte dafür, einen Kredit in Höhe von 1,5 Millionen Euro aufzunehmen, neun dagegen. Dieses Mal war das Ergebnis deutlicher. Von den 21 anwesenden Räten lehnten 19 die Neuverschuldung ab. Zwei Räte, Klaus Anders und Jan Petzold (beide NfN) stimmten mit Ja. Der Etat wurde damit erneut gekippt. Am Donnerstag wird eine Sondersitzung einberufen. Dann kommt der ursprüngliche Haushalt wieder auf die Tagesordnung.

Sondersitzung des Stadtrates am Donnerstag, 5. März, 18.30 Uhr, im Götzinger Saal der Neustadthalle.