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Thiemendorfer Talentschmiede

Das Dorf bietet Nachwuchsbands einmal im Jahr bei „Die Mühle rockt“ ein kleines Festival mit einer großen Bühne.

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Von Alexander Kempf

In Thiemendorf lebt eine gute Fee, die gerne Probleme löst. „Ein Anruf genügt“, sagt Jürgen Hubrich. Schon würde sie kommen und Wunder vollbringen. Einmal hat sie das jährliche Rockfestival an der alten Thiemendorfer Wassermühle gerettet. Wegen eines Brummens auf der Anlage droht der Hörgenuss damals auszubleiben. Niemand weiß Rat. Die gute Fee aber zaubert eine Lösung herbei. Das störende Geräusch verschwindet und die Bands können anschließend beherzt aufdrehen. Magie? Die gute Fee hat keinen Zauberstab, dafür aber einen Schnauzer und zwei goldene Hände. Sie heißt mit richtigem Namen Peter Herbst und ist Elektriker.

Der ortsansässige Unternehmer ist mit seinem Engagement in guter Gesellschaft. Ein Dutzend Thiemendorfer sorgen seit fünf Jahren dafür, dass das Dorf mindestens einmal im Jahr mehr Besucher als Einwohner hat. Im vergangenen Sommer haben 400 Gäste die Veranstaltung besucht. Über die Jahre ist aus der einst privaten Feier ein kleines Festival mit großer Bühne geworden. Trotz der vielen Besucher habe es aber nicht seinen familiären Charme verloren, befindet Olaf Schulz vom Veranstaltungsteam. Und das soll so bleiben. „Wir wollen ja hier nicht Wacken Zwei erfinden“, sagt er. Das Festival in der kleinen Gemeinde Wacken in Schleswig-Holstein gilt mit mehr als 70 000 Besuchern längst als das weltgrößte Heavy-Metal-Festival.

So viel Trubel braucht es in Thiemendorf nicht. Laut werden darf es am 18. Juli an der alten Mühle aber sehr wohl. Dann stehen neben „Enjoy - The Team“ aus Niesky und „Still Searching“ aus Nieder Seifersdorf auch „Pianoproject“ aus Dresden und „Mister Twist“ aus Leipzig auf der Bühne. Letztere machen Rock’n’Roll vom Feinsten, versprechen die Veranstalter. „Da haben wir mal in die Kasse gegriffen“, sagt Jürgen Hubrich mit einem Lächeln.

Die Band aus der Messestadt hat ganz professionell einen Bühnenplan mitgeschickt, wie alles vor Ort vorbereitet sein muss. Das ist für die Thiemendorfer neu gewesen. Aber sie freuen sich über jede Herausforderung. Die Veranstaltung sei von Jahr zu Jahr professioneller geworden, sagt Olaf Schulz. Längst haben sie sich untereinander aufgeteilt. Einer kümmert sich um die Bühne, der nächste sorgt für genügend Aufmerksamkeit im Internet. Am Abend selbst ziehen sich 28 Thiemendorfer, die mitarbeiten, die eigens gedruckten T-Shirts für das Festival über.

So professionell das alles wirkt. Der Spaß stehe an erster Stelle, versichert Elisa Niemz. „Eine schwarze Null ist natürlich immer gut“, ergänzt Jürgen Hubrich, bei dem die Fäden zusammenlaufen. Große Gewinnabsichten verfolgt in Thiemendorf aber niemand. Die Veranstaltung verstehen sie eher als Investition in die Region. Auf Dorffesten würden vor allen Discjockeys spielen. Bühnen für Bands, die sich ausprobieren wollen, seien selten.

Darum suchen Olaf Schulz und die anderen Thiemendorfer auch noch Nachwuchsmusiker aus der Region, die sich am 18. Juli mal auf einer großen Bühne zeigen wollen. „Ihr könnt Euch nicht blamieren, Ihr könnt nur dazulernen“, sagt er. Denn anders als im Proberaum müssen die Musiker in Thiemendorf mit Monitor spielen. Sogar eine Live-Aufnahme verspricht er dem Nachwuchs als Bonus.

Die Eltern, die den eigenen Nachwuchs zum Auftritt nach Thiemendorf fahren, werden nicht zusätzlich zur Kasse gebeten. Für die offene Bühne am Nachmittag wird anders als am Abend kein Eintritt verlangt. Doch selbst der bleibt mit fünf Euro überschaubar. Möglich macht dies das ehrenamtliche Engagement vieler Thiemendorfer. Auch die Gemeinde Waldhufen, zu der Thiemendorf gehört, bringt sich ein und unterstützt das Festival mit einem kommunalen Toilettenwagen. Das gute Stück hat derzeit nur einen Schönheitsfehler. Der Händetrockner ist kaputt. Doch alle sind zuversichtlich, dass eine gute Fee mit Schnauzer ihn noch rechtzeitig repariert.

facebook.com/DieMuehleRockt